des Himmels, dahinter ragt der gehörnte Kopf der Kuh hervor. Das Linienmotiv liegt in dem Gegensatz der in sich zusammen- gekrümmten, nach oben geöffneten Schläfergestalt, und des über den Boden gebeugten Meuchelmörders; die Gesichter sind ver- kürzt und im Schatten; in der Verschwommenheit des Halb- dunkels mit den scharfen Reflexen fühlt man doch die sichere Modellirung dieser mächtigen Formen heraus.
Die Venus mit dem Spiegel.
"Die Toilette der Venus", bedient von Nymphen, kommt schon auf antiken Denkmälern vor; es gab Statuen wo sich die Göttin in dem Schild des Ares spiegelte; auch der Gebrauch eines wirklichen Spiegels findet sich bereits. Die von Tizian für Philipp II gemalte Venus mit dem Spiegel, welche im vorigen Jahrhundert aus Madrid verschwand, befand sich im Jahre 1636 im königlichen Sommerschlafzimmer, später in der Galerie über dem Kaisergarten. Es gehörte etwas Kühnheit dazu, durch Wahl eines solchen Gegenstands zum Vergleich mit dem Venezianer herauszufordern; wahrscheinlich verdanken wir es dem Könige, dass Velazquez sich auch einmal in dieser bei allen echten Künst- lern als eine der schwersten und höchsten Aufgaben geschätzten Darstellung eines jugendlich schönen weiblichen Körpers versucht hat. Um Reminiscenzen auszuweichen, hat der Hofmaler eine möglichst verschiedene Stellung gewählt: die ausgestreckte Lage auf dem Ruhebett und die Rückenansicht. Tizian hatte letztere in der Venus mit Adonis angewandt, um ein Pendant zu der Danae zu liefern; vielleicht hatte sie Velazquez in seinem (verlo- renen) Adonis von der Vorderseite gezeigt. Er mag auch ange- regt worden sein durch die Statue des Borghesischen Herma- phroditen, die er in Rom hatte abformen lassen. Der malerische Werth der Umrisse und Modulationen eines jugendlichen Rückens war ihm hier entgegengetreten.
Auch in seinem Gemälde hält ihr Amor einen Spiegel in schwarzem Ebenholzrahmen vor, sie richtet den Kopf, der auf dem eingezogenen Arm ruhte, etwas in die Höhe, nach links. Der Knabe hat sichs bequemer gemacht, er kniet und stützt die übereinandergelegten Hände auf den Rahmen. In seiner kind- lich weichen Gelenkigkeit gleicht er dem kleinen ABC Schützen in Correggio's "Schule des Amor", die unserm Bild im Palast
Siebentes Buch.
des Himmels, dahinter ragt der gehörnte Kopf der Kuh hervor. Das Linienmotiv liegt in dem Gegensatz der in sich zusammen- gekrümmten, nach oben geöffneten Schläfergestalt, und des über den Boden gebeugten Meuchelmörders; die Gesichter sind ver- kürzt und im Schatten; in der Verschwommenheit des Halb- dunkels mit den scharfen Reflexen fühlt man doch die sichere Modellirung dieser mächtigen Formen heraus.
Die Venus mit dem Spiegel.
„Die Toilette der Venus“, bedient von Nymphen, kommt schon auf antiken Denkmälern vor; es gab Statuen wo sich die Göttin in dem Schild des Ares spiegelte; auch der Gebrauch eines wirklichen Spiegels findet sich bereits. Die von Tizian für Philipp II gemalte Venus mit dem Spiegel, welche im vorigen Jahrhundert aus Madrid verschwand, befand sich im Jahre 1636 im königlichen Sommerschlafzimmer, später in der Galerie über dem Kaisergarten. Es gehörte etwas Kühnheit dazu, durch Wahl eines solchen Gegenstands zum Vergleich mit dem Venezianer herauszufordern; wahrscheinlich verdanken wir es dem Könige, dass Velazquez sich auch einmal in dieser bei allen echten Künst- lern als eine der schwersten und höchsten Aufgaben geschätzten Darstellung eines jugendlich schönen weiblichen Körpers versucht hat. Um Reminiscenzen auszuweichen, hat der Hofmaler eine möglichst verschiedene Stellung gewählt: die ausgestreckte Lage auf dem Ruhebett und die Rückenansicht. Tizian hatte letztere in der Venus mit Adonis angewandt, um ein Pendant zu der Danae zu liefern; vielleicht hatte sie Velazquez in seinem (verlo- renen) Adonis von der Vorderseite gezeigt. Er mag auch ange- regt worden sein durch die Statue des Borghesischen Herma- phroditen, die er in Rom hatte abformen lassen. Der malerische Werth der Umrisse und Modulationen eines jugendlichen Rückens war ihm hier entgegengetreten.
Auch in seinem Gemälde hält ihr Amor einen Spiegel in schwarzem Ebenholzrahmen vor, sie richtet den Kopf, der auf dem eingezogenen Arm ruhte, etwas in die Höhe, nach links. Der Knabe hat sichs bequemer gemacht, er kniet und stützt die übereinandergelegten Hände auf den Rahmen. In seiner kind- lich weichen Gelenkigkeit gleicht er dem kleinen ABC Schützen in Correggio’s „Schule des Amor“, die unserm Bild im Palast
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Siebentes Buch.
des Himmels, dahinter ragt der gehörnte Kopf der Kuh hervor.
Das Linienmotiv liegt in dem Gegensatz der in sich zusammen-
gekrümmten, nach oben geöffneten Schläfergestalt, und des über
den Boden gebeugten Meuchelmörders; die Gesichter sind ver-
kürzt und im Schatten; in der Verschwommenheit des Halb-
dunkels mit den scharfen Reflexen fühlt man doch die sichere
Modellirung dieser mächtigen Formen heraus.
Die Venus mit dem Spiegel.
„Die Toilette der Venus“, bedient von Nymphen, kommt
schon auf antiken Denkmälern vor; es gab Statuen wo sich die
Göttin in dem Schild des Ares spiegelte; auch der Gebrauch
eines wirklichen Spiegels findet sich bereits. Die von Tizian für
Philipp II gemalte Venus mit dem Spiegel, welche im vorigen
Jahrhundert aus Madrid verschwand, befand sich im Jahre 1636
im königlichen Sommerschlafzimmer, später in der Galerie über
dem Kaisergarten. Es gehörte etwas Kühnheit dazu, durch Wahl
eines solchen Gegenstands zum Vergleich mit dem Venezianer
herauszufordern; wahrscheinlich verdanken wir es dem Könige,
dass Velazquez sich auch einmal in dieser bei allen echten Künst-
lern als eine der schwersten und höchsten Aufgaben geschätzten
Darstellung eines jugendlich schönen weiblichen Körpers versucht
hat. Um Reminiscenzen auszuweichen, hat der Hofmaler eine
möglichst verschiedene Stellung gewählt: die ausgestreckte Lage
auf dem Ruhebett und die Rückenansicht. Tizian hatte letztere
in der Venus mit Adonis angewandt, um ein Pendant zu der
Danae zu liefern; vielleicht hatte sie Velazquez in seinem (verlo-
renen) Adonis von der Vorderseite gezeigt. Er mag auch ange-
regt worden sein durch die Statue des Borghesischen Herma-
phroditen, die er in Rom hatte abformen lassen. Der malerische
Werth der Umrisse und Modulationen eines jugendlichen Rückens
war ihm hier entgegengetreten.
Auch in seinem Gemälde hält ihr Amor einen Spiegel in
schwarzem Ebenholzrahmen vor, sie richtet den Kopf, der auf
dem eingezogenen Arm ruhte, etwas in die Höhe, nach links.
Der Knabe hat sichs bequemer gemacht, er kniet und stützt die
übereinandergelegten Hände auf den Rahmen. In seiner kind-
lich weichen Gelenkigkeit gleicht er dem kleinen ABC Schützen
in Correggio’s „Schule des Amor“, die unserm Bild im Palast
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/392>, abgerufen am 27.11.2024.
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