In diesen Jahren hat sich der Hofmaler noch einmal Dar- stellungen religiösen Inhalts zugewandt. Die dritte und letzte Gruppe seiner Kirchenbilder besteht aus zwei sehr eigenthüm- lichen Stücken.
Die Krönung U. L. F., unternommen wohl auf höhere Ver- anlassung, war bestimmt für das Oratorium der Wohnung seiner neuen Herrin, der Königin Marianne, der er sich hier mit einer Arbeit seiner Hand vorstellen sollte 1). Es war diess ein Stoff halb symbolischen, halb musikalischen Stils, für dessen Behand- lung die mittelalterliche Kunst mit ihren typischen Formen, feierlich prächtigen Kultusgewändern, Thronen und Mandorlen mehr Beruf hatte, als die realistische Malerei des siebzehnten Jahrhunderts, welche sich mit richtigem Takt für das ihr Erreich- bare an die volksthümlichen Bethlehemscenen, die Passion, die Mönchsgeschichten zu halten pflegte. Nur die Meister der Bewe- gung, der Ekstase und des Helldunkels verstanden auch aus diesem Mysterium in ihrer Art Grosses zu machen, -- wie Cor- reggio in der Tribune von S. Giovanni. Merkwürdiger Weise hat Murillo die Krönung der Maria nie gemalt.
Unser Künstler hat die Bedingungen der Darstellung gewiss reiflich überlegt und ist nicht ohne ein durchgearbeitetes. Programm zur Ausführung geschritten. Ihm konnte nicht ent- gehn, dass in einer solchen Wolkencerimonie Erinnerungen an die Wirklichkeit störend sein mussten, dass man den Gläubigen die althergebrachten Scenen vorführen müsse, neu belebt weniger durch Naturstudien, als durch Adel der Formen, Erhabenheit
1) Grösse 1,76 x 1,34. Mit dem in den alten Inventaren aufgeführten Ge- mälde La Trinidad ist unser Bild gemeint (Band I, S. 151 Anmerkung).
Kirchenbilder der letzten Zeit.
Die Krönung der Maria.
In diesen Jahren hat sich der Hofmaler noch einmal Dar- stellungen religiösen Inhalts zugewandt. Die dritte und letzte Gruppe seiner Kirchenbilder besteht aus zwei sehr eigenthüm- lichen Stücken.
Die Krönung U. L. F., unternommen wohl auf höhere Ver- anlassung, war bestimmt für das Oratorium der Wohnung seiner neuen Herrin, der Königin Marianne, der er sich hier mit einer Arbeit seiner Hand vorstellen sollte 1). Es war diess ein Stoff halb symbolischen, halb musikalischen Stils, für dessen Behand- lung die mittelalterliche Kunst mit ihren typischen Formen, feierlich prächtigen Kultusgewändern, Thronen und Mandorlen mehr Beruf hatte, als die realistische Malerei des siebzehnten Jahrhunderts, welche sich mit richtigem Takt für das ihr Erreich- bare an die volksthümlichen Bethlehemscenen, die Passion, die Mönchsgeschichten zu halten pflegte. Nur die Meister der Bewe- gung, der Ekstase und des Helldunkels verstanden auch aus diesem Mysterium in ihrer Art Grosses zu machen, — wie Cor- reggio in der Tribune von S. Giovanni. Merkwürdiger Weise hat Murillo die Krönung der Maria nie gemalt.
Unser Künstler hat die Bedingungen der Darstellung gewiss reiflich überlegt und ist nicht ohne ein durchgearbeitetes. Programm zur Ausführung geschritten. Ihm konnte nicht ent- gehn, dass in einer solchen Wolkencerimonie Erinnerungen an die Wirklichkeit störend sein mussten, dass man den Gläubigen die althergebrachten Scenen vorführen müsse, neu belebt weniger durch Naturstudien, als durch Adel der Formen, Erhabenheit
1) Grösse 1,76 × 1,34. Mit dem in den alten Inventaren aufgeführten Ge- mälde La Trinidad ist unser Bild gemeint (Band I, S. 151 Anmerkung).
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0397"n="[373]"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Kirchenbilder der letzten Zeit.</hi></head><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Die Krönung der Maria.</hi></head><lb/><p>In diesen Jahren hat sich der Hofmaler noch einmal Dar-<lb/>
stellungen religiösen Inhalts zugewandt. Die dritte und letzte<lb/>
Gruppe seiner Kirchenbilder besteht aus zwei sehr eigenthüm-<lb/>
lichen Stücken.</p><lb/><p>Die Krönung U. L. F., unternommen wohl auf höhere Ver-<lb/>
anlassung, war bestimmt für das Oratorium der Wohnung seiner<lb/>
neuen Herrin, der Königin Marianne, der er sich hier mit einer<lb/>
Arbeit seiner Hand vorstellen sollte <noteplace="foot"n="1)">Grösse 1,76 × 1,34. Mit dem in den alten Inventaren aufgeführten Ge-<lb/>
mälde <hirendition="#i">La Trinidad</hi> ist unser Bild gemeint (Band I, S. 151 Anmerkung).</note>. Es war diess ein Stoff<lb/>
halb symbolischen, halb musikalischen Stils, für dessen Behand-<lb/>
lung die mittelalterliche Kunst mit ihren typischen Formen,<lb/>
feierlich prächtigen Kultusgewändern, Thronen und Mandorlen<lb/>
mehr Beruf hatte, als die realistische Malerei des siebzehnten<lb/>
Jahrhunderts, welche sich mit richtigem Takt für das ihr Erreich-<lb/>
bare an die volksthümlichen Bethlehemscenen, die Passion, die<lb/>
Mönchsgeschichten zu halten pflegte. Nur die Meister der Bewe-<lb/>
gung, der Ekstase und des Helldunkels verstanden auch aus<lb/>
diesem Mysterium in ihrer Art Grosses zu machen, — wie Cor-<lb/>
reggio in der Tribune von S. Giovanni. Merkwürdiger Weise<lb/>
hat Murillo die Krönung der Maria nie gemalt.</p><lb/><p>Unser Künstler hat die Bedingungen der Darstellung<lb/>
gewiss reiflich überlegt und ist nicht ohne ein durchgearbeitetes.<lb/>
Programm zur Ausführung geschritten. Ihm konnte nicht ent-<lb/>
gehn, dass in einer solchen Wolkencerimonie Erinnerungen an<lb/>
die Wirklichkeit störend sein mussten, dass man den Gläubigen<lb/>
die althergebrachten Scenen vorführen müsse, neu belebt weniger<lb/>
durch Naturstudien, als durch Adel der Formen, Erhabenheit<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[[373]/0397]
Kirchenbilder der letzten Zeit.
Die Krönung der Maria.
In diesen Jahren hat sich der Hofmaler noch einmal Dar-
stellungen religiösen Inhalts zugewandt. Die dritte und letzte
Gruppe seiner Kirchenbilder besteht aus zwei sehr eigenthüm-
lichen Stücken.
Die Krönung U. L. F., unternommen wohl auf höhere Ver-
anlassung, war bestimmt für das Oratorium der Wohnung seiner
neuen Herrin, der Königin Marianne, der er sich hier mit einer
Arbeit seiner Hand vorstellen sollte 1). Es war diess ein Stoff
halb symbolischen, halb musikalischen Stils, für dessen Behand-
lung die mittelalterliche Kunst mit ihren typischen Formen,
feierlich prächtigen Kultusgewändern, Thronen und Mandorlen
mehr Beruf hatte, als die realistische Malerei des siebzehnten
Jahrhunderts, welche sich mit richtigem Takt für das ihr Erreich-
bare an die volksthümlichen Bethlehemscenen, die Passion, die
Mönchsgeschichten zu halten pflegte. Nur die Meister der Bewe-
gung, der Ekstase und des Helldunkels verstanden auch aus
diesem Mysterium in ihrer Art Grosses zu machen, — wie Cor-
reggio in der Tribune von S. Giovanni. Merkwürdiger Weise
hat Murillo die Krönung der Maria nie gemalt.
Unser Künstler hat die Bedingungen der Darstellung
gewiss reiflich überlegt und ist nicht ohne ein durchgearbeitetes.
Programm zur Ausführung geschritten. Ihm konnte nicht ent-
gehn, dass in einer solchen Wolkencerimonie Erinnerungen an
die Wirklichkeit störend sein mussten, dass man den Gläubigen
die althergebrachten Scenen vorführen müsse, neu belebt weniger
durch Naturstudien, als durch Adel der Formen, Erhabenheit
1) Grösse 1,76 × 1,34. Mit dem in den alten Inventaren aufgeführten Ge-
mälde La Trinidad ist unser Bild gemeint (Band I, S. 151 Anmerkung).
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. [373]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/397>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.