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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Viertes Buch.
aus, dessen stille Fläche die Ufer sehr klar spiegelt. Eine
Barke mit rotmützigen Ruderknechten wartet am Ufer. Links
steht ein Cavalier, dem eine Dame aus dem Mantel heraus die
Hand reicht. Gegenüber schaut eine weisse Marmorstatue von
ihrem Postament herab.

Das Gegenstück hat den Blick von der Terrasse auf einen
weissen Palast mit zwei Flügeln. Vorn Jupiter mit dem Donner-
keil. An der Balustrade der Terrasse lehnt ein Paar. Links
vorn sitzt eine Frau mit ausgeschnittenem Kleid im Gras, vor
sich einen Korb mit Rosen und ein Kind.

Zwei viel grössere und ausgeführtere Parkbilder versetzen
uns auf die Insel von Aranjuez, diese Oase in der Wüste Casti-
liens, die Schöpfung Philipp II.

Nr. 1109 ist eine Ansicht der berühmten Fontäne, des Tri-
tonenbrunnens
, der jetzt, in verstümmeltem Zustand, im Jardin
del Moro unter dem Schloss aufgestellt worden ist. Eine Gruppe
schlanker weisser Erlen mit ihren dünnen Kronen, über und
über mit Epheu behängt und eine Art Gitter formend, durch
welches das lichte Blau und Abendgold des klaren Himmels
einströmt, umringen und beschatten ein grosses viereckiges
Becken, in dessen Mitte aus der Riesenmuschel auf dreieckiger
Basis ein weisser Marmorbrunnen kühn emporstrebt 1). Er wurde
gespeist vom Wasser des Tajo. Säulengruppen, von Nymphen als
Karyatiden umringt, tragen zwei Schalen, die untere mit einem
Relief schwimmender Sirenen, an Delphine sich anklammernd.
Im Gipfel sendet eine Figur den Wasserstrahl empor, der in das
obere Becken herabsinkt, über den Rand in Silberfäden die
untere Schale füllt, und aus dieser in die Muscheln überspringt,
welche drei Tritonen, auf Schilde gestützt, auf der Schulter
tragen. Noch vier kleine Wasserstrahlen steigen aus den Ecken
des Bassins empor.

Diesen Tritonenbrunnen liess nach der Inschrift auf der
Basis der König 1657 hier aufstellen 2).

Im Wurzelmoos am vordersten Stamm sitzt eine Dame, der
ihr Cavalier einen Rosenstrauss überreicht. Zwei andere, die

1) Viel lichter sieht die Partie aus in L. Meusnier, Veue du Palais Jardins,
et Fontaine Darangouesse, Dess. el graue sur les lieux. Paris 1665.
2) Am Denkmal selbst steht: El Rey No. Sr. d. Fel. IV. mando poner esta
fuente = este anno del Sr. de 1657 = siendo Gobernador D. Garcia de Brizuela
y Cardenas. Auf dem Bilde: por mandado de su mag. ann. 1657.

Viertes Buch.
aus, dessen stille Fläche die Ufer sehr klar spiegelt. Eine
Barke mit rotmützigen Ruderknechten wartet am Ufer. Links
steht ein Cavalier, dem eine Dame aus dem Mantel heraus die
Hand reicht. Gegenüber schaut eine weisse Marmorstatue von
ihrem Postament herab.

Das Gegenstück hat den Blick von der Terrasse auf einen
weissen Palast mit zwei Flügeln. Vorn Jupiter mit dem Donner-
keil. An der Balustrade der Terrasse lehnt ein Paar. Links
vorn sitzt eine Frau mit ausgeschnittenem Kleid im Gras, vor
sich einen Korb mit Rosen und ein Kind.

Zwei viel grössere und ausgeführtere Parkbilder versetzen
uns auf die Insel von Aranjuez, diese Oase in der Wüste Casti-
liens, die Schöpfung Philipp II.

Nr. 1109 ist eine Ansicht der berühmten Fontäne, des Tri-
tonenbrunnens
, der jetzt, in verstümmeltem Zustand, im Jardin
del Moro unter dem Schloss aufgestellt worden ist. Eine Gruppe
schlanker weisser Erlen mit ihren dünnen Kronen, über und
über mit Epheu behängt und eine Art Gitter formend, durch
welches das lichte Blau und Abendgold des klaren Himmels
einströmt, umringen und beschatten ein grosses viereckiges
Becken, in dessen Mitte aus der Riesenmuschel auf dreieckiger
Basis ein weisser Marmorbrunnen kühn emporstrebt 1). Er wurde
gespeist vom Wasser des Tajo. Säulengruppen, von Nymphen als
Karyatiden umringt, tragen zwei Schalen, die untere mit einem
Relief schwimmender Sirenen, an Delphine sich anklammernd.
Im Gipfel sendet eine Figur den Wasserstrahl empor, der in das
obere Becken herabsinkt, über den Rand in Silberfäden die
untere Schale füllt, und aus dieser in die Muscheln überspringt,
welche drei Tritonen, auf Schilde gestützt, auf der Schulter
tragen. Noch vier kleine Wasserstrahlen steigen aus den Ecken
des Bassins empor.

Diesen Tritonenbrunnen liess nach der Inschrift auf der
Basis der König 1657 hier aufstellen 2).

Im Wurzelmoos am vordersten Stamm sitzt eine Dame, der
ihr Cavalier einen Rosenstrauss überreicht. Zwei andere, die

1) Viel lichter sieht die Partie aus in L. Meusnier, Veue du Palais Jardins,
et Fontaine Darangouesse, Dess. el grauè sur les lieux. Paris 1665.
2) Am Denkmal selbst steht: El Rey No. Sr. d. Fel. IV. mandó poner esta
fuente = este año del Sr. de 1657 = siendo Gobernador D. Garcia de Brizuela
y Cárdenas. Auf dem Bilde: por mandado de su mag. añ. 1657.
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[352/0378] Viertes Buch. aus, dessen stille Fläche die Ufer sehr klar spiegelt. Eine Barke mit rotmützigen Ruderknechten wartet am Ufer. Links steht ein Cavalier, dem eine Dame aus dem Mantel heraus die Hand reicht. Gegenüber schaut eine weisse Marmorstatue von ihrem Postament herab. Das Gegenstück hat den Blick von der Terrasse auf einen weissen Palast mit zwei Flügeln. Vorn Jupiter mit dem Donner- keil. An der Balustrade der Terrasse lehnt ein Paar. Links vorn sitzt eine Frau mit ausgeschnittenem Kleid im Gras, vor sich einen Korb mit Rosen und ein Kind. Zwei viel grössere und ausgeführtere Parkbilder versetzen uns auf die Insel von Aranjuez, diese Oase in der Wüste Casti- liens, die Schöpfung Philipp II. Nr. 1109 ist eine Ansicht der berühmten Fontäne, des Tri- tonenbrunnens, der jetzt, in verstümmeltem Zustand, im Jardin del Moro unter dem Schloss aufgestellt worden ist. Eine Gruppe schlanker weisser Erlen mit ihren dünnen Kronen, über und über mit Epheu behängt und eine Art Gitter formend, durch welches das lichte Blau und Abendgold des klaren Himmels einströmt, umringen und beschatten ein grosses viereckiges Becken, in dessen Mitte aus der Riesenmuschel auf dreieckiger Basis ein weisser Marmorbrunnen kühn emporstrebt 1). Er wurde gespeist vom Wasser des Tajo. Säulengruppen, von Nymphen als Karyatiden umringt, tragen zwei Schalen, die untere mit einem Relief schwimmender Sirenen, an Delphine sich anklammernd. Im Gipfel sendet eine Figur den Wasserstrahl empor, der in das obere Becken herabsinkt, über den Rand in Silberfäden die untere Schale füllt, und aus dieser in die Muscheln überspringt, welche drei Tritonen, auf Schilde gestützt, auf der Schulter tragen. Noch vier kleine Wasserstrahlen steigen aus den Ecken des Bassins empor. Diesen Tritonenbrunnen liess nach der Inschrift auf der Basis der König 1657 hier aufstellen 2). Im Wurzelmoos am vordersten Stamm sitzt eine Dame, der ihr Cavalier einen Rosenstrauss überreicht. Zwei andere, die 1) Viel lichter sieht die Partie aus in L. Meusnier, Veue du Palais Jardins, et Fontaine Darangouesse, Dess. el grauè sur les lieux. Paris 1665. 2) Am Denkmal selbst steht: El Rey No. Sr. d. Fel. IV. mandó poner esta fuente = este año del Sr. de 1657 = siendo Gobernador D. Garcia de Brizuela y Cárdenas. Auf dem Bilde: por mandado de su mag. añ. 1657.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/378>, abgerufen am 24.11.2024.