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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Kirchenbilder.
des historischen Genre behandelte und mit reicher landschaftlicher Sce-
nerie ausstattete. Die Verleugnung Petri im Museum zu Cordoba ist
eine echte Quartierscene in der Art des A. le Duck. Seine reichste
und besterhaltene Folge ist die Geschichte Josephs in sechs Bildern, im
Museum zu Madrid (2068--73), dort von Jemanden, dem solche Bilder
des hervorragendsten Meisters der Schule von Cordoba ganz unbekannt
waren, Pedro de Moya genannt, obwol sie mit diesem seltenen grana-
dinischen Maler die denkbar grösste Unähnlichkeit haben. In der Er-
findung und Composition, nicht in der Farbe, erinnern sie an die
Vorgänger Rembrandts. In Sevilla sah ich die Zeichnung eines treff-
lichen Bildes, die Jünger zu Emaus, Halbfiguren, das früher für Velaz-
quez galt und unter diesem Namen ins Ausland verkauft wurde; es
stellte sich aber heraus, dass es von Antonio del Castillo war.

Kirchenbilder.

Die Annalen von Sevilla im Anfang des Jahrhunderts liefern
redende Beiträge zur Erklärung des Verfalls Spaniens. Da
scheint es, dass die Stadt, wenn es in diesem Zuge fortging, in
einem Jahrhundert in eine Thebais verwandelt sein müsse. Unter
dem schwachköpfigen Philipp III (el tercero santo) und seinem
Lerma erhoben sich die Klöster in Zahl und Umfang, wie nie
vor- und nachher; den in der Welt lebenden Christen wurden
ihre Städte zu eng. In die ersten zwölf Jahre des Jahrhunderts
(1600--11) fallen nicht weniger als neun Klostergründungen 1).
Sie erfolgten in der Regel nach langem und hartnäckigem Wider-
stand der Stadt wie des Erzbischofs und Kapitels, welches stets
"Berge von Schwierigkeiten" machte. Aber gegen Mönchszähig-
keit und das Geld gottseliger Witwen giebt es keine Rettung.

Die Maler freilich konnten sich diese Zustände gefallen
lassen. Auch der junge Diego begann seine Meisterjahre als
Kirchenmaler, und sogleich mit ehrenvollen Aufträgen. Seine
ersten Gemälde entstanden wol unter den Auspicien Pacheco's,
der sie gewiss als Eröffnung einer Laufbahn ansah, welche die
glorreiche eines Luis de Vargas erneuern werde. Der junge
Mann selbst kann sich damals seine Zukunft nicht anders vorge-
stellt haben. Des frommen Herrn gute Verbindungen bahnten
ihm sofort den Weg in eines der angesehensten Klöster. Diese

1) Zunniga, Anales de Sevilla. Tom. IV. Madrid 1796.

Kirchenbilder.
des historischen Genre behandelte und mit reicher landschaftlicher Sce-
nerie ausstattete. Die Verleugnung Petri im Museum zu Cordoba ist
eine echte Quartierscene in der Art des A. le Duck. Seine reichste
und besterhaltene Folge ist die Geschichte Josephs in sechs Bildern, im
Museum zu Madrid (2068—73), dort von Jemanden, dem solche Bilder
des hervorragendsten Meisters der Schule von Cordoba ganz unbekannt
waren, Pedro de Moya genannt, obwol sie mit diesem seltenen grana-
dinischen Maler die denkbar grösste Unähnlichkeit haben. In der Er-
findung und Composition, nicht in der Farbe, erinnern sie an die
Vorgänger Rembrandts. In Sevilla sah ich die Zeichnung eines treff-
lichen Bildes, die Jünger zu Emaus, Halbfiguren, das früher für Velaz-
quez galt und unter diesem Namen ins Ausland verkauft wurde; es
stellte sich aber heraus, dass es von Antonio del Castillo war.

Kirchenbilder.

Die Annalen von Sevilla im Anfang des Jahrhunderts liefern
redende Beiträge zur Erklärung des Verfalls Spaniens. Da
scheint es, dass die Stadt, wenn es in diesem Zuge fortging, in
einem Jahrhundert in eine Thebais verwandelt sein müsse. Unter
dem schwachköpfigen Philipp III (el tercero santo) und seinem
Lerma erhoben sich die Klöster in Zahl und Umfang, wie nie
vor- und nachher; den in der Welt lebenden Christen wurden
ihre Städte zu eng. In die ersten zwölf Jahre des Jahrhunderts
(1600—11) fallen nicht weniger als neun Klostergründungen 1).
Sie erfolgten in der Regel nach langem und hartnäckigem Wider-
stand der Stadt wie des Erzbischofs und Kapitels, welches stets
„Berge von Schwierigkeiten“ machte. Aber gegen Mönchszähig-
keit und das Geld gottseliger Witwen giebt es keine Rettung.

Die Maler freilich konnten sich diese Zustände gefallen
lassen. Auch der junge Diego begann seine Meisterjahre als
Kirchenmaler, und sogleich mit ehrenvollen Aufträgen. Seine
ersten Gemälde entstanden wol unter den Auspicien Pacheco’s,
der sie gewiss als Eröffnung einer Laufbahn ansah, welche die
glorreiche eines Luis de Vargas erneuern werde. Der junge
Mann selbst kann sich damals seine Zukunft nicht anders vorge-
stellt haben. Des frommen Herrn gute Verbindungen bahnten
ihm sofort den Weg in eines der angesehensten Klöster. Diese

1) Zúñiga, Anales de Sevilla. Tom. IV. Madrid 1796.
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[141/0161] Kirchenbilder. des historischen Genre behandelte und mit reicher landschaftlicher Sce- nerie ausstattete. Die Verleugnung Petri im Museum zu Cordoba ist eine echte Quartierscene in der Art des A. le Duck. Seine reichste und besterhaltene Folge ist die Geschichte Josephs in sechs Bildern, im Museum zu Madrid (2068—73), dort von Jemanden, dem solche Bilder des hervorragendsten Meisters der Schule von Cordoba ganz unbekannt waren, Pedro de Moya genannt, obwol sie mit diesem seltenen grana- dinischen Maler die denkbar grösste Unähnlichkeit haben. In der Er- findung und Composition, nicht in der Farbe, erinnern sie an die Vorgänger Rembrandts. In Sevilla sah ich die Zeichnung eines treff- lichen Bildes, die Jünger zu Emaus, Halbfiguren, das früher für Velaz- quez galt und unter diesem Namen ins Ausland verkauft wurde; es stellte sich aber heraus, dass es von Antonio del Castillo war. Kirchenbilder. Die Annalen von Sevilla im Anfang des Jahrhunderts liefern redende Beiträge zur Erklärung des Verfalls Spaniens. Da scheint es, dass die Stadt, wenn es in diesem Zuge fortging, in einem Jahrhundert in eine Thebais verwandelt sein müsse. Unter dem schwachköpfigen Philipp III (el tercero santo) und seinem Lerma erhoben sich die Klöster in Zahl und Umfang, wie nie vor- und nachher; den in der Welt lebenden Christen wurden ihre Städte zu eng. In die ersten zwölf Jahre des Jahrhunderts (1600—11) fallen nicht weniger als neun Klostergründungen 1). Sie erfolgten in der Regel nach langem und hartnäckigem Wider- stand der Stadt wie des Erzbischofs und Kapitels, welches stets „Berge von Schwierigkeiten“ machte. Aber gegen Mönchszähig- keit und das Geld gottseliger Witwen giebt es keine Rettung. Die Maler freilich konnten sich diese Zustände gefallen lassen. Auch der junge Diego begann seine Meisterjahre als Kirchenmaler, und sogleich mit ehrenvollen Aufträgen. Seine ersten Gemälde entstanden wol unter den Auspicien Pacheco’s, der sie gewiss als Eröffnung einer Laufbahn ansah, welche die glorreiche eines Luis de Vargas erneuern werde. Der junge Mann selbst kann sich damals seine Zukunft nicht anders vorge- stellt haben. Des frommen Herrn gute Verbindungen bahnten ihm sofort den Weg in eines der angesehensten Klöster. Diese 1) Zúñiga, Anales de Sevilla. Tom. IV. Madrid 1796.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/161>, abgerufen am 25.11.2024.