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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Drittes Buch.
demselben Porta ist der Baldachin über der Confession. Wir gingen auch
in die Mosaikfabrik, wo wir Marcello Provenzale aus Cento damit be-
schäftigt fanden, das Schiff des Petrus von Meister Giotto wiederherzu-
stellen. Diess war, als man es in dem Hof der alten Basilica abgenommen
hatte, zerbrochen worden; bisher befand es sich an der Mauer des Pa-
lastes, dem Wetter ausgesetzt. Jetzt, nachdem die Figur des Petrus,
des Fischers und des Winds ergänzt worden sind, soll es in die neue
Vorhalle über den Eingang kommen.

"Man sprach viel von den grossen Plänen des Lorenzo Bernini, der
ganz in meinem Alter ist. Da er im Anfang dieses Jahres zum Ar-
chitekten der vaticanischen Basilica und des apostolischen Palastes er-
nannt worden ist und Seine Heiligkeit ihn sehr liebt, so werden diese
Pläne nicht auf dem Papier bleiben. Nach seiner Erhebung soll er zu
ihm gesagt haben: "Es ist ein grosses Glück für den Cavalier, den Car-
dinal Maffeo Barberini als Pabst zu sehen, aber weit grösser ist das
unsrige, dass der Cavalier Bernini in unserm Pontifikate lebt."



"Am folgenden Tag in der Früh hörte ich die h. Messe in unserer
Nationalkirche S. Jago an der Piazza Navona. Ich traf dort einen
Jesuitenpater aus Salamanca, mit dem ich die Kapelle S. Diego besah,
wo Francesco Albani seine ersten Malereien hier ausgeführt hat, nach den
Cartons des Hannibal, dessen Kräfte damals für die Freskomalerei nicht
mehr ausreichten 1). Da die Kirche S. Maria della Pace in der Nähe
liegt, so schlug mir der Pater vor dorthin zu gehen, wo derselbe Maler,
der eben wieder nach Rom zurückgekehrt sei, an der Decke über dem
Hochaltar arbeite. Wir sahen in der Sakristei Cartons zu einem Fries
von lieblichen Engelkindern. Als wir von da in die Kirche der Anima
gingen, trafen wir einen Deutschen Namens Sigismundo Laire aus Bayern,
der seit lange von unsern Vätern von der Gesellschaft beschäftigt wird.
Er zeigte uns in seiner Wohnung eine Menge feiner Bildchen auf Lapis,
Smaragd, Carneol, besonders aber Kupfer, nach den Originalen, die diese
Stadt von S. Lucas besitzt, und die unsere Glaubensboten mit nach
Indien nehmen. Wir unterhielten uns hier lange von der Künstlerrepublik
Roms. Der Pater erzählte mir von den Annehmlichkeiten des Lebens
der Maler in Rom, mit dem in dieser Beziehung keine Stadt der Welt
verglichen werden könne. Es sei in der That, wie die Römer sagten,
die Stadt des Talents und der Ehre (la citta di Virtu e d' Honore).

1) Sie sind neuerdings abgenommen und theils in die Kirche del Monserrato,
zum grössern Theil aber in die städtische Galerie von Barcelona gebracht worden.

Drittes Buch.
demselben Porta ist der Baldachin über der Confession. Wir gingen auch
in die Mosaikfabrik, wo wir Marcello Provenzale aus Cento damit be-
schäftigt fanden, das Schiff des Petrus von Meister Giotto wiederherzu-
stellen. Diess war, als man es in dem Hof der alten Basilica abgenommen
hatte, zerbrochen worden; bisher befand es sich an der Mauer des Pa-
lastes, dem Wetter ausgesetzt. Jetzt, nachdem die Figur des Petrus,
des Fischers und des Winds ergänzt worden sind, soll es in die neue
Vorhalle über den Eingang kommen.

„Man sprach viel von den grossen Plänen des Lorenzo Bernini, der
ganz in meinem Alter ist. Da er im Anfang dieses Jahres zum Ar-
chitekten der vaticanischen Basilica und des apostolischen Palastes er-
nannt worden ist und Seine Heiligkeit ihn sehr liebt, so werden diese
Pläne nicht auf dem Papier bleiben. Nach seiner Erhebung soll er zu
ihm gesagt haben: „Es ist ein grosses Glück für den Cavalier, den Car-
dinal Maffeo Barberini als Pabst zu sehen, aber weit grösser ist das
unsrige, dass der Cavalier Bernini in unserm Pontifikate lebt.“



„Am folgenden Tag in der Früh hörte ich die h. Messe in unserer
Nationalkirche S. Jago an der Piazza Navona. Ich traf dort einen
Jesuitenpater aus Salamanca, mit dem ich die Kapelle S. Diego besah,
wo Francesco Albani seine ersten Malereien hier ausgeführt hat, nach den
Cartons des Hannibal, dessen Kräfte damals für die Freskomalerei nicht
mehr ausreichten 1). Da die Kirche S. Maria della Pace in der Nähe
liegt, so schlug mir der Pater vor dorthin zu gehen, wo derselbe Maler,
der eben wieder nach Rom zurückgekehrt sei, an der Decke über dem
Hochaltar arbeite. Wir sahen in der Sakristei Cartons zu einem Fries
von lieblichen Engelkindern. Als wir von da in die Kirche der Anima
gingen, trafen wir einen Deutschen Namens Sigismundo Laire aus Bayern,
der seit lange von unsern Vätern von der Gesellschaft beschäftigt wird.
Er zeigte uns in seiner Wohnung eine Menge feiner Bildchen auf Lapis,
Smaragd, Carneol, besonders aber Kupfer, nach den Originalen, die diese
Stadt von S. Lucas besitzt, und die unsere Glaubensboten mit nach
Indien nehmen. Wir unterhielten uns hier lange von der Künstlerrepublik
Roms. Der Pater erzählte mir von den Annehmlichkeiten des Lebens
der Maler in Rom, mit dem in dieser Beziehung keine Stadt der Welt
verglichen werden könne. Es sei in der That, wie die Römer sagten,
die Stadt des Talents und der Ehre (la città di Virtù e d’ Honore).

1) Sie sind neuerdings abgenommen und theils in die Kirche del Monserrato,
zum grössern Theil aber in die städtische Galerie von Barcelona gebracht worden.
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[286/0312] Drittes Buch. demselben Porta ist der Baldachin über der Confession. Wir gingen auch in die Mosaikfabrik, wo wir Marcello Provenzale aus Cento damit be- schäftigt fanden, das Schiff des Petrus von Meister Giotto wiederherzu- stellen. Diess war, als man es in dem Hof der alten Basilica abgenommen hatte, zerbrochen worden; bisher befand es sich an der Mauer des Pa- lastes, dem Wetter ausgesetzt. Jetzt, nachdem die Figur des Petrus, des Fischers und des Winds ergänzt worden sind, soll es in die neue Vorhalle über den Eingang kommen. „Man sprach viel von den grossen Plänen des Lorenzo Bernini, der ganz in meinem Alter ist. Da er im Anfang dieses Jahres zum Ar- chitekten der vaticanischen Basilica und des apostolischen Palastes er- nannt worden ist und Seine Heiligkeit ihn sehr liebt, so werden diese Pläne nicht auf dem Papier bleiben. Nach seiner Erhebung soll er zu ihm gesagt haben: „Es ist ein grosses Glück für den Cavalier, den Car- dinal Maffeo Barberini als Pabst zu sehen, aber weit grösser ist das unsrige, dass der Cavalier Bernini in unserm Pontifikate lebt.“ „Am folgenden Tag in der Früh hörte ich die h. Messe in unserer Nationalkirche S. Jago an der Piazza Navona. Ich traf dort einen Jesuitenpater aus Salamanca, mit dem ich die Kapelle S. Diego besah, wo Francesco Albani seine ersten Malereien hier ausgeführt hat, nach den Cartons des Hannibal, dessen Kräfte damals für die Freskomalerei nicht mehr ausreichten 1). Da die Kirche S. Maria della Pace in der Nähe liegt, so schlug mir der Pater vor dorthin zu gehen, wo derselbe Maler, der eben wieder nach Rom zurückgekehrt sei, an der Decke über dem Hochaltar arbeite. Wir sahen in der Sakristei Cartons zu einem Fries von lieblichen Engelkindern. Als wir von da in die Kirche der Anima gingen, trafen wir einen Deutschen Namens Sigismundo Laire aus Bayern, der seit lange von unsern Vätern von der Gesellschaft beschäftigt wird. Er zeigte uns in seiner Wohnung eine Menge feiner Bildchen auf Lapis, Smaragd, Carneol, besonders aber Kupfer, nach den Originalen, die diese Stadt von S. Lucas besitzt, und die unsere Glaubensboten mit nach Indien nehmen. Wir unterhielten uns hier lange von der Künstlerrepublik Roms. Der Pater erzählte mir von den Annehmlichkeiten des Lebens der Maler in Rom, mit dem in dieser Beziehung keine Stadt der Welt verglichen werden könne. Es sei in der That, wie die Römer sagten, die Stadt des Talents und der Ehre (la città di Virtù e d’ Honore). 1) Sie sind neuerdings abgenommen und theils in die Kirche del Monserrato, zum grössern Theil aber in die städtische Galerie von Barcelona gebracht worden.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/312>, abgerufen am 24.11.2024.