Der sogenannte Gladiator, der stehende Mars, der Herma- phrodit, der Herkules (Germanicus) und der Satyr mit dem Bacchus- kind der Villa Borghese, jetzt im Louvre.
Der sterbende Fechter, der sitzende Mars und der Mercur der Villa Ludovisi.
Der Dornauszieher des Kapitols.
Die Mehrzahl dieser Statuen hatte damals bereits die all- gemeine Stimme als die ersten festgestellt; war doch das Studium der Antike das populärste in Rom, und ihr Einfluss auf die Künstler noch nie so gross gewesen als jetzt. Man brauchte nur eins der kürzlich erschienenen Kupferwerke zur Hand zu nehmen, wie J. J. de Rubeis Icones (1645), oder Perier's Seg- menta und Icones (Rom und Paris 1638 und 1645), mit denen unser Verzeichniss in den meisten Nummern übereinstimmt. Von vielen dieser Statuen müssen auch längst Formen vorhanden gewesen sein; so fand Evelyn bereits (1645) Kopien des sterbenden Fech- ters in Stein und Metall "durch ganz Europa zerstreut".
An einflussreichen und kompetenten Berathern und Ver- mittlern konnte es Velazquez auch nicht fehlen. Unter den Per- sonen des Hofs, die er portraitirte, war auch der gelehrte Mon- signor Camillo Massimi (geb. 1620 + 1677), später Nuntius in Ma- drid und Cardinal. Sein Glück war eine Sammlung von Alter- thümern und Münzen, Inschriften und Handschriften, die er in dem Palast an den Quattro Fontane aufgestellt hatte. Diese Gemächer waren der Sammelplatz einheimischer und fremder Gelehrten und Künstler.
Bereits persönlich am spanischen Hofe bekannt war der Cavaliere Cassiano del Pozzo, der in Begleitung des Cardinal Barberini im Jahre 1626 dorthin gekommen war. Sein Museum von Zeichnungen, Münzen, Reliefs und Gemälden war eine der Merkwürdigkeiten Roms. Hier machte Poussin seine Studien nach der Antike, aus Dankbarkeit malte er dem Cavaliere die sieben Sakramente. Die Reliefs und Statuen Roms hatte er sich von P. Testa zeichnen lassen.
Endlich der Antiquar und päbstliche Bibliothekar Hippolyt Vitelleschi, der selbst im Neapolitanischen ein Terrain angekauft hatte zum Zwecke von Ausgrabungen. Ein Enthusiast vom Tem- perament Winckelmanns, spricht er mit seinen Statuen wie mit lebenden Wesen, Sentenzen, Verse, Reden recitirend.
Diese drei waren sämmtlich Freunde und Gönner Poussin's und Francois du Quesnoy's, die zuerst ihren Stil in bewusstem
Die Antiken.
Der sogenannte Gladiator, der stehende Mars, der Herma- phrodit, der Herkules (Germanicus) und der Satyr mit dem Bacchus- kind der Villa Borghese, jetzt im Louvre.
Der sterbende Fechter, der sitzende Mars und der Mercur der Villa Ludovisi.
Der Dornauszieher des Kapitols.
Die Mehrzahl dieser Statuen hatte damals bereits die all- gemeine Stimme als die ersten festgestellt; war doch das Studium der Antike das populärste in Rom, und ihr Einfluss auf die Künstler noch nie so gross gewesen als jetzt. Man brauchte nur eins der kürzlich erschienenen Kupferwerke zur Hand zu nehmen, wie J. J. de Rubeis Icones (1645), oder Perier’s Seg- menta und Icones (Rom und Paris 1638 und 1645), mit denen unser Verzeichniss in den meisten Nummern übereinstimmt. Von vielen dieser Statuen müssen auch längst Formen vorhanden gewesen sein; so fand Evelyn bereits (1645) Kopien des sterbenden Fech- ters in Stein und Metall „durch ganz Europa zerstreut“.
An einflussreichen und kompetenten Berathern und Ver- mittlern konnte es Velazquez auch nicht fehlen. Unter den Per- sonen des Hofs, die er portraitirte, war auch der gelehrte Mon- signor Camillo Massimi (geb. 1620 † 1677), später Nuntius in Ma- drid und Cardinal. Sein Glück war eine Sammlung von Alter- thümern und Münzen, Inschriften und Handschriften, die er in dem Palast an den Quattro Fontane aufgestellt hatte. Diese Gemächer waren der Sammelplatz einheimischer und fremder Gelehrten und Künstler.
Bereits persönlich am spanischen Hofe bekannt war der Cavaliere Cassiano del Pozzo, der in Begleitung des Cardinal Barberini im Jahre 1626 dorthin gekommen war. Sein Museum von Zeichnungen, Münzen, Reliefs und Gemälden war eine der Merkwürdigkeiten Roms. Hier machte Poussin seine Studien nach der Antike, aus Dankbarkeit malte er dem Cavaliere die sieben Sakramente. Die Reliefs und Statuen Roms hatte er sich von P. Testa zeichnen lassen.
Endlich der Antiquar und päbstliche Bibliothekar Hippolyt Vitelleschi, der selbst im Neapolitanischen ein Terrain angekauft hatte zum Zwecke von Ausgrabungen. Ein Enthusiast vom Tem- perament Winckelmanns, spricht er mit seinen Statuen wie mit lebenden Wesen, Sentenzen, Verse, Reden recitirend.
Diese drei waren sämmtlich Freunde und Gönner Poussin’s und François du Quesnoy’s, die zuerst ihren Stil in bewusstem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0215"n="195"/><fwplace="top"type="header">Die Antiken.</fw><lb/><p>Der sogenannte Gladiator, der stehende Mars, der Herma-<lb/>
phrodit, der Herkules (Germanicus) und der Satyr mit dem Bacchus-<lb/>
kind der Villa Borghese, jetzt im Louvre.</p><lb/><p>Der sterbende Fechter, der sitzende Mars und der Mercur<lb/>
der Villa Ludovisi.</p><lb/><p>Der Dornauszieher des Kapitols.</p><lb/><p>Die Mehrzahl dieser Statuen hatte damals bereits die all-<lb/>
gemeine Stimme als die ersten festgestellt; war doch das Studium<lb/>
der Antike das populärste in Rom, und ihr Einfluss auf die<lb/>
Künstler noch nie so gross gewesen als jetzt. Man brauchte<lb/>
nur eins der kürzlich erschienenen Kupferwerke zur Hand zu<lb/>
nehmen, wie J. J. de Rubeis Icones (1645), oder Perier’s Seg-<lb/>
menta und Icones (Rom und Paris 1638 und 1645), mit denen unser<lb/>
Verzeichniss in den meisten Nummern übereinstimmt. Von vielen<lb/>
dieser Statuen müssen auch längst Formen vorhanden gewesen<lb/>
sein; so fand Evelyn bereits (1645) Kopien des sterbenden Fech-<lb/>
ters in Stein und Metall „durch ganz Europa zerstreut“.</p><lb/><p>An einflussreichen und kompetenten Berathern und Ver-<lb/>
mittlern konnte es Velazquez auch nicht fehlen. Unter den Per-<lb/>
sonen des Hofs, die er portraitirte, war auch der gelehrte Mon-<lb/>
signor Camillo Massimi (geb. 1620 † 1677), später Nuntius in Ma-<lb/>
drid und Cardinal. Sein Glück war eine Sammlung von Alter-<lb/>
thümern und Münzen, Inschriften und Handschriften, die er in<lb/>
dem Palast an den Quattro Fontane aufgestellt hatte. Diese<lb/>
Gemächer waren der Sammelplatz einheimischer und fremder<lb/>
Gelehrten und Künstler.</p><lb/><p>Bereits persönlich am spanischen Hofe bekannt war der<lb/>
Cavaliere Cassiano del Pozzo, der in Begleitung des Cardinal<lb/>
Barberini im Jahre 1626 dorthin gekommen war. Sein Museum<lb/>
von Zeichnungen, Münzen, Reliefs und Gemälden war eine der<lb/>
Merkwürdigkeiten Roms. Hier machte Poussin seine Studien<lb/>
nach der Antike, aus Dankbarkeit malte er dem Cavaliere die<lb/>
sieben Sakramente. Die Reliefs und Statuen Roms hatte er<lb/>
sich von P. Testa zeichnen lassen.</p><lb/><p>Endlich der Antiquar und päbstliche Bibliothekar Hippolyt<lb/>
Vitelleschi, der selbst im Neapolitanischen ein Terrain angekauft<lb/>
hatte zum Zwecke von Ausgrabungen. Ein Enthusiast vom Tem-<lb/>
perament Winckelmanns, spricht er mit seinen Statuen wie mit<lb/>
lebenden Wesen, Sentenzen, Verse, Reden recitirend.</p><lb/><p>Diese drei waren sämmtlich Freunde und Gönner Poussin’s<lb/>
und François du Quesnoy’s, die zuerst ihren Stil in bewusstem<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[195/0215]
Die Antiken.
Der sogenannte Gladiator, der stehende Mars, der Herma-
phrodit, der Herkules (Germanicus) und der Satyr mit dem Bacchus-
kind der Villa Borghese, jetzt im Louvre.
Der sterbende Fechter, der sitzende Mars und der Mercur
der Villa Ludovisi.
Der Dornauszieher des Kapitols.
Die Mehrzahl dieser Statuen hatte damals bereits die all-
gemeine Stimme als die ersten festgestellt; war doch das Studium
der Antike das populärste in Rom, und ihr Einfluss auf die
Künstler noch nie so gross gewesen als jetzt. Man brauchte
nur eins der kürzlich erschienenen Kupferwerke zur Hand zu
nehmen, wie J. J. de Rubeis Icones (1645), oder Perier’s Seg-
menta und Icones (Rom und Paris 1638 und 1645), mit denen unser
Verzeichniss in den meisten Nummern übereinstimmt. Von vielen
dieser Statuen müssen auch längst Formen vorhanden gewesen
sein; so fand Evelyn bereits (1645) Kopien des sterbenden Fech-
ters in Stein und Metall „durch ganz Europa zerstreut“.
An einflussreichen und kompetenten Berathern und Ver-
mittlern konnte es Velazquez auch nicht fehlen. Unter den Per-
sonen des Hofs, die er portraitirte, war auch der gelehrte Mon-
signor Camillo Massimi (geb. 1620 † 1677), später Nuntius in Ma-
drid und Cardinal. Sein Glück war eine Sammlung von Alter-
thümern und Münzen, Inschriften und Handschriften, die er in
dem Palast an den Quattro Fontane aufgestellt hatte. Diese
Gemächer waren der Sammelplatz einheimischer und fremder
Gelehrten und Künstler.
Bereits persönlich am spanischen Hofe bekannt war der
Cavaliere Cassiano del Pozzo, der in Begleitung des Cardinal
Barberini im Jahre 1626 dorthin gekommen war. Sein Museum
von Zeichnungen, Münzen, Reliefs und Gemälden war eine der
Merkwürdigkeiten Roms. Hier machte Poussin seine Studien
nach der Antike, aus Dankbarkeit malte er dem Cavaliere die
sieben Sakramente. Die Reliefs und Statuen Roms hatte er
sich von P. Testa zeichnen lassen.
Endlich der Antiquar und päbstliche Bibliothekar Hippolyt
Vitelleschi, der selbst im Neapolitanischen ein Terrain angekauft
hatte zum Zwecke von Ausgrabungen. Ein Enthusiast vom Tem-
perament Winckelmanns, spricht er mit seinen Statuen wie mit
lebenden Wesen, Sentenzen, Verse, Reden recitirend.
Diese drei waren sämmtlich Freunde und Gönner Poussin’s
und François du Quesnoy’s, die zuerst ihren Stil in bewusstem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/215>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.