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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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um die Basis der Trajanssäule wegräumen und zweihundert Häuser
des Forum Ulpianum nebst zwei Kirchlein entfernen lassen; die hierbei
gefundenen Bildwerke gab Pius V dem Neffen und Nachfolger des
Erbauers dieses Hauses, dem ersten Herzog von Alcala, D. Pedro
Afan, der damals Vicekönig von Neapel war. Von ihm, einem warmen
Liebhaber der Bildhauerei, sind alle diese Marmorwerke des grossen
Alterthums hierhergebracht worden. Noch weit mehr würde hier ver-
sammelt sein, wenn nicht das Schiff, welches seine Schätze von Neapel
hierherführte, von Corsaren gekapert worden wäre; diese warfen die
Steine ins Meer. Darunter war die Sammlung der Vasen und Münzen
des grossen Antiquars Adrian Spadafora, und die Statue der Parthenope,
die Jahrhunderte lang gegenüber der Kirche S. Stefano in Neapel stand.
Dieser D. Perafan war nach dem Urtheil der Italiener der beste Vice-
könig den Neapel gehabt hat, er hat sein Leben unter den dreizehn-
jährigen Anstrengungen und Aufregungen seines Amts verzehrt. Er
war staatsklug, ohne Wandel, fromm, und eifrig für die Rechte des
Königs, auch gegenüber denen, wo am meisten Muth und Weisheit
dazu gehört, sie zu verfechten. Von den Bauten, Strassen, Brücken
und Brunnen, die er geschaffen, reden zahlreiche Marmorverse im
ganzen Reiche, und zugleich von der jetzt unter uns verlorenen Eleganz,
mit der er die Sprache Ciceros und Lucans schrieb. D. Perafan war
der Grossoheim des jetzigen Herzogs, der 1584 geboren ist und schon
als Kind seinem Grossvater, als dritter Herzog, folgte. Aber ihn kennt
Niemand besser als unser Freund.

E. In der That hat mein hochverehrter Gönner und ich darf
wol sagen Freund alle Tugenden seiner Vorväter geerbt. Er ist ein
vollkommener Lateiner, Doctor en letras, und führt auf seinen Reisen
nicht nur eine ansehnliche Bibliothek, sondern auch Gelehrte und Künstler
mit sich. Don Fernando ist sogar selbst Maler. Als er Urban VIII
im Jahre 1625 in ausserordentlicher Gesandtschaft die Glückwünsche
unsers Königs zu seiner Thronbesteigung nebst kostbaren Geschenken
spanischer und indischer Kunst überbrachte, empfing ihn S. H. in der
Sala Regia von S. Pedro. Er führte seinen Maler Diego Cincinnati bei
dem Pabste ein, den Sohn jenes Romulo, den wir alle aus dem Escorial
kennen. S. Heiligkeit liess sich von ihm aufnehmen, in ganzer Figur,
im Sessel, und machte ihn zum Ritter des Christusordens.

F. Unsere Bibliothek hier ist voll von Zeugnissen seiner Liebe zu
den Wissenschaften und Künsten. Da steht die 1607 in Rom gedruckte
Uebersetzung von Tasso's Aminta, die unser Juan de Jauregui ihm wid-
mete. Sie liest sich wie ein zweites Original. Hier unseres alten
Comödiendichters Juan de la Cueva Examen poetico, das einzige Lehr-

Anhang.
um die Basis der Trajanssäule wegräumen und zweihundert Häuser
des Forum Ulpianum nebst zwei Kirchlein entfernen lassen; die hierbei
gefundenen Bildwerke gab Pius V dem Neffen und Nachfolger des
Erbauers dieses Hauses, dem ersten Herzog von Alcalá, D. Pedro
Afan, der damals Vicekönig von Neapel war. Von ihm, einem warmen
Liebhaber der Bildhauerei, sind alle diese Marmorwerke des grossen
Alterthums hierhergebracht worden. Noch weit mehr würde hier ver-
sammelt sein, wenn nicht das Schiff, welches seine Schätze von Neapel
hierherführte, von Corsaren gekapert worden wäre; diese warfen die
Steine ins Meer. Darunter war die Sammlung der Vasen und Münzen
des grossen Antiquars Adrian Spadafora, und die Statue der Parthenope,
die Jahrhunderte lang gegenüber der Kirche S. Stefano in Neapel stand.
Dieser D. Perafan war nach dem Urtheil der Italiener der beste Vice-
könig den Neapel gehabt hat, er hat sein Leben unter den dreizehn-
jährigen Anstrengungen und Aufregungen seines Amts verzehrt. Er
war staatsklug, ohne Wandel, fromm, und eifrig für die Rechte des
Königs, auch gegenüber denen, wo am meisten Muth und Weisheit
dazu gehört, sie zu verfechten. Von den Bauten, Strassen, Brücken
und Brunnen, die er geschaffen, reden zahlreiche Marmorverse im
ganzen Reiche, und zugleich von der jetzt unter uns verlorenen Eleganz,
mit der er die Sprache Ciceros und Lucans schrieb. D. Perafan war
der Grossoheim des jetzigen Herzogs, der 1584 geboren ist und schon
als Kind seinem Grossvater, als dritter Herzog, folgte. Aber ihn kennt
Niemand besser als unser Freund.

E. In der That hat mein hochverehrter Gönner und ich darf
wol sagen Freund alle Tugenden seiner Vorväter geerbt. Er ist ein
vollkommener Lateiner, Doctor en letras, und führt auf seinen Reisen
nicht nur eine ansehnliche Bibliothek, sondern auch Gelehrte und Künstler
mit sich. Don Fernando ist sogar selbst Maler. Als er Urban VIII
im Jahre 1625 in ausserordentlicher Gesandtschaft die Glückwünsche
unsers Königs zu seiner Thronbesteigung nebst kostbaren Geschenken
spanischer und indischer Kunst überbrachte, empfing ihn S. H. in der
Sala Regia von S. Pedro. Er führte seinen Maler Diego Cincinnati bei
dem Pabste ein, den Sohn jenes Romulo, den wir alle aus dem Escorial
kennen. S. Heiligkeit liess sich von ihm aufnehmen, in ganzer Figur,
im Sessel, und machte ihn zum Ritter des Christusordens.

F. Unsere Bibliothek hier ist voll von Zeugnissen seiner Liebe zu
den Wissenschaften und Künsten. Da steht die 1607 in Rom gedruckte
Uebersetzung von Tasso’s Aminta, die unser Juan de Jauregui ihm wid-
mete. Sie liest sich wie ein zweites Original. Hier unseres alten
Comödiendichters Juan de la Cueva Examen poético, das einzige Lehr-

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[88/0108] Anhang. um die Basis der Trajanssäule wegräumen und zweihundert Häuser des Forum Ulpianum nebst zwei Kirchlein entfernen lassen; die hierbei gefundenen Bildwerke gab Pius V dem Neffen und Nachfolger des Erbauers dieses Hauses, dem ersten Herzog von Alcalá, D. Pedro Afan, der damals Vicekönig von Neapel war. Von ihm, einem warmen Liebhaber der Bildhauerei, sind alle diese Marmorwerke des grossen Alterthums hierhergebracht worden. Noch weit mehr würde hier ver- sammelt sein, wenn nicht das Schiff, welches seine Schätze von Neapel hierherführte, von Corsaren gekapert worden wäre; diese warfen die Steine ins Meer. Darunter war die Sammlung der Vasen und Münzen des grossen Antiquars Adrian Spadafora, und die Statue der Parthenope, die Jahrhunderte lang gegenüber der Kirche S. Stefano in Neapel stand. Dieser D. Perafan war nach dem Urtheil der Italiener der beste Vice- könig den Neapel gehabt hat, er hat sein Leben unter den dreizehn- jährigen Anstrengungen und Aufregungen seines Amts verzehrt. Er war staatsklug, ohne Wandel, fromm, und eifrig für die Rechte des Königs, auch gegenüber denen, wo am meisten Muth und Weisheit dazu gehört, sie zu verfechten. Von den Bauten, Strassen, Brücken und Brunnen, die er geschaffen, reden zahlreiche Marmorverse im ganzen Reiche, und zugleich von der jetzt unter uns verlorenen Eleganz, mit der er die Sprache Ciceros und Lucans schrieb. D. Perafan war der Grossoheim des jetzigen Herzogs, der 1584 geboren ist und schon als Kind seinem Grossvater, als dritter Herzog, folgte. Aber ihn kennt Niemand besser als unser Freund. E. In der That hat mein hochverehrter Gönner und ich darf wol sagen Freund alle Tugenden seiner Vorväter geerbt. Er ist ein vollkommener Lateiner, Doctor en letras, und führt auf seinen Reisen nicht nur eine ansehnliche Bibliothek, sondern auch Gelehrte und Künstler mit sich. Don Fernando ist sogar selbst Maler. Als er Urban VIII im Jahre 1625 in ausserordentlicher Gesandtschaft die Glückwünsche unsers Königs zu seiner Thronbesteigung nebst kostbaren Geschenken spanischer und indischer Kunst überbrachte, empfing ihn S. H. in der Sala Regia von S. Pedro. Er führte seinen Maler Diego Cincinnati bei dem Pabste ein, den Sohn jenes Romulo, den wir alle aus dem Escorial kennen. S. Heiligkeit liess sich von ihm aufnehmen, in ganzer Figur, im Sessel, und machte ihn zum Ritter des Christusordens. F. Unsere Bibliothek hier ist voll von Zeugnissen seiner Liebe zu den Wissenschaften und Künsten. Da steht die 1607 in Rom gedruckte Uebersetzung von Tasso’s Aminta, die unser Juan de Jauregui ihm wid- mete. Sie liest sich wie ein zweites Original. Hier unseres alten Comödiendichters Juan de la Cueva Examen poético, das einzige Lehr-

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/108>, abgerufen am 21.11.2024.