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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Zweites Buch.
Zwei Reisen nach Madrid.

Nach Ablauf seiner fünf Lehrjahre bei Pacheco (1613--18)
war unser Diego in noch engere Beziehungen zu seinem Meister
getreten. Dieser hatte eine, wie es scheint, einzige Tochter,
Joana de Miranda; er kam auf den Gedanken, die Gelegenheit
nicht vorbeigehn zu lassen, einem so wolgesitteten und vielver-
heissenden Jüngling von guter Familie die Zukunft des Kindes
anzuvertrauen. "Nach fünf Jahren Erziehung und Unterweisung
verheirathete ich ihn mit meiner Tochter, bestimmt durch seine
Jugend, Reinheit und guten Anlagen, und die Hoffnung seines
natürlichen und grossen Genies" (I, 134). Die Vermählung fand
statt am 23. April 1618 in S. Miguel, in demselben Jahre, an
dessen erstem Tage Murillo in der St. Magdalenenpfarrei zu
Sevilla getauft wurde. Unter den Zeugen findet sich der Name
des Dichters und Licenziaten Francisco de Rioja. Die Frucht
der Ehe waren zwei Töchter, beide in Sevilla geboren, Francisca,
am 18. Mai 1619, und Ignacia, am 19. Januar 1621. Letztere wurde
wegen Lebensgefahr der Mutter und des Kindes im Hause ge-
tauft. Ihr Pathe war Juan Velazquez de Silva. (Asensio, Pa-
checo. 28 ff.)

Eine solche Verbindung des neunzehnjährigen, nicht vermö-
genden Jünglings lässt schwerlich auf hochfliegenden Ehrgeiz
schliessen. In jenen ersten Jahren ehelichen Glücks mag ihm
auch wol keine andere Zukunft vorgeschwebt haben, als die
eines Provinzialmalers.

Ueberblickt man indess jene Bilder, die aus seiner vier
bis fünfjährigen Thätigkeit in der Vaterstadt übrig sind, so kann
man sich des Eindruckes nicht erwehren: So viel Anklang sie
schon wegen der Neuheit des Stils und des echt nationalen
cachet finden mochten: allmählich musste in dem jungen Maler
die Frage aufsteigen: ob nicht sein Schutzgeist noch andere Aus-
sichten für ihn habe, als die, fünfzig Jahre lang solche Bilder

Zweites Buch.
Zwei Reisen nach Madrid.

Nach Ablauf seiner fünf Lehrjahre bei Pacheco (1613—18)
war unser Diego in noch engere Beziehungen zu seinem Meister
getreten. Dieser hatte eine, wie es scheint, einzige Tochter,
Joana de Miranda; er kam auf den Gedanken, die Gelegenheit
nicht vorbeigehn zu lassen, einem so wolgesitteten und vielver-
heissenden Jüngling von guter Familie die Zukunft des Kindes
anzuvertrauen. „Nach fünf Jahren Erziehung und Unterweisung
verheirathete ich ihn mit meiner Tochter, bestimmt durch seine
Jugend, Reinheit und guten Anlagen, und die Hoffnung seines
natürlichen und grossen Genies“ (I, 134). Die Vermählung fand
statt am 23. April 1618 in S. Miguel, in demselben Jahre, an
dessen erstem Tage Murillo in der St. Magdalenenpfarrei zu
Sevilla getauft wurde. Unter den Zeugen findet sich der Name
des Dichters und Licenziaten Francisco de Rioja. Die Frucht
der Ehe waren zwei Töchter, beide in Sevilla geboren, Francisca,
am 18. Mai 1619, und Ignacia, am 19. Januar 1621. Letztere wurde
wegen Lebensgefahr der Mutter und des Kindes im Hause ge-
tauft. Ihr Pathe war Juan Velazquez de Silva. (Asensio, Pa-
checo. 28 ff.)

Eine solche Verbindung des neunzehnjährigen, nicht vermö-
genden Jünglings lässt schwerlich auf hochfliegenden Ehrgeiz
schliessen. In jenen ersten Jahren ehelichen Glücks mag ihm
auch wol keine andere Zukunft vorgeschwebt haben, als die
eines Provinzialmalers.

Ueberblickt man indess jene Bilder, die aus seiner vier
bis fünfjährigen Thätigkeit in der Vaterstadt übrig sind, so kann
man sich des Eindruckes nicht erwehren: So viel Anklang sie
schon wegen der Neuheit des Stils und des echt nationalen
cachet finden mochten: allmählich musste in dem jungen Maler
die Frage aufsteigen: ob nicht sein Schutzgeist noch andere Aus-
sichten für ihn habe, als die, fünfzig Jahre lang solche Bilder

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[158/0178] Zweites Buch. Zwei Reisen nach Madrid. Nach Ablauf seiner fünf Lehrjahre bei Pacheco (1613—18) war unser Diego in noch engere Beziehungen zu seinem Meister getreten. Dieser hatte eine, wie es scheint, einzige Tochter, Joana de Miranda; er kam auf den Gedanken, die Gelegenheit nicht vorbeigehn zu lassen, einem so wolgesitteten und vielver- heissenden Jüngling von guter Familie die Zukunft des Kindes anzuvertrauen. „Nach fünf Jahren Erziehung und Unterweisung verheirathete ich ihn mit meiner Tochter, bestimmt durch seine Jugend, Reinheit und guten Anlagen, und die Hoffnung seines natürlichen und grossen Genies“ (I, 134). Die Vermählung fand statt am 23. April 1618 in S. Miguel, in demselben Jahre, an dessen erstem Tage Murillo in der St. Magdalenenpfarrei zu Sevilla getauft wurde. Unter den Zeugen findet sich der Name des Dichters und Licenziaten Francisco de Rioja. Die Frucht der Ehe waren zwei Töchter, beide in Sevilla geboren, Francisca, am 18. Mai 1619, und Ignacia, am 19. Januar 1621. Letztere wurde wegen Lebensgefahr der Mutter und des Kindes im Hause ge- tauft. Ihr Pathe war Juan Velazquez de Silva. (Asensio, Pa- checo. 28 ff.) Eine solche Verbindung des neunzehnjährigen, nicht vermö- genden Jünglings lässt schwerlich auf hochfliegenden Ehrgeiz schliessen. In jenen ersten Jahren ehelichen Glücks mag ihm auch wol keine andere Zukunft vorgeschwebt haben, als die eines Provinzialmalers. Ueberblickt man indess jene Bilder, die aus seiner vier bis fünfjährigen Thätigkeit in der Vaterstadt übrig sind, so kann man sich des Eindruckes nicht erwehren: So viel Anklang sie schon wegen der Neuheit des Stils und des echt nationalen cachet finden mochten: allmählich musste in dem jungen Maler die Frage aufsteigen: ob nicht sein Schutzgeist noch andere Aus- sichten für ihn habe, als die, fünfzig Jahre lang solche Bilder

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/178>, abgerufen am 26.11.2024.