ken kann, und daß derselbe seinem Wesen nach ohne Ende und Schranken seyn muß; so ergiebt sich daraus deutlich, daß der Raum des Weltgebäudes nicht allein ewig, sondern auch unendlich sey.
Zwey ewige, unendliche, ursprüngliche und selbst- ständige Wesen können nicht zugleich und neben einan- der existiren. Wenn eines das andre hervorgebracht hat; so sind sie beyde nicht zugleich ewig und selbst- ständig, und eben so kann ein ewiges Wesen nicht von dem andern abhängen. Diese Abhängigkeit könnte auf keine andre Art entstehen, als daß das eine das andre hervorgebracht, oder demselben an Macht un- endlich überlegen wäre. Alsdenn aber würden diese beyde Wesen abermals nicht zugleich ewig und selbst- ständig seyn. Die Einschränkung der Macht wider- streitet offenbar der Selbstständigkeit eines Wesens. Ueberhaupt aber, wenn man weder eine Einschränkung an Macht, noch der Ewigkeit voraussetzte; so würden zwey zugleich ewige und selbstständige Wesen einander entgegenwirken, und aus dieser Entgegenwirkung wür- de eine gänzliche Unthätigkeit beyder Wesen entstehen, und es würde eben das seyn, als wenn sie gar nicht vorhanden wären. Kurz, die besten Weltweisen al- ler nur etwas aufgeklärten Völker haben es als einen der richtigsten und ungezweifeltesten Sätze der Ver- nunft angenommen, daß nicht zwey ewige, unendli- che und selbstständige Wesen neben einander existiren können.
Jndessen haben die vorhergehenden ungezweifelten Gründe dargethan und erwiesen, daß der Raum des
Welt-
Einleitung.
ken kann, und daß derſelbe ſeinem Weſen nach ohne Ende und Schranken ſeyn muß; ſo ergiebt ſich daraus deutlich, daß der Raum des Weltgebaͤudes nicht allein ewig, ſondern auch unendlich ſey.
Zwey ewige, unendliche, urſpruͤngliche und ſelbſt- ſtaͤndige Weſen koͤnnen nicht zugleich und neben einan- der exiſtiren. Wenn eines das andre hervorgebracht hat; ſo ſind ſie beyde nicht zugleich ewig und ſelbſt- ſtaͤndig, und eben ſo kann ein ewiges Weſen nicht von dem andern abhaͤngen. Dieſe Abhaͤngigkeit koͤnnte auf keine andre Art entſtehen, als daß das eine das andre hervorgebracht, oder demſelben an Macht un- endlich uͤberlegen waͤre. Alsdenn aber wuͤrden dieſe beyde Weſen abermals nicht zugleich ewig und ſelbſt- ſtaͤndig ſeyn. Die Einſchraͤnkung der Macht wider- ſtreitet offenbar der Selbſtſtaͤndigkeit eines Weſens. Ueberhaupt aber, wenn man weder eine Einſchraͤnkung an Macht, noch der Ewigkeit vorausſetzte; ſo wuͤrden zwey zugleich ewige und ſelbſtſtaͤndige Weſen einander entgegenwirken, und aus dieſer Entgegenwirkung wuͤr- de eine gaͤnzliche Unthaͤtigkeit beyder Weſen entſtehen, und es wuͤrde eben das ſeyn, als wenn ſie gar nicht vorhanden waͤren. Kurz, die beſten Weltweiſen al- ler nur etwas aufgeklaͤrten Voͤlker haben es als einen der richtigſten und ungezweifelteſten Saͤtze der Ver- nunft angenommen, daß nicht zwey ewige, unendli- che und ſelbſtſtaͤndige Weſen neben einander exiſtiren koͤnnen.
Jndeſſen haben die vorhergehenden ungezweifelten Gruͤnde dargethan und erwieſen, daß der Raum des
Welt-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0038"n="10"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Einleitung.</hi></fw><lb/>
ken kann, und daß derſelbe ſeinem Weſen nach ohne<lb/>
Ende und Schranken ſeyn muß; ſo ergiebt ſich daraus<lb/>
deutlich, daß der Raum des Weltgebaͤudes nicht allein<lb/>
ewig, ſondern auch unendlich ſey.</p><lb/><p>Zwey ewige, unendliche, urſpruͤngliche und ſelbſt-<lb/>ſtaͤndige Weſen koͤnnen nicht zugleich und neben einan-<lb/>
der exiſtiren. Wenn eines das andre hervorgebracht<lb/>
hat; ſo ſind ſie beyde nicht zugleich ewig und ſelbſt-<lb/>ſtaͤndig, und eben ſo kann ein ewiges Weſen nicht von<lb/>
dem andern abhaͤngen. Dieſe Abhaͤngigkeit koͤnnte<lb/>
auf keine andre Art entſtehen, als daß das eine das<lb/>
andre hervorgebracht, oder demſelben an Macht un-<lb/>
endlich uͤberlegen waͤre. Alsdenn aber wuͤrden dieſe<lb/>
beyde Weſen abermals nicht zugleich ewig und ſelbſt-<lb/>ſtaͤndig ſeyn. Die Einſchraͤnkung der Macht wider-<lb/>ſtreitet offenbar der Selbſtſtaͤndigkeit eines Weſens.<lb/>
Ueberhaupt aber, wenn man weder eine Einſchraͤnkung<lb/>
an Macht, noch der Ewigkeit vorausſetzte; ſo wuͤrden<lb/>
zwey zugleich ewige und ſelbſtſtaͤndige Weſen einander<lb/>
entgegenwirken, und aus dieſer Entgegenwirkung wuͤr-<lb/>
de eine gaͤnzliche Unthaͤtigkeit beyder Weſen entſtehen,<lb/>
und es wuͤrde eben das ſeyn, als wenn ſie gar nicht<lb/>
vorhanden waͤren. Kurz, die beſten Weltweiſen al-<lb/>
ler nur etwas aufgeklaͤrten Voͤlker haben es als einen<lb/>
der richtigſten und ungezweifelteſten Saͤtze der Ver-<lb/>
nunft angenommen, daß nicht zwey ewige, unendli-<lb/>
che und ſelbſtſtaͤndige Weſen neben einander exiſtiren<lb/>
koͤnnen.</p><lb/><p>Jndeſſen haben die vorhergehenden ungezweifelten<lb/>
Gruͤnde dargethan und erwieſen, daß der Raum des<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Welt-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[10/0038]
Einleitung.
ken kann, und daß derſelbe ſeinem Weſen nach ohne
Ende und Schranken ſeyn muß; ſo ergiebt ſich daraus
deutlich, daß der Raum des Weltgebaͤudes nicht allein
ewig, ſondern auch unendlich ſey.
Zwey ewige, unendliche, urſpruͤngliche und ſelbſt-
ſtaͤndige Weſen koͤnnen nicht zugleich und neben einan-
der exiſtiren. Wenn eines das andre hervorgebracht
hat; ſo ſind ſie beyde nicht zugleich ewig und ſelbſt-
ſtaͤndig, und eben ſo kann ein ewiges Weſen nicht von
dem andern abhaͤngen. Dieſe Abhaͤngigkeit koͤnnte
auf keine andre Art entſtehen, als daß das eine das
andre hervorgebracht, oder demſelben an Macht un-
endlich uͤberlegen waͤre. Alsdenn aber wuͤrden dieſe
beyde Weſen abermals nicht zugleich ewig und ſelbſt-
ſtaͤndig ſeyn. Die Einſchraͤnkung der Macht wider-
ſtreitet offenbar der Selbſtſtaͤndigkeit eines Weſens.
Ueberhaupt aber, wenn man weder eine Einſchraͤnkung
an Macht, noch der Ewigkeit vorausſetzte; ſo wuͤrden
zwey zugleich ewige und ſelbſtſtaͤndige Weſen einander
entgegenwirken, und aus dieſer Entgegenwirkung wuͤr-
de eine gaͤnzliche Unthaͤtigkeit beyder Weſen entſtehen,
und es wuͤrde eben das ſeyn, als wenn ſie gar nicht
vorhanden waͤren. Kurz, die beſten Weltweiſen al-
ler nur etwas aufgeklaͤrten Voͤlker haben es als einen
der richtigſten und ungezweifelteſten Saͤtze der Ver-
nunft angenommen, daß nicht zwey ewige, unendli-
che und ſelbſtſtaͤndige Weſen neben einander exiſtiren
koͤnnen.
Jndeſſen haben die vorhergehenden ungezweifelten
Gruͤnde dargethan und erwieſen, daß der Raum des
Welt-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/38>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.