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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779.

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Allgemeine
Allgemeine Bedürfniß-Lehre.

§. 6. Bedürfniß ist: wenn man ein Ver-
langen nach einem Dinge bei sich empfin-
det, das man nicht besizt.
Es ist aber in
Absicht auf den, der das Verlangen hat, nur
Bedürfniß. Das Gefühl des Mangels selbst
nenne ich Bedürfniß, das Ding aber, wel-
ches den Mangel heben kann, ein Gut, ein
Befriedigungsmittel.

§. 7. Jeder Mensch ist den Gefühlen des
Mangels unterworfen, allein beide, sowohl
die Gefühle als der Mangel, sind sehr ver-
schieden: es gibt körperliche (physische) Ge-
fühle, vermittelst welcher der Mensch den
Mangel solcher Dinge empfindet, die zu sei-
nem Leben und Daseyn wesentlich nöthig
sind, und dieses sind wesentliche Bedürf-
nisse,
sie erheischen Nahrung, das ist Speis
und Trank, und Decke, das ist Kleidung
und Wohnung. Die Gefühle sind Hunger
und Durst, Frost und Hize.

§. 8. Wenn man den Menschen sehen will,
wie er im blosen Zustande der körperlichen
Gefühle und der wesentlichen Bedürfnisse

han-
Allgemeine
Allgemeine Beduͤrfniß-Lehre.

§. 6. Beduͤrfniß iſt: wenn man ein Ver-
langen nach einem Dinge bei ſich empfin-
det, das man nicht beſizt.
Es iſt aber in
Abſicht auf den, der das Verlangen hat, nur
Beduͤrfniß. Das Gefuͤhl des Mangels ſelbſt
nenne ich Beduͤrfniß, das Ding aber, wel-
ches den Mangel heben kann, ein Gut, ein
Befriedigungsmittel.

§. 7. Jeder Menſch iſt den Gefuͤhlen des
Mangels unterworfen, allein beide, ſowohl
die Gefuͤhle als der Mangel, ſind ſehr ver-
ſchieden: es gibt koͤrperliche (phyſiſche) Ge-
fuͤhle, vermittelſt welcher der Menſch den
Mangel ſolcher Dinge empfindet, die zu ſei-
nem Leben und Daſeyn weſentlich noͤthig
ſind, und dieſes ſind weſentliche Beduͤrf-
niſſe,
ſie erheiſchen Nahrung, das iſt Speis
und Trank, und Decke, das iſt Kleidung
und Wohnung. Die Gefuͤhle ſind Hunger
und Durſt, Froſt und Hize.

§. 8. Wenn man den Menſchen ſehen will,
wie er im bloſen Zuſtande der koͤrperlichen
Gefuͤhle und der weſentlichen Beduͤrfniſſe

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[4/0024] Allgemeine Allgemeine Beduͤrfniß-Lehre. §. 6. Beduͤrfniß iſt: wenn man ein Ver- langen nach einem Dinge bei ſich empfin- det, das man nicht beſizt. Es iſt aber in Abſicht auf den, der das Verlangen hat, nur Beduͤrfniß. Das Gefuͤhl des Mangels ſelbſt nenne ich Beduͤrfniß, das Ding aber, wel- ches den Mangel heben kann, ein Gut, ein Befriedigungsmittel. §. 7. Jeder Menſch iſt den Gefuͤhlen des Mangels unterworfen, allein beide, ſowohl die Gefuͤhle als der Mangel, ſind ſehr ver- ſchieden: es gibt koͤrperliche (phyſiſche) Ge- fuͤhle, vermittelſt welcher der Menſch den Mangel ſolcher Dinge empfindet, die zu ſei- nem Leben und Daſeyn weſentlich noͤthig ſind, und dieſes ſind weſentliche Beduͤrf- niſſe, ſie erheiſchen Nahrung, das iſt Speis und Trank, und Decke, das iſt Kleidung und Wohnung. Die Gefuͤhle ſind Hunger und Durſt, Froſt und Hize. §. 8. Wenn man den Menſchen ſehen will, wie er im bloſen Zuſtande der koͤrperlichen Gefuͤhle und der weſentlichen Beduͤrfniſſe han-

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/24>, abgerufen am 21.11.2024.