Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.Fünftes Buch. Licht und Oeffnung in die Ferne, Luft und Glanz, Massen undKontraste, Geist der Handschrift und spielende Beherrschung der Technik, endlich Ungetrübtheit und Unberührtheit des Zu- standes: alles ist hier beisammen. Der siebenjährige Prinz sitzt auf seinem hellbraunen Pony, so fest und leicht wie sein Erzeuger, der erste Reiter des Reichs, und den Kommandostab streckt er über den Kopf des Pferdes vorwärts, wie es D. Juan de Austria nicht correkter gethan haben kann. Es ist der anticipirte Reiter- führer; sein kleines Ungethüm, meint Palomino, gelüstet nach der [Abbildung]
Schlacht, siegesge-Der Prinz Balthasar. wiss unter seinem Reiter! Die Rolle war hier kaum mehr Spielzeug als bei Va- ter und Grossvater. Diesen Stab im Ernst zu schwenken, hat- ten Spaniens Könige längst verlernt. Das aus dem Rahmen, in der Diagonale her- ausspringende Röss- lein ist mehr ver- kürzt als sonst. Der Leib rundet sich in der Verkürzung fast zur Kugel, umflattert von langer Mähne und Schweif. Die Tracht ist besonders reich: breiter Federhut (chambergo), Fünftes Buch. Licht und Oeffnung in die Ferne, Luft und Glanz, Massen undKontraste, Geist der Handschrift und spielende Beherrschung der Technik, endlich Ungetrübtheit und Unberührtheit des Zu- standes: alles ist hier beisammen. Der siebenjährige Prinz sitzt auf seinem hellbraunen Pony, so fest und leicht wie sein Erzeuger, der erste Reiter des Reichs, und den Kommandostab streckt er über den Kopf des Pferdes vorwärts, wie es D. Juan de Austria nicht correkter gethan haben kann. Es ist der anticipirte Reiter- führer; sein kleines Ungethüm, meint Palomino, gelüstet nach der [Abbildung]
Schlacht, siegesge-Der Prinz Balthasar. wiss unter seinem Reiter! Die Rolle war hier kaum mehr Spielzeug als bei Va- ter und Grossvater. Diesen Stab im Ernst zu schwenken, hat- ten Spaniens Könige längst verlernt. Das aus dem Rahmen, in der Diagonale her- ausspringende Röss- lein ist mehr ver- kürzt als sonst. Der Leib rundet sich in der Verkürzung fast zur Kugel, umflattert von langer Mähne und Schweif. Die Tracht ist besonders reich: breiter Federhut (chambergo), <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0128" n="108"/><fw place="top" type="header">Fünftes Buch.</fw><lb/> Licht und Oeffnung in die Ferne, Luft und Glanz, Massen und<lb/> Kontraste, Geist der Handschrift und spielende Beherrschung<lb/> der Technik, endlich Ungetrübtheit und Unberührtheit des Zu-<lb/> standes: alles ist hier beisammen. Der siebenjährige Prinz sitzt<lb/> auf seinem hellbraunen Pony, so fest und leicht wie sein Erzeuger,<lb/> der erste Reiter des Reichs, und den Kommandostab streckt er<lb/> über den Kopf des Pferdes vorwärts, wie es D. Juan de Austria<lb/> nicht correkter gethan haben kann. Es ist der anticipirte Reiter-<lb/> führer; sein kleines Ungethüm, meint Palomino, gelüstet nach der<lb/><figure><p>Der Prinz Balthasar.</p></figure><lb/> Schlacht, siegesge-<lb/> wiss unter seinem<lb/> Reiter! Die Rolle<lb/> war hier kaum mehr<lb/> Spielzeug als bei Va-<lb/> ter und Grossvater.<lb/> Diesen Stab im Ernst<lb/> zu schwenken, hat-<lb/> ten Spaniens Könige<lb/> längst verlernt. Das<lb/> aus dem Rahmen, in<lb/> der Diagonale her-<lb/> ausspringende Röss-<lb/> lein ist mehr ver-<lb/> kürzt als sonst. Der<lb/> Leib rundet sich in<lb/> der Verkürzung fast<lb/> zur Kugel, umflattert<lb/> von langer Mähne<lb/> und Schweif.</p><lb/> <p>Die Tracht ist besonders reich: breiter Federhut (<hi rendition="#i">chambergo</hi>),<lb/> gestickter Kragen, das Dunkelgrün des Sammts, das Weiss der<lb/> Aermel, das Roth der Schärpe mit Goldstickerei verschiedener<lb/> Art übersät; lange anschliessende Lederstiefel. Durch den Con-<lb/> trast mit der Landschaft ist daraus von allen Reiterbildnissen<lb/> das schimmerndste, blendendste geworden, „ein Juwel von Ton<lb/> und Harmonie“ (Imbert). Es ist ein von bläulichen, weissglänzen-<lb/> den Wolken durchzogener, frischer Morgenhimmel im Frühling.<lb/> Der blaugrüne Luftton geht durch Himmel und Gebirge, ohne eine<lb/> trennende Note dazwischen. Thal und Berge sind kahl, nur im<lb/> Mittelgrund sieht hinter sandigem Absturz eine dünnbewaldete<lb/> Kuppe hervor. Aus den Tiefen steigt dünner Nebel auf, die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0128]
Fünftes Buch.
Licht und Oeffnung in die Ferne, Luft und Glanz, Massen und
Kontraste, Geist der Handschrift und spielende Beherrschung
der Technik, endlich Ungetrübtheit und Unberührtheit des Zu-
standes: alles ist hier beisammen. Der siebenjährige Prinz sitzt
auf seinem hellbraunen Pony, so fest und leicht wie sein Erzeuger,
der erste Reiter des Reichs, und den Kommandostab streckt er
über den Kopf des Pferdes vorwärts, wie es D. Juan de Austria
nicht correkter gethan haben kann. Es ist der anticipirte Reiter-
führer; sein kleines Ungethüm, meint Palomino, gelüstet nach der
[Abbildung Der Prinz Balthasar.]
Schlacht, siegesge-
wiss unter seinem
Reiter! Die Rolle
war hier kaum mehr
Spielzeug als bei Va-
ter und Grossvater.
Diesen Stab im Ernst
zu schwenken, hat-
ten Spaniens Könige
längst verlernt. Das
aus dem Rahmen, in
der Diagonale her-
ausspringende Röss-
lein ist mehr ver-
kürzt als sonst. Der
Leib rundet sich in
der Verkürzung fast
zur Kugel, umflattert
von langer Mähne
und Schweif.
Die Tracht ist besonders reich: breiter Federhut (chambergo),
gestickter Kragen, das Dunkelgrün des Sammts, das Weiss der
Aermel, das Roth der Schärpe mit Goldstickerei verschiedener
Art übersät; lange anschliessende Lederstiefel. Durch den Con-
trast mit der Landschaft ist daraus von allen Reiterbildnissen
das schimmerndste, blendendste geworden, „ein Juwel von Ton
und Harmonie“ (Imbert). Es ist ein von bläulichen, weissglänzen-
den Wolken durchzogener, frischer Morgenhimmel im Frühling.
Der blaugrüne Luftton geht durch Himmel und Gebirge, ohne eine
trennende Note dazwischen. Thal und Berge sind kahl, nur im
Mittelgrund sieht hinter sandigem Absturz eine dünnbewaldete
Kuppe hervor. Aus den Tiefen steigt dünner Nebel auf, die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |