trages, und die einfachste Anwendung des- selben gegründet ist. Jch will dieses erste landwirthschaftliche Gewerb den Obstbau nennen.
§. 91. So wie das menschliche Geschlecht sich über die Erde verbreitet, verändert sich der Himmelsstrich. Die Härte, der Wech- sel der Witterung nebst der Schaam erzeugen das Bedürfniß der Decke; man raubt den Thieren mit Verlust ihres Lebens die ihrige, man macht sich dieselbe zum Gebrauche be- quem, erfindet solcher Gestallt Kleider und Hütten. Die Erfahrung belehrt, daß ein Thier das andere frißt, dieses Beispiel führt zur Nachahmung, man befriedigt die wesent- lichen Bedürfnisse, Nahrung und Decke ganz aus dem Thierreiche, der Mensch wird wild, Erfahrung, Mutterwiz und Zufall lehren ihn Künste, die natürliche Geschicklichkeit der Thiere zu besiegen, und so entstehn die er- sten Gründe der Jagdwissenschaft, welche wiederum ein elementar Gewerb der Land- wirthschaft ausmacht. Zugleich aber entste- hen in diesem Zeitlaufe der Menschheit die
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Landwirthſchaft
trages, und die einfachſte Anwendung des- ſelben gegruͤndet iſt. Jch will dieſes erſte landwirthſchaftliche Gewerb den Obſtbau nennen.
§. 91. So wie das menſchliche Geſchlecht ſich uͤber die Erde verbreitet, veraͤndert ſich der Himmelsſtrich. Die Haͤrte, der Wech- ſel der Witterung nebſt der Schaam erzeugen das Beduͤrfniß der Decke; man raubt den Thieren mit Verluſt ihres Lebens die ihrige, man macht ſich dieſelbe zum Gebrauche be- quem, erfindet ſolcher Geſtallt Kleider und Huͤtten. Die Erfahrung belehrt, daß ein Thier das andere frißt, dieſes Beiſpiel fuͤhrt zur Nachahmung, man befriedigt die weſent- lichen Beduͤrfniſſe, Nahrung und Decke ganz aus dem Thierreiche, der Menſch wird wild, Erfahrung, Mutterwiz und Zufall lehren ihn Kuͤnſte, die natuͤrliche Geſchicklichkeit der Thiere zu beſiegen, und ſo entſtehn die er- ſten Gruͤnde der Jagdwiſſenſchaft, welche wiederum ein elementar Gewerb der Land- wirthſchaft ausmacht. Zugleich aber entſte- hen in dieſem Zeitlaufe der Menſchheit die
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Landwirthſchaft
trages, und die einfachſte Anwendung des-
ſelben gegruͤndet iſt. Jch will dieſes erſte
landwirthſchaftliche Gewerb den Obſtbau
nennen.
§. 91. So wie das menſchliche Geſchlecht
ſich uͤber die Erde verbreitet, veraͤndert ſich
der Himmelsſtrich. Die Haͤrte, der Wech-
ſel der Witterung nebſt der Schaam erzeugen
das Beduͤrfniß der Decke; man raubt den
Thieren mit Verluſt ihres Lebens die ihrige,
man macht ſich dieſelbe zum Gebrauche be-
quem, erfindet ſolcher Geſtallt Kleider und
Huͤtten. Die Erfahrung belehrt, daß ein
Thier das andere frißt, dieſes Beiſpiel fuͤhrt
zur Nachahmung, man befriedigt die weſent-
lichen Beduͤrfniſſe, Nahrung und Decke ganz
aus dem Thierreiche, der Menſch wird wild,
Erfahrung, Mutterwiz und Zufall lehren ihn
Kuͤnſte, die natuͤrliche Geſchicklichkeit der
Thiere zu beſiegen, und ſo entſtehn die er-
ſten Gruͤnde der Jagdwiſſenſchaft, welche
wiederum ein elementar Gewerb der Land-
wirthſchaft ausmacht. Zugleich aber entſte-
hen in dieſem Zeitlaufe der Menſchheit die
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/71>, abgerufen am 16.02.2025.
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