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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Die Lehrjahre.
der gorguera Licht gäbe. Bloss in einem spätern kirchlichen
Bild sind Anklänge an den Greco zu erkennen. Anders steht es
mit dessen Schüler, Luis Tristan.

Palomino hat darüber eine Stelle, die wie gute Ueberliefe-
rung aussieht. Nachdem er von Anregungen durch italienische
Gemälde gesprochen hat, fährt er fort: "Diejenigen aber, welche
sein Auge am wahlverwandtesten berührten, waren die des Tri-
stan, weil dieser eine Richtung hatte, die zu seinem eignen Na-
turell stimmte, wegen der Eigenheit (estranno) der Ideen und
der Lebhaftigkeit seiner Erfindungen. Aus diesem Grunde er-
klärte er sich für dessen Nachahmer und verliess die Art seines
Lehrers. Hatte er doch sehr bald eingesehen, dass für ihn eine
so laue Malerei und Zeichnung, mochte sie noch so gelehrt sein,
nicht passe; weil sie seiner hohen, das Grosse liebenden Natur
entgegen war." (Museo III, 323.)

Es ist unterhaltend, die durch diese Stellen veranlassten
Glossen der Autoren zu lesen, denen, mit einer Ausnahme, Tristan
ganz unbekannt war. Einige, wie Cumberland, Viardot, Adolphe
Siret, Madrazo u. a. sind so klug, ihn mit einer höflichen Ver-
beugung abzufertigen. "Das Lob des Velazquez, die Ehre sein
Vorbild gewesen zu sein, sind hinreichend, ihm einen dauernden
Namen zu sichern." Andere, denen es Bedürfniss war, tiefer ein-
zudringen, haben Tristan nach jener Stelle apriori construirt.
Wie mag Tristan ausgesehen haben, um dem Velazquez gefallen
zu können? Tristan war ein Schüler des Greco, des verwilderten
Venezianers; wir werden ihn uns als einen geläuterten, einen zah-
men Greco zu denken haben. "Greco, sagt W. Bürger, hat die
Technik der venezianischen Schule in Spanien eingeführt, Tristan
war gewissermaassen das Medium zwischen ihm und Velazquez."
Das [vermeintliche] Bildniss im Prado beweist es: "es setzt den
Greco fort und lässt den Velazquez ahnen". In der kleinen
Skizze des heil. Hieronymus mit der offen gebliebenen rothen
Untermalung, findet er "die freie touche und helle Farbenscala",
die ihm Velazquez entlehnt habe. J. C. Robinson erklärt die
Notiz für ein Missverständniss des faselnden Schwiegervaters (in
dessen Buch aber nicht einmal der Name Tristans vorkommt).
Velazquez habe aus den untergeordneten Eigenschaften in den
Arbeiten des Tristan zu Sevilla den weit höheren Charakter des
Greco schätzen gelernt, dessen Sachen er dann in Madrid sah.
Denn sein reifer und vollkommener Stil sei vielmehr auf des letz-
teren Werke, als auf die seines obscuren Schülers Tristan gebaut.


Die Lehrjahre.
der gorguera Licht gäbe. Bloss in einem spätern kirchlichen
Bild sind Anklänge an den Greco zu erkennen. Anders steht es
mit dessen Schüler, Luis Tristan.

Palomino hat darüber eine Stelle, die wie gute Ueberliefe-
rung aussieht. Nachdem er von Anregungen durch italienische
Gemälde gesprochen hat, fährt er fort: „Diejenigen aber, welche
sein Auge am wahlverwandtesten berührten, waren die des Tri-
stan, weil dieser eine Richtung hatte, die zu seinem eignen Na-
turell stimmte, wegen der Eigenheit (estraño) der Ideen und
der Lebhaftigkeit seiner Erfindungen. Aus diesem Grunde er-
klärte er sich für dessen Nachahmer und verliess die Art seines
Lehrers. Hatte er doch sehr bald eingesehen, dass für ihn eine
so laue Malerei und Zeichnung, mochte sie noch so gelehrt sein,
nicht passe; weil sie seiner hohen, das Grosse liebenden Natur
entgegen war.“ (Museo III, 323.)

Es ist unterhaltend, die durch diese Stellen veranlassten
Glossen der Autoren zu lesen, denen, mit einer Ausnahme, Tristan
ganz unbekannt war. Einige, wie Cumberland, Viardot, Adolphe
Siret, Madrazo u. a. sind so klug, ihn mit einer höflichen Ver-
beugung abzufertigen. „Das Lob des Velazquez, die Ehre sein
Vorbild gewesen zu sein, sind hinreichend, ihm einen dauernden
Namen zu sichern.“ Andere, denen es Bedürfniss war, tiefer ein-
zudringen, haben Tristan nach jener Stelle apriori construirt.
Wie mag Tristan ausgesehen haben, um dem Velazquez gefallen
zu können? Tristan war ein Schüler des Greco, des verwilderten
Venezianers; wir werden ihn uns als einen geläuterten, einen zah-
men Greco zu denken haben. „Greco, sagt W. Bürger, hat die
Technik der venezianischen Schule in Spanien eingeführt, Tristan
war gewissermaassen das Medium zwischen ihm und Velazquez.“
Das [vermeintliche] Bildniss im Prado beweist es: „es setzt den
Greco fort und lässt den Velazquez ahnen“. In der kleinen
Skizze des heil. Hieronymus mit der offen gebliebenen rothen
Untermalung, findet er „die freie touche und helle Farbenscala“,
die ihm Velazquez entlehnt habe. J. C. Robinson erklärt die
Notiz für ein Missverständniss des faselnden Schwiegervaters (in
dessen Buch aber nicht einmal der Name Tristans vorkommt).
Velazquez habe aus den untergeordneten Eigenschaften in den
Arbeiten des Tristan zu Sevilla den weit höheren Charakter des
Greco schätzen gelernt, dessen Sachen er dann in Madrid sah.
Denn sein reifer und vollkommener Stil sei vielmehr auf des letz-
teren Werke, als auf die seines obscuren Schülers Tristan gebaut.


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[119/0139] Die Lehrjahre. der gorguera Licht gäbe. Bloss in einem spätern kirchlichen Bild sind Anklänge an den Greco zu erkennen. Anders steht es mit dessen Schüler, Luis Tristan. Palomino hat darüber eine Stelle, die wie gute Ueberliefe- rung aussieht. Nachdem er von Anregungen durch italienische Gemälde gesprochen hat, fährt er fort: „Diejenigen aber, welche sein Auge am wahlverwandtesten berührten, waren die des Tri- stan, weil dieser eine Richtung hatte, die zu seinem eignen Na- turell stimmte, wegen der Eigenheit (estraño) der Ideen und der Lebhaftigkeit seiner Erfindungen. Aus diesem Grunde er- klärte er sich für dessen Nachahmer und verliess die Art seines Lehrers. Hatte er doch sehr bald eingesehen, dass für ihn eine so laue Malerei und Zeichnung, mochte sie noch so gelehrt sein, nicht passe; weil sie seiner hohen, das Grosse liebenden Natur entgegen war.“ (Museo III, 323.) Es ist unterhaltend, die durch diese Stellen veranlassten Glossen der Autoren zu lesen, denen, mit einer Ausnahme, Tristan ganz unbekannt war. Einige, wie Cumberland, Viardot, Adolphe Siret, Madrazo u. a. sind so klug, ihn mit einer höflichen Ver- beugung abzufertigen. „Das Lob des Velazquez, die Ehre sein Vorbild gewesen zu sein, sind hinreichend, ihm einen dauernden Namen zu sichern.“ Andere, denen es Bedürfniss war, tiefer ein- zudringen, haben Tristan nach jener Stelle apriori construirt. Wie mag Tristan ausgesehen haben, um dem Velazquez gefallen zu können? Tristan war ein Schüler des Greco, des verwilderten Venezianers; wir werden ihn uns als einen geläuterten, einen zah- men Greco zu denken haben. „Greco, sagt W. Bürger, hat die Technik der venezianischen Schule in Spanien eingeführt, Tristan war gewissermaassen das Medium zwischen ihm und Velazquez.“ Das [vermeintliche] Bildniss im Prado beweist es: „es setzt den Greco fort und lässt den Velazquez ahnen“. In der kleinen Skizze des heil. Hieronymus mit der offen gebliebenen rothen Untermalung, findet er „die freie touche und helle Farbenscala“, die ihm Velazquez entlehnt habe. J. C. Robinson erklärt die Notiz für ein Missverständniss des faselnden Schwiegervaters (in dessen Buch aber nicht einmal der Name Tristans vorkommt). Velazquez habe aus den untergeordneten Eigenschaften in den Arbeiten des Tristan zu Sevilla den weit höheren Charakter des Greco schätzen gelernt, dessen Sachen er dann in Madrid sah. Denn sein reifer und vollkommener Stil sei vielmehr auf des letz- teren Werke, als auf die seines obscuren Schülers Tristan gebaut.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/139>, abgerufen am 21.11.2024.