Erdarten von einer mittlern Beschaffenheit sich setzen müssen, und die allerfeinsten müßten oben aufliegen. Dieses ist der natürliche und ungezweifelte Erfolg, wenn das Wasser durch eine gewaltsame Bewegung Erdarten aufgelöset, oder vielmehr nur in sich genom- men hat, und solches dieselben bey dem Stande der Ruhe wieder fallen läßt. Die Erdschichten aber, die wir in der Erde wahrnehmen, haben eine ganz an- dere und gemeiniglich eine ganz entgegengesetzte Be- schaffenheit. Jch will mich hier bey dieser Widerle- gung nicht aufhalten, weil ich unten den Neunten Ab- schnitt zu Widerlegung dergleichen allgemeinen Ein- würfe bestimmt habe. Jndessen siehet man schon hier- aus, daß die Meynung, als habe die Sündfluth diese verschiedenen Erd- und Steinschichten gewirket, aller tüchtigen und zureichenden Gründe beraubet ist.
Meines Erachtens giebt es die Natur der Sache von selbst an die Hand, woher diese verschiedenen Erd- und Steinschichten unter der Oberfläche der Erde ent- standen sind. Wenn große Ströhme durch einen hef- tigen Anlauf des Wassers aus ihren Ufern treten, oder sonst durch Einreißung der Dämme, entweder des Mee- res, oder großer Ströhme, Ueberschwemmungen in ei- ner Gegend vorgehen, und die Ströhme wieder in ihre Ufer zurücktreten. oder der Ueberschwemmung durch Besserung der Dämme abgeholfen ist; so blei- bet ein Schlamm oder Sand auf der Oberfläche, wel- che die Wasser überschwemmet hatten, zurück; dieser Schlamm oder Sand ist mehr oder weniger stark, nachdem die Ueberschwemmung groß gewesen ist, oder
die
Schichten des Erdcoͤrpers.
Erdarten von einer mittlern Beſchaffenheit ſich ſetzen muͤſſen, und die allerfeinſten muͤßten oben aufliegen. Dieſes iſt der natuͤrliche und ungezweifelte Erfolg, wenn das Waſſer durch eine gewaltſame Bewegung Erdarten aufgeloͤſet, oder vielmehr nur in ſich genom- men hat, und ſolches dieſelben bey dem Stande der Ruhe wieder fallen laͤßt. Die Erdſchichten aber, die wir in der Erde wahrnehmen, haben eine ganz an- dere und gemeiniglich eine ganz entgegengeſetzte Be- ſchaffenheit. Jch will mich hier bey dieſer Widerle- gung nicht aufhalten, weil ich unten den Neunten Ab- ſchnitt zu Widerlegung dergleichen allgemeinen Ein- wuͤrfe beſtimmt habe. Jndeſſen ſiehet man ſchon hier- aus, daß die Meynung, als habe die Suͤndfluth dieſe verſchiedenen Erd- und Steinſchichten gewirket, aller tuͤchtigen und zureichenden Gruͤnde beraubet iſt.
Meines Erachtens giebt es die Natur der Sache von ſelbſt an die Hand, woher dieſe verſchiedenen Erd- und Steinſchichten unter der Oberflaͤche der Erde ent- ſtanden ſind. Wenn große Stroͤhme durch einen hef- tigen Anlauf des Waſſers aus ihren Ufern treten, oder ſonſt durch Einreißung der Daͤmme, entweder des Mee- res, oder großer Stroͤhme, Ueberſchwemmungen in ei- ner Gegend vorgehen, und die Stroͤhme wieder in ihre Ufer zuruͤcktreten. oder der Ueberſchwemmung durch Beſſerung der Daͤmme abgeholfen iſt; ſo blei- bet ein Schlamm oder Sand auf der Oberflaͤche, wel- che die Waſſer uͤberſchwemmet hatten, zuruͤck; dieſer Schlamm oder Sand iſt mehr oder weniger ſtark, nachdem die Ueberſchwemmung groß geweſen iſt, oder
die
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Schichten des Erdcoͤrpers.
Erdarten von einer mittlern Beſchaffenheit ſich ſetzen
muͤſſen, und die allerfeinſten muͤßten oben aufliegen.
Dieſes iſt der natuͤrliche und ungezweifelte Erfolg,
wenn das Waſſer durch eine gewaltſame Bewegung
Erdarten aufgeloͤſet, oder vielmehr nur in ſich genom-
men hat, und ſolches dieſelben bey dem Stande der
Ruhe wieder fallen laͤßt. Die Erdſchichten aber, die
wir in der Erde wahrnehmen, haben eine ganz an-
dere und gemeiniglich eine ganz entgegengeſetzte Be-
ſchaffenheit. Jch will mich hier bey dieſer Widerle-
gung nicht aufhalten, weil ich unten den Neunten Ab-
ſchnitt zu Widerlegung dergleichen allgemeinen Ein-
wuͤrfe beſtimmt habe. Jndeſſen ſiehet man ſchon hier-
aus, daß die Meynung, als habe die Suͤndfluth dieſe
verſchiedenen Erd- und Steinſchichten gewirket, aller
tuͤchtigen und zureichenden Gruͤnde beraubet iſt.
Meines Erachtens giebt es die Natur der Sache
von ſelbſt an die Hand, woher dieſe verſchiedenen Erd-
und Steinſchichten unter der Oberflaͤche der Erde ent-
ſtanden ſind. Wenn große Stroͤhme durch einen hef-
tigen Anlauf des Waſſers aus ihren Ufern treten, oder
ſonſt durch Einreißung der Daͤmme, entweder des Mee-
res, oder großer Stroͤhme, Ueberſchwemmungen in ei-
ner Gegend vorgehen, und die Stroͤhme wieder in
ihre Ufer zuruͤcktreten. oder der Ueberſchwemmung
durch Beſſerung der Daͤmme abgeholfen iſt; ſo blei-
bet ein Schlamm oder Sand auf der Oberflaͤche, wel-
che die Waſſer uͤberſchwemmet hatten, zuruͤck; dieſer
Schlamm oder Sand iſt mehr oder weniger ſtark,
nachdem die Ueberſchwemmung groß geweſen iſt, oder
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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/119>, abgerufen am 16.02.2025.
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