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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Buen Retiro.
Im August 1634 brachte man aus Aranjuez die berühmte Bronze-
statue Leone Leonis "Carl V mit der Ketzerei zu seinen Füssen",
und dem abnehmbaren Harnisch, ebenso die seiner Gemahlin
Isabella, Philipp II und seiner Tante Maria von Ungarn; später
(1638) die antiken Büsten. Eine Statue des Königs selbst, die er
für die Facade des neuen Gefängnisses bestimmt hatte, wanderte
jetzt in den Garten.

Dann aber wurden die Granden, die Finanzpächter, meist
Genueser, die Herren des Hofs zum Verkauf, noch lieber zur
Schenkung der besten, altererbten oder selbsterworbenen Stücke
ihrer camarines eingeladen. Da Olivares für seine Person keine
Geschenke annahm, so kann man sich vorstellen, wie leicht man-
chem das Herz wurde, als sich dieser neue Weg aufthat, ihm ge-
fällig zu sein. Der Herkules, auf dessen mächtigen Schultern
die Last der grossen Staatsmaschine ruhte, hörte jetzt lieber von
den Festen des Carneval und der Johannisnacht in seinem Retiro,
von kostbaren bufetes, florentinischen Mosaiktischen und alten
Tapeten, als von Geschäften, deren Vortrag ihn verstimmte; man
sah den schweren, finstern Mann mit Staunen im Kreis von Buf-
fonen und Comödianten. Manche aber zitterten auch. Der Au-
ditor Tejada liess in der Geschwindigkeit seine besten Gemälde
kopiren, und täuschte wirklich den einsammelnden Condestabile;
im Palast wurde freilich der Betrug entdeckt. Das reichste Haus
in dieser Beziehung war das des Leganes, dessen Schätze aus
Flandern, Deutschland, Italien, der ganzen Welt zusammenge-
bracht waren; ihn rettete seine Frau, die alles für ihre Mitgift
und einzige Habe erklärte und die Commissäre zum Rückzug
bewog. Ihr Mann kaufte sich los mit einer kostbaren Tapisserie.
Die Kapelle stattete der Präsident von Castilien aus; D. Fadrique
de Toledo erhielt für die Porzellaneinrichtung eines Gemachs
19000 Escudos, und für eine Tapete 25000; er gab sie erst heraus,
als er das Geld in Händen hatte (7. Dec. 1633).

Es war Herkommen, dass im Kabinet des Königs immer
ein Schränkchen mit Dublonen stand. Auf Antrieb des Ministers
vereinigten sich die Herrn der Junta de obras y bosques, der Oydor
Gonzalez und mehrere Günstlinge, im Ganzen sechzig Personen,
S. Majestät ein solches studiolo zu verehren. Es war von Eben-
holz, Elfenbein und Krystall; Schlösser und Schlüssel, Säulchen und
Statuetten von Gold und Silber, und in jedem Schubfach lagen
fünfhundert Goldstücke (zusammen dreissigtausend) nebst einem
Zettel mit der Geber Namen.


Buen Retiro.
Im August 1634 brachte man aus Aranjuez die berühmte Bronze-
statue Leone Leonis „Carl V mit der Ketzerei zu seinen Füssen“,
und dem abnehmbaren Harnisch, ebenso die seiner Gemahlin
Isabella, Philipp II und seiner Tante Maria von Ungarn; später
(1638) die antiken Büsten. Eine Statue des Königs selbst, die er
für die Façade des neuen Gefängnisses bestimmt hatte, wanderte
jetzt in den Garten.

Dann aber wurden die Granden, die Finanzpächter, meist
Genueser, die Herren des Hofs zum Verkauf, noch lieber zur
Schenkung der besten, altererbten oder selbsterworbenen Stücke
ihrer camarines eingeladen. Da Olivares für seine Person keine
Geschenke annahm, so kann man sich vorstellen, wie leicht man-
chem das Herz wurde, als sich dieser neue Weg aufthat, ihm ge-
fällig zu sein. Der Herkules, auf dessen mächtigen Schultern
die Last der grossen Staatsmaschine ruhte, hörte jetzt lieber von
den Festen des Carneval und der Johannisnacht in seinem Retiro,
von kostbaren bufetes, florentinischen Mosaiktischen und alten
Tapeten, als von Geschäften, deren Vortrag ihn verstimmte; man
sah den schweren, finstern Mann mit Staunen im Kreis von Buf-
fonen und Comödianten. Manche aber zitterten auch. Der Au-
ditor Tejada liess in der Geschwindigkeit seine besten Gemälde
kopiren, und täuschte wirklich den einsammelnden Condestabile;
im Palast wurde freilich der Betrug entdeckt. Das reichste Haus
in dieser Beziehung war das des Leganés, dessen Schätze aus
Flandern, Deutschland, Italien, der ganzen Welt zusammenge-
bracht waren; ihn rettete seine Frau, die alles für ihre Mitgift
und einzige Habe erklärte und die Commissäre zum Rückzug
bewog. Ihr Mann kaufte sich los mit einer kostbaren Tapisserie.
Die Kapelle stattete der Präsident von Castilien aus; D. Fadrique
de Toledo erhielt für die Porzellaneinrichtung eines Gemachs
19000 Escudos, und für eine Tapete 25000; er gab sie erst heraus,
als er das Geld in Händen hatte (7. Dec. 1633).

Es war Herkommen, dass im Kabinet des Königs immer
ein Schränkchen mit Dublonen stand. Auf Antrieb des Ministers
vereinigten sich die Herrn der Junta de obras y bosques, der Oydor
Gonzalez und mehrere Günstlinge, im Ganzen sechzig Personen,
S. Majestät ein solches studiolo zu verehren. Es war von Eben-
holz, Elfenbein und Krystall; Schlösser und Schlüssel, Säulchen und
Statuetten von Gold und Silber, und in jedem Schubfach lagen
fünfhundert Goldstücke (zusammen dreissigtausend) nebst einem
Zettel mit der Geber Namen.


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[343/0369] Buen Retiro. Im August 1634 brachte man aus Aranjuez die berühmte Bronze- statue Leone Leonis „Carl V mit der Ketzerei zu seinen Füssen“, und dem abnehmbaren Harnisch, ebenso die seiner Gemahlin Isabella, Philipp II und seiner Tante Maria von Ungarn; später (1638) die antiken Büsten. Eine Statue des Königs selbst, die er für die Façade des neuen Gefängnisses bestimmt hatte, wanderte jetzt in den Garten. Dann aber wurden die Granden, die Finanzpächter, meist Genueser, die Herren des Hofs zum Verkauf, noch lieber zur Schenkung der besten, altererbten oder selbsterworbenen Stücke ihrer camarines eingeladen. Da Olivares für seine Person keine Geschenke annahm, so kann man sich vorstellen, wie leicht man- chem das Herz wurde, als sich dieser neue Weg aufthat, ihm ge- fällig zu sein. Der Herkules, auf dessen mächtigen Schultern die Last der grossen Staatsmaschine ruhte, hörte jetzt lieber von den Festen des Carneval und der Johannisnacht in seinem Retiro, von kostbaren bufetes, florentinischen Mosaiktischen und alten Tapeten, als von Geschäften, deren Vortrag ihn verstimmte; man sah den schweren, finstern Mann mit Staunen im Kreis von Buf- fonen und Comödianten. Manche aber zitterten auch. Der Au- ditor Tejada liess in der Geschwindigkeit seine besten Gemälde kopiren, und täuschte wirklich den einsammelnden Condestabile; im Palast wurde freilich der Betrug entdeckt. Das reichste Haus in dieser Beziehung war das des Leganés, dessen Schätze aus Flandern, Deutschland, Italien, der ganzen Welt zusammenge- bracht waren; ihn rettete seine Frau, die alles für ihre Mitgift und einzige Habe erklärte und die Commissäre zum Rückzug bewog. Ihr Mann kaufte sich los mit einer kostbaren Tapisserie. Die Kapelle stattete der Präsident von Castilien aus; D. Fadrique de Toledo erhielt für die Porzellaneinrichtung eines Gemachs 19000 Escudos, und für eine Tapete 25000; er gab sie erst heraus, als er das Geld in Händen hatte (7. Dec. 1633). Es war Herkommen, dass im Kabinet des Königs immer ein Schränkchen mit Dublonen stand. Auf Antrieb des Ministers vereinigten sich die Herrn der Junta de obras y bosques, der Oydor Gonzalez und mehrere Günstlinge, im Ganzen sechzig Personen, S. Majestät ein solches studiolo zu verehren. Es war von Eben- holz, Elfenbein und Krystall; Schlösser und Schlüssel, Säulchen und Statuetten von Gold und Silber, und in jedem Schubfach lagen fünfhundert Goldstücke (zusammen dreissigtausend) nebst einem Zettel mit der Geber Namen.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/369>, abgerufen am 24.11.2024.