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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Fünftes Buch.
Dame wenig Aehnlichkeit, und auch nicht untereinander. Der
Name Miranda kommt mehrfach am Hofe Philipp IV vor. Es
gab einen D. Antonio de Miranda, der Mitglied des obersten
Gerichtshofs war (Alcalde de casa y corte), einen D. Luis de
Miranda Enriquez, und endlich waren die Herzöge von Pennaranda
Grafen von Miranda.

Gewiss, Niemand wird diese Bildnisse sehen, ohne das Vor-
urtheil zu bedauern, welches Velazquez verhindert hat, mehr
Proben seiner Kunst in diesem Fach zu geben. Man kann aus
diesen wenigen wol schliessen, dass ihn vor gefeierten Damen-
malern der Höfe dieses und der folgenden Jahrhunderte eins
auszeichnete: die Abwesenheit jener Schablone, die wenn ein-
mal von der grossen Welt acceptirt, allem aufgedrückt wird,
unerbittlich, einförmig, unkünstlerisch wie die Mode.


"Täglich kommen hier Gäste an, schreibt am 31. August 1638
ein Jesuitenpater, und man giebt mehr für sie aus als für die
Armeen" 1).

Zu ihnen gehörte die Herzogin von Chevreuse, welche die
Zeiten Richelieu's und Mazarin's mit ihren Intriguen erfüllte.
Von ihrer Aufnahme durch Velazquez ist die erste und einzige
Nachricht erst vor kurzem bekannt geworden.

Marie de Rohan, nach dem Ableben ihres ersten Gemahls,
des Herzogs von Luynes, vermählt mit Claude de Lorraine, Her-
zog von Chevreuse, war eine der reizendsten und geistreichsten
Frauen ihrer Zeit. Ihr Leben war eine ununterbrochene Kette
von Liebesromanen und Cabalen, -- in die sie sich aus Liebe
verstrickte. Dem Cardinal, der sie hasste seit sie eine mehr als
zudringliche Huldigung abgewiesen hatte, war sie als Vertraute
der Königin Anna unbequem; er trieb sie von Hofe fort; Lud-
wig XIII hatte ein solches Grauen vor ihr, dass er sie in seinem
letzten Willen von dem allgemeinen Gnadenakt ausnahm. Sie
befand sich in Tours, als die Nachricht der Beschlagnahme von
Briefen der Königin sie in Schrecken setzte. Sie beschloss sich
nach Spanien zu retten (6. September 1637); der achtzigjährige
Erzbischof war ihr bei der Flucht behülflich. Sie verlor die
Reiseroute und irrte von Schloss zu Schloss, von Herberge zu

1) Memorial historico espannol XV.

Fünftes Buch.
Dame wenig Aehnlichkeit, und auch nicht untereinander. Der
Name Miranda kommt mehrfach am Hofe Philipp IV vor. Es
gab einen D. Antonio de Miranda, der Mitglied des obersten
Gerichtshofs war (Alcalde de casa y corte), einen D. Luis de
Miranda Enriquez, und endlich waren die Herzöge von Peñaranda
Grafen von Miranda.

Gewiss, Niemand wird diese Bildnisse sehen, ohne das Vor-
urtheil zu bedauern, welches Velazquez verhindert hat, mehr
Proben seiner Kunst in diesem Fach zu geben. Man kann aus
diesen wenigen wol schliessen, dass ihn vor gefeierten Damen-
malern der Höfe dieses und der folgenden Jahrhunderte eins
auszeichnete: die Abwesenheit jener Schablone, die wenn ein-
mal von der grossen Welt acceptirt, allem aufgedrückt wird,
unerbittlich, einförmig, unkünstlerisch wie die Mode.


„Täglich kommen hier Gäste an, schreibt am 31. August 1638
ein Jesuitenpater, und man giebt mehr für sie aus als für die
Armeen“ 1).

Zu ihnen gehörte die Herzogin von Chevreuse, welche die
Zeiten Richelieu’s und Mazarin’s mit ihren Intriguen erfüllte.
Von ihrer Aufnahme durch Velazquez ist die erste und einzige
Nachricht erst vor kurzem bekannt geworden.

Marie de Rohan, nach dem Ableben ihres ersten Gemahls,
des Herzogs von Luynes, vermählt mit Claude de Lorraine, Her-
zog von Chevreuse, war eine der reizendsten und geistreichsten
Frauen ihrer Zeit. Ihr Leben war eine ununterbrochene Kette
von Liebesromanen und Cabalen, — in die sie sich aus Liebe
verstrickte. Dem Cardinal, der sie hasste seit sie eine mehr als
zudringliche Huldigung abgewiesen hatte, war sie als Vertraute
der Königin Anna unbequem; er trieb sie von Hofe fort; Lud-
wig XIII hatte ein solches Grauen vor ihr, dass er sie in seinem
letzten Willen von dem allgemeinen Gnadenakt ausnahm. Sie
befand sich in Tours, als die Nachricht der Beschlagnahme von
Briefen der Königin sie in Schrecken setzte. Sie beschloss sich
nach Spanien zu retten (6. September 1637); der achtzigjährige
Erzbischof war ihr bei der Flucht behülflich. Sie verlor die
Reiseroute und irrte von Schloss zu Schloss, von Herberge zu

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[30/0050] Fünftes Buch. Dame wenig Aehnlichkeit, und auch nicht untereinander. Der Name Miranda kommt mehrfach am Hofe Philipp IV vor. Es gab einen D. Antonio de Miranda, der Mitglied des obersten Gerichtshofs war (Alcalde de casa y corte), einen D. Luis de Miranda Enriquez, und endlich waren die Herzöge von Peñaranda Grafen von Miranda. Gewiss, Niemand wird diese Bildnisse sehen, ohne das Vor- urtheil zu bedauern, welches Velazquez verhindert hat, mehr Proben seiner Kunst in diesem Fach zu geben. Man kann aus diesen wenigen wol schliessen, dass ihn vor gefeierten Damen- malern der Höfe dieses und der folgenden Jahrhunderte eins auszeichnete: die Abwesenheit jener Schablone, die wenn ein- mal von der grossen Welt acceptirt, allem aufgedrückt wird, unerbittlich, einförmig, unkünstlerisch wie die Mode. „Täglich kommen hier Gäste an, schreibt am 31. August 1638 ein Jesuitenpater, und man giebt mehr für sie aus als für die Armeen“ 1). Zu ihnen gehörte die Herzogin von Chevreuse, welche die Zeiten Richelieu’s und Mazarin’s mit ihren Intriguen erfüllte. Von ihrer Aufnahme durch Velazquez ist die erste und einzige Nachricht erst vor kurzem bekannt geworden. Marie de Rohan, nach dem Ableben ihres ersten Gemahls, des Herzogs von Luynes, vermählt mit Claude de Lorraine, Her- zog von Chevreuse, war eine der reizendsten und geistreichsten Frauen ihrer Zeit. Ihr Leben war eine ununterbrochene Kette von Liebesromanen und Cabalen, — in die sie sich aus Liebe verstrickte. Dem Cardinal, der sie hasste seit sie eine mehr als zudringliche Huldigung abgewiesen hatte, war sie als Vertraute der Königin Anna unbequem; er trieb sie von Hofe fort; Lud- wig XIII hatte ein solches Grauen vor ihr, dass er sie in seinem letzten Willen von dem allgemeinen Gnadenakt ausnahm. Sie befand sich in Tours, als die Nachricht der Beschlagnahme von Briefen der Königin sie in Schrecken setzte. Sie beschloss sich nach Spanien zu retten (6. September 1637); der achtzigjährige Erzbischof war ihr bei der Flucht behülflich. Sie verlor die Reiseroute und irrte von Schloss zu Schloss, von Herberge zu 1) Memorial histórico español XV.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/50>, abgerufen am 21.11.2024.