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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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der Gebirge auf dem Erdcörper.
und Felsengebirge auf dem Erdboden zu erwerben ge-
suchet habe d). Die allermeisten hohen und Felsen-

gebirge
d) Es ist nicht leicht ein Beyspiel von einem Verfasser vor-
handen, welcher die angesehensten Gelehrten mit solcher
Kühnheit tadelt, ihnen den Mangel der Erfahrung vor-
wirft, und ihre Begierde, ohne diese Erfahrung in ih-
ren Studierstuben Lehrgebäude zu machen, ungereimt
vorzustellen sucht, als hier in dieser kleinen Schrift ge-
schiehet, ohne daß der Verfasser diejenigen Gelehrten
einmahl recht zu kennen scheinet, die er angreift. Der
sel. Bergrath Lehmann, nachheriger rußisch-kaiser-
licher Etaatsrath, war gewiß ein eben so erfahrner und
practischer Bergmann, als der Verfasser; allein, er
hatte gewiß zehenmahl mehr Belesenheit und Einsicht,
als dieser letztere, dessen bergmännische Erfahrung, wie
auf allen Blättern seiner kleinen Schrift hervorleuchtet,
weiter auf nichts, als auf die im Verhältnisse der
Größe |des Weltcörpers sehr kleine Gegend von Sie-
benbürgen, den Bannat und einen Theil des Carpathi-
schen Gebirges sich erstrecket. Mit dieser sehr geringen
Kenntniß unterstehet sich der Verfasser Lehrgebäude zu
machen, darauf zu trotzen und zu pochen, und andere
ansehnliche Gelehrte neben sich zu verachten, die doch,
wenn sie auch nicht alle Erfahrung in Bergwerkssachen
hätten, doch wegen ihrer großen Belesenheit und Ein-
sichten viel geschickter seyn würden, allgemeine Lehrge-
bäude zu machen, als ein Mann, der weiter nichts als
die Gebirge in einem sehr kleinen Bezirke der Welt ken-
net. Wenn ein Knabe, der in einer mittelmäßigen
Ebene gebohren ist, und noch keine Reise als etwa in
die benachbarten Dörfer gethan hat, die Sonne auf de-
nen kaum einige Meilen um ihn herumliegenden Gebir-
gen auf- und niedergehen siehet, und sich einbildet, daß
die kleine Ebene, in welcher er gebohren ist, die ganze
Welt ausmachet, und daß der Weltcreis auf denen Ge-
birgen, die sein schwaches Auge in einer Entfernung
von wenigen Meilen erblicket, und wo er die Sonne so
augenscheinlich auf- untergehen siehet, seine Endschaft
habe; so kann man diese Einbildung und vermeyntes
Lehr-
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der Gebirge auf dem Erdcoͤrper.
und Felſengebirge auf dem Erdboden zu erwerben ge-
ſuchet habe d). Die allermeiſten hohen und Felſen-

gebirge
d) Es iſt nicht leicht ein Beyſpiel von einem Verfaſſer vor-
handen, welcher die angeſehenſten Gelehrten mit ſolcher
Kuͤhnheit tadelt, ihnen den Mangel der Erfahrung vor-
wirft, und ihre Begierde, ohne dieſe Erfahrung in ih-
ren Studierſtuben Lehrgebaͤude zu machen, ungereimt
vorzuſtellen ſucht, als hier in dieſer kleinen Schrift ge-
ſchiehet, ohne daß der Verfaſſer diejenigen Gelehrten
einmahl recht zu kennen ſcheinet, die er angreift. Der
ſel. Bergrath Lehmann, nachheriger rußiſch-kaiſer-
licher Etaatsrath, war gewiß ein eben ſo erfahrner und
practiſcher Bergmann, als der Verfaſſer; allein, er
hatte gewiß zehenmahl mehr Beleſenheit und Einſicht,
als dieſer letztere, deſſen bergmaͤnniſche Erfahrung, wie
auf allen Blaͤttern ſeiner kleinen Schrift hervorleuchtet,
weiter auf nichts, als auf die im Verhaͤltniſſe der
Groͤße |des Weltcoͤrpers ſehr kleine Gegend von Sie-
benbuͤrgen, den Bannat und einen Theil des Carpathi-
ſchen Gebirges ſich erſtrecket. Mit dieſer ſehr geringen
Kenntniß unterſtehet ſich der Verfaſſer Lehrgebaͤude zu
machen, darauf zu trotzen und zu pochen, und andere
anſehnliche Gelehrte neben ſich zu verachten, die doch,
wenn ſie auch nicht alle Erfahrung in Bergwerksſachen
haͤtten, doch wegen ihrer großen Beleſenheit und Ein-
ſichten viel geſchickter ſeyn wuͤrden, allgemeine Lehrge-
baͤude zu machen, als ein Mann, der weiter nichts als
die Gebirge in einem ſehr kleinen Bezirke der Welt ken-
net. Wenn ein Knabe, der in einer mittelmaͤßigen
Ebene gebohren iſt, und noch keine Reiſe als etwa in
die benachbarten Doͤrfer gethan hat, die Sonne auf de-
nen kaum einige Meilen um ihn herumliegenden Gebir-
gen auf- und niedergehen ſiehet, und ſich einbildet, daß
die kleine Ebene, in welcher er gebohren iſt, die ganze
Welt ausmachet, und daß der Weltcreis auf denen Ge-
birgen, die ſein ſchwaches Auge in einer Entfernung
von wenigen Meilen erblicket, und wo er die Sonne ſo
augenſcheinlich auf- untergehen ſiehet, ſeine Endſchaft
habe; ſo kann man dieſe Einbildung und vermeyntes
Lehr-
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[51/0079] der Gebirge auf dem Erdcoͤrper. und Felſengebirge auf dem Erdboden zu erwerben ge- ſuchet habe d). Die allermeiſten hohen und Felſen- gebirge d) Es iſt nicht leicht ein Beyſpiel von einem Verfaſſer vor- handen, welcher die angeſehenſten Gelehrten mit ſolcher Kuͤhnheit tadelt, ihnen den Mangel der Erfahrung vor- wirft, und ihre Begierde, ohne dieſe Erfahrung in ih- ren Studierſtuben Lehrgebaͤude zu machen, ungereimt vorzuſtellen ſucht, als hier in dieſer kleinen Schrift ge- ſchiehet, ohne daß der Verfaſſer diejenigen Gelehrten einmahl recht zu kennen ſcheinet, die er angreift. Der ſel. Bergrath Lehmann, nachheriger rußiſch-kaiſer- licher Etaatsrath, war gewiß ein eben ſo erfahrner und practiſcher Bergmann, als der Verfaſſer; allein, er hatte gewiß zehenmahl mehr Beleſenheit und Einſicht, als dieſer letztere, deſſen bergmaͤnniſche Erfahrung, wie auf allen Blaͤttern ſeiner kleinen Schrift hervorleuchtet, weiter auf nichts, als auf die im Verhaͤltniſſe der Groͤße |des Weltcoͤrpers ſehr kleine Gegend von Sie- benbuͤrgen, den Bannat und einen Theil des Carpathi- ſchen Gebirges ſich erſtrecket. Mit dieſer ſehr geringen Kenntniß unterſtehet ſich der Verfaſſer Lehrgebaͤude zu machen, darauf zu trotzen und zu pochen, und andere anſehnliche Gelehrte neben ſich zu verachten, die doch, wenn ſie auch nicht alle Erfahrung in Bergwerksſachen haͤtten, doch wegen ihrer großen Beleſenheit und Ein- ſichten viel geſchickter ſeyn wuͤrden, allgemeine Lehrge- baͤude zu machen, als ein Mann, der weiter nichts als die Gebirge in einem ſehr kleinen Bezirke der Welt ken- net. Wenn ein Knabe, der in einer mittelmaͤßigen Ebene gebohren iſt, und noch keine Reiſe als etwa in die benachbarten Doͤrfer gethan hat, die Sonne auf de- nen kaum einige Meilen um ihn herumliegenden Gebir- gen auf- und niedergehen ſiehet, und ſich einbildet, daß die kleine Ebene, in welcher er gebohren iſt, die ganze Welt ausmachet, und daß der Weltcreis auf denen Ge- birgen, die ſein ſchwaches Auge in einer Entfernung von wenigen Meilen erblicket, und wo er die Sonne ſo augenſcheinlich auf- untergehen ſiehet, ſeine Endſchaft habe; ſo kann man dieſe Einbildung und vermeyntes Lehr- D 2

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/79>, abgerufen am 23.11.2024.