Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.Die mittelalterliche Kunst. jedoch alterthümlicher. Der Retablo der Capelle im Collegdes Maese Rodrigo zeigt in seinen zahlreichen Einzelfiguren Köpfe von gequälter Durcharbeitung der Züge und des Aus- drucks, lebhafte, fast heftige Bewegungen. Bekannt ist die landschaftlich und mit Nebenscenen reich ausgestattete Klage in der Kapelle Sa. Cruz von Pedro Fernandez de Guadalupe (1527). Wer aber jener Jungfrau mit der weissen Rose ebenbürtige Das folgende Zeitalter, ganz in Anspruch genommen von 1) Die heil. Catharina gleicht in der Stellung und auch sonst der Figur der christlichen Religion in dem Fresco Veit's im Frankfurter Museum. 2) Vielleicht ist der Maler auch jener Pedro Fernandez de Guadalupe. --
Während diese köstlichen Denkmäler der altspanischen Schule nirgend erwähnt werden, hat man z. B. die werthlosen Wandmalereien in Santiponce in einer wun- derlichen, ja unverständlichen Weise gepriesen und copiren lassen. Es sind auf einem schlechten Grund von lockerem Mörtel und Stroh mit schlechten Farben gemalte Heiligenfiguren, an denen sämmtliche Köpfe weggekratzt sind. Man hat nicht gesehn, dass das noch ganz erhaltene Abendmahl im Refectorium von derselben Hand ist, wahrscheinlich der eines zurückgebliebenen Wandermalers, oder eines klösterlichen Dilettanten. Die mittelalterliche Kunst. jedoch alterthümlicher. Der Retablo der Capelle im Collegdes Maese Rodrigo zeigt in seinen zahlreichen Einzelfiguren Köpfe von gequälter Durcharbeitung der Züge und des Aus- drucks, lebhafte, fast heftige Bewegungen. Bekannt ist die landschaftlich und mit Nebenscenen reich ausgestattete Klage in der Kapelle Sa. Cruz von Pedro Fernandez de Guadalupe (1527). Wer aber jener Jungfrau mit der weissen Rose ebenbürtige Das folgende Zeitalter, ganz in Anspruch genommen von 1) Die heil. Catharina gleicht in der Stellung und auch sonst der Figur der christlichen Religion in dem Fresco Veit’s im Frankfurter Museum. 2) Vielleicht ist der Maler auch jener Pedro Fernandez de Guadalupe. —
Während diese köstlichen Denkmäler der altspanischen Schule nirgend erwähnt werden, hat man z. B. die werthlosen Wandmalereien in Santiponce in einer wun- derlichen, ja unverständlichen Weise gepriesen und copiren lassen. Es sind auf einem schlechten Grund von lockerem Mörtel und Stroh mit schlechten Farben gemalte Heiligenfiguren, an denen sämmtliche Köpfe weggekratzt sind. Man hat nicht gesehn, dass das noch ganz erhaltene Abendmahl im Refectorium von derselben Hand ist, wahrscheinlich der eines zurückgebliebenen Wandermalers, oder eines klösterlichen Dilettanten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0061" n="41"/><fw place="top" type="header">Die mittelalterliche Kunst.</fw><lb/> jedoch alterthümlicher. Der Retablo der Capelle im Colleg<lb/> des Maese Rodrigo zeigt in seinen zahlreichen Einzelfiguren<lb/> Köpfe von gequälter Durcharbeitung der Züge und des Aus-<lb/> drucks, lebhafte, fast heftige Bewegungen. Bekannt ist die<lb/> landschaftlich und mit Nebenscenen reich ausgestattete Klage<lb/> in der Kapelle S<hi rendition="#sup">a</hi>. Cruz von Pedro Fernandez de Guadalupe (1527).</p><lb/> <p>Wer aber jener Jungfrau mit der weissen Rose ebenbürtige<lb/> Gestalten kennen lernen will, der muss sich in kleine Provinzial-<lb/> städte bemühen. In Ecija, Marchena, Carmona u. a. dürfte ihn<lb/> manche Ueberraschung erwarten. In S. Jago zu Ecija, in S. Juan<lb/> zu Marchena (über demselben Altar, wo jene acht flandrischen<lb/> Tafeln stehen) sieht man, auf den schrägen Seitenrahmen,<lb/> sechs Heiligenfiguren, die sich den edelsten florentinischen und<lb/> venezianischen des Quattrocento wohl an die Seite stellen können;<lb/> besonders die heiligen Frauen. Tadellose Verhältnisse, edle, von<lb/> sinnlichem Reiz geläuterte Schönheit — in Antlitz, Hals, Händen —<lb/> eine stille stolze Hoheit die zugleich Anmuth ist: selten ist das<lb/> Ideal der Heiligen, der Märtyrin so rein, so wahr interpretirt wor-<lb/> den<note place="foot" n="1)">Die heil. Catharina gleicht in der Stellung und auch sonst der Figur der<lb/> christlichen Religion in dem Fresco Veit’s im Frankfurter Museum.</note>; wahrlich, ein wahrer Schatz der Erinnerung sind diese ver-<lb/> gessenen Gestalten in den vergessenen Kirchen jener wenig selbst<lb/> von Einheimischen gesehenen Orte<note place="foot" n="2)">Vielleicht ist der Maler auch jener Pedro Fernandez de Guadalupe. —<lb/> Während diese köstlichen Denkmäler der altspanischen Schule nirgend erwähnt<lb/> werden, hat man z. B. die werthlosen Wandmalereien in Santiponce in einer wun-<lb/> derlichen, ja unverständlichen Weise gepriesen und copiren lassen. Es sind auf einem<lb/> schlechten Grund von lockerem Mörtel und Stroh mit schlechten Farben gemalte<lb/> Heiligenfiguren, an denen sämmtliche Köpfe weggekratzt sind. Man hat nicht gesehn,<lb/> dass das noch ganz erhaltene Abendmahl im Refectorium von derselben Hand ist,<lb/> wahrscheinlich der eines zurückgebliebenen Wandermalers, oder eines klösterlichen<lb/> Dilettanten.</note>. Man kann sich der Frage<lb/> nicht enthalten, warum man auf diesem Wege nicht noch eine Zeit<lb/> lang fortgegangen ist? Die Kunst jener bescheidenen Meister<lb/> hat nur wenige Jahrzehnte bestanden, um einem langen Jahr-<lb/> hundert frostig gelehrter Manier Platz zu machen. Anderthalb<lb/> Jahrhunderte später hat ein begnadigter Künstler die echte<lb/> spanische Heilige wiedererweckt, aber sie hat mehr Antheil am<lb/> Erdgeist.</p><lb/> <p>Das folgende Zeitalter, ganz in Anspruch genommen von<lb/> neuen und schweren Aufgaben, hat die mittelalterliche Malerei<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0061]
Die mittelalterliche Kunst.
jedoch alterthümlicher. Der Retablo der Capelle im Colleg
des Maese Rodrigo zeigt in seinen zahlreichen Einzelfiguren
Köpfe von gequälter Durcharbeitung der Züge und des Aus-
drucks, lebhafte, fast heftige Bewegungen. Bekannt ist die
landschaftlich und mit Nebenscenen reich ausgestattete Klage
in der Kapelle Sa. Cruz von Pedro Fernandez de Guadalupe (1527).
Wer aber jener Jungfrau mit der weissen Rose ebenbürtige
Gestalten kennen lernen will, der muss sich in kleine Provinzial-
städte bemühen. In Ecija, Marchena, Carmona u. a. dürfte ihn
manche Ueberraschung erwarten. In S. Jago zu Ecija, in S. Juan
zu Marchena (über demselben Altar, wo jene acht flandrischen
Tafeln stehen) sieht man, auf den schrägen Seitenrahmen,
sechs Heiligenfiguren, die sich den edelsten florentinischen und
venezianischen des Quattrocento wohl an die Seite stellen können;
besonders die heiligen Frauen. Tadellose Verhältnisse, edle, von
sinnlichem Reiz geläuterte Schönheit — in Antlitz, Hals, Händen —
eine stille stolze Hoheit die zugleich Anmuth ist: selten ist das
Ideal der Heiligen, der Märtyrin so rein, so wahr interpretirt wor-
den 1); wahrlich, ein wahrer Schatz der Erinnerung sind diese ver-
gessenen Gestalten in den vergessenen Kirchen jener wenig selbst
von Einheimischen gesehenen Orte 2). Man kann sich der Frage
nicht enthalten, warum man auf diesem Wege nicht noch eine Zeit
lang fortgegangen ist? Die Kunst jener bescheidenen Meister
hat nur wenige Jahrzehnte bestanden, um einem langen Jahr-
hundert frostig gelehrter Manier Platz zu machen. Anderthalb
Jahrhunderte später hat ein begnadigter Künstler die echte
spanische Heilige wiedererweckt, aber sie hat mehr Antheil am
Erdgeist.
Das folgende Zeitalter, ganz in Anspruch genommen von
neuen und schweren Aufgaben, hat die mittelalterliche Malerei
1) Die heil. Catharina gleicht in der Stellung und auch sonst der Figur der
christlichen Religion in dem Fresco Veit’s im Frankfurter Museum.
2) Vielleicht ist der Maler auch jener Pedro Fernandez de Guadalupe. —
Während diese köstlichen Denkmäler der altspanischen Schule nirgend erwähnt
werden, hat man z. B. die werthlosen Wandmalereien in Santiponce in einer wun-
derlichen, ja unverständlichen Weise gepriesen und copiren lassen. Es sind auf einem
schlechten Grund von lockerem Mörtel und Stroh mit schlechten Farben gemalte
Heiligenfiguren, an denen sämmtliche Köpfe weggekratzt sind. Man hat nicht gesehn,
dass das noch ganz erhaltene Abendmahl im Refectorium von derselben Hand ist,
wahrscheinlich der eines zurückgebliebenen Wandermalers, oder eines klösterlichen
Dilettanten.
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