Metamorphosen entlehnt und das kühne und gelehrte Meisterwerk unsers "bätischen Apelles" [S. 66 f.].
E. Meine jungen Freunde werden sich vielleicht wundern, mich auf dem Wege dieser heidnischen Darstellungen anzutreffen, wie sie die Cabinete der Grossen dieser Welt anfüllen. Diese Werke athmen oft ebensoviel Leben und Ueppigkeit wie Zeichnung und Colorit. Sie er- ringen nicht nur hohen Lohn, sondern noch grössern Ruhm. Ich be- neide ihnen keineswegs solche Ehren und solchen Gewinn [a. a. O. I. 354].
que en ley del arte vale un tesoro, en la de Dios el sabe lo que costa (Argensola).
Aber der Herzog war vor Jahren für diese Werke der Italiener sehr eingenommen, und legte mir Zeichnungen und Kupfer von Jorge und Diana Ghisi nach den Gemälden Julio Romano's im Palast del Te zu Mantua vor, um mir einen Begriff zu geben von der Manier, in der er diese Fabeln gemalt haben wollte, bei denen er übrigens symbolische Gedanken im Sinne hatte. -- Aber was ist das für ein neues Bild, das dort an der Wand steht?
F. Es ist der Ritter Sankt Georg mit der Infantin und dem Drachen, ein Versuch meiner Base hier, Srita Guadalupe de Ynsausti e Iztueta, die vor sieben Jahren mit ihrem Oheim, Musiker des Königs, bei des letzteren Reise nach Andalusien hieher kam, wo Alonso Vazquez auf ihr schönes Talent aufmerksam wurde. Sie wohnt bei dem Oheim im Alcazar, wo der Conde Duque, der dessen Alcaide ist, ihm den Posten eines Portero mayor gegeben hat.
E. Die Sennorita verdient alles Lob. Das Mädchen ist in der guten Manier gezeichnet; das Motiv des windgeschwellten Gewandes ist gar nicht übel. Es erinnert mich an eine schwebende Muse, die in San- tiponce vor mehreren Jahren in einer römischen Grotte aufgedeckt wurde. Bei dem Perseus scheint sie den schönen Stich des Cornelio (Cort) be- nutzt zu haben, den dieser nach einem Gemälde des grössten Miniatur- malers aller Zeiten, des Macedoniers Julius Clovius im Jahre 1578 in Kupfer gearbeitet hat. Solche Benutzung welscher und flämischer Kupfer- stiche ist bei unsern Malern sehr üblich, und bei den ersten Versuchen in der Composition, wie hier, sogar ganz in Ordnung; anders muss unser Urtheil freilich lauten, wenn wir berühmte Meister sich auf diese Art die Erfindung erleichtern sehen.
Tr. Ihr sagtet Perseus, Meister?
Tisbe. Es ist nicht der heil. Georg, sondern eine Geschichte, welche ich in unserm in diesem Jahre wiedereröffneten Coliseo aufführen sah, El Perseo, Tragicomödie von Lope de Vega. Es ist der Halbgott
Dialog über die Malerei.
Metamorphosen entlehnt und das kühne und gelehrte Meisterwerk unsers „bätischen Apelles“ [S. 66 f.].
E. Meine jungen Freunde werden sich vielleicht wundern, mich auf dem Wege dieser heidnischen Darstellungen anzutreffen, wie sie die Cabinete der Grossen dieser Welt anfüllen. Diese Werke athmen oft ebensoviel Leben und Ueppigkeit wie Zeichnung und Colorit. Sie er- ringen nicht nur hohen Lohn, sondern noch grössern Ruhm. Ich be- neide ihnen keineswegs solche Ehren und solchen Gewinn [a. a. O. I. 354].
que en ley del arte vale un tesoro, en la de Dios él sabe lo que costa (Argensola).
Aber der Herzog war vor Jahren für diese Werke der Italiener sehr eingenommen, und legte mir Zeichnungen und Kupfer von Jorge und Diana Ghisi nach den Gemälden Julio Romano’s im Palast del Té zu Mantua vor, um mir einen Begriff zu geben von der Manier, in der er diese Fabeln gemalt haben wollte, bei denen er übrigens symbolische Gedanken im Sinne hatte. — Aber was ist das für ein neues Bild, das dort an der Wand steht?
F. Es ist der Ritter Sankt Georg mit der Infantin und dem Drachen, ein Versuch meiner Base hier, Srita Guadalupe de Ynsausti é Iztueta, die vor sieben Jahren mit ihrem Oheim, Musiker des Königs, bei des letzteren Reise nach Andalusien hieher kam, wo Alonso Vazquez auf ihr schönes Talent aufmerksam wurde. Sie wohnt bei dem Oheim im Alcazar, wo der Conde Duque, der dessen Alcaide ist, ihm den Posten eines Portero mayor gegeben hat.
E. Die Señorita verdient alles Lob. Das Mädchen ist in der guten Manier gezeichnet; das Motiv des windgeschwellten Gewandes ist gar nicht übel. Es erinnert mich an eine schwebende Muse, die in San- tiponce vor mehreren Jahren in einer römischen Grotte aufgedeckt wurde. Bei dem Perseus scheint sie den schönen Stich des Cornelio (Cort) be- nutzt zu haben, den dieser nach einem Gemälde des grössten Miniatur- malers aller Zeiten, des Macedoniers Julius Clovius im Jahre 1578 in Kupfer gearbeitet hat. Solche Benutzung welscher und flämischer Kupfer- stiche ist bei unsern Malern sehr üblich, und bei den ersten Versuchen in der Composition, wie hier, sogar ganz in Ordnung; anders muss unser Urtheil freilich lauten, wenn wir berühmte Meister sich auf diese Art die Erfindung erleichtern sehen.
Tr. Ihr sagtet Perseus, Meister?
Tisbe. Es ist nicht der heil. Georg, sondern eine Geschichte, welche ich in unserm in diesem Jahre wiedereröffneten Coliseo aufführen sah, El Perseo, Tragicomödie von Lope de Vega. Es ist der Halbgott
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Dialog über die Malerei.
Metamorphosen entlehnt und das kühne und gelehrte Meisterwerk
unsers „bätischen Apelles“ [S. 66 f.].
E. Meine jungen Freunde werden sich vielleicht wundern, mich
auf dem Wege dieser heidnischen Darstellungen anzutreffen, wie sie die
Cabinete der Grossen dieser Welt anfüllen. Diese Werke athmen oft
ebensoviel Leben und Ueppigkeit wie Zeichnung und Colorit. Sie er-
ringen nicht nur hohen Lohn, sondern noch grössern Ruhm. Ich be-
neide ihnen keineswegs solche Ehren und solchen Gewinn [a. a. O. I. 354].
que en ley del arte vale un tesoro,
en la de Dios él sabe lo que costa (Argensola).
Aber der Herzog war vor Jahren für diese Werke der Italiener
sehr eingenommen, und legte mir Zeichnungen und Kupfer von Jorge
und Diana Ghisi nach den Gemälden Julio Romano’s im Palast del Té
zu Mantua vor, um mir einen Begriff zu geben von der Manier, in der er
diese Fabeln gemalt haben wollte, bei denen er übrigens symbolische
Gedanken im Sinne hatte. — Aber was ist das für ein neues Bild, das
dort an der Wand steht?
F. Es ist der Ritter Sankt Georg mit der Infantin und dem Drachen,
ein Versuch meiner Base hier, Srita Guadalupe de Ynsausti é Iztueta,
die vor sieben Jahren mit ihrem Oheim, Musiker des Königs, bei des
letzteren Reise nach Andalusien hieher kam, wo Alonso Vazquez auf ihr
schönes Talent aufmerksam wurde. Sie wohnt bei dem Oheim im
Alcazar, wo der Conde Duque, der dessen Alcaide ist, ihm den Posten
eines Portero mayor gegeben hat.
E. Die Señorita verdient alles Lob. Das Mädchen ist in der
guten Manier gezeichnet; das Motiv des windgeschwellten Gewandes ist
gar nicht übel. Es erinnert mich an eine schwebende Muse, die in San-
tiponce vor mehreren Jahren in einer römischen Grotte aufgedeckt wurde.
Bei dem Perseus scheint sie den schönen Stich des Cornelio (Cort) be-
nutzt zu haben, den dieser nach einem Gemälde des grössten Miniatur-
malers aller Zeiten, des Macedoniers Julius Clovius im Jahre 1578 in
Kupfer gearbeitet hat. Solche Benutzung welscher und flämischer Kupfer-
stiche ist bei unsern Malern sehr üblich, und bei den ersten Versuchen
in der Composition, wie hier, sogar ganz in Ordnung; anders muss
unser Urtheil freilich lauten, wenn wir berühmte Meister sich auf diese
Art die Erfindung erleichtern sehen.
Tr. Ihr sagtet Perseus, Meister?
Tisbe. Es ist nicht der heil. Georg, sondern eine Geschichte,
welche ich in unserm in diesem Jahre wiedereröffneten Coliseo aufführen
sah, El Perseo, Tragicomödie von Lope de Vega. Es ist der Halbgott
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/111>, abgerufen am 21.11.2024.
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