rechtigkeit, das wird Euch und dem Reich Segen bringen." Sie war es, welche den König endlich zur Entlassung des Unglücks- ministers drängte.
"Die starke, die muthige, die gottesfürchtige Isabella, sagt Bossuet, verdankte einen Theil ihres Ruhms dem Unglück Spa- niens, dessen Heilung sie in jenem Eifer, in jenen Rathschlägen fand, welche Grosse und Volk neu belebten, ja, wenn man es sagen kann, selbst den König!" Drei Tage nach dem Sturz des Ministers, bei einem Besuch in den Descalzas, sagte Philipp zu Sor Margarita: "Empfehlt Gott meinen Günstling (privado), dass er ihm Erleuchtung schenke zur Regierung." -- Wer ist es? -- "Meine privado ist die Königin."
Aber die Anstrengungen hatten ihr eine entzündliche Krank- heit zugezogen. Sie ahnte ihr Ende. Als der Prior des Escorial sie zum Besuch der neuerdings erweiterten Gärten einlud, sagte sie: Veniro ma non a vedere. Der König sandte ihr von Sara- gossa einen Demantschmuck mit der Versicherung, "er achte ihre Gesundheit und ihr Leben höher als seine Reiche." "Er solle nicht kommen, liess sie ihm sagen, damit das katalonische Unter- nehmen nicht gefährdet werde," und fügte hinzu: "Nun bin ich der Liebe des Königs versichert; aber diesen Schmuck werde ich nicht tragen; nur im Tod wird er mich wiedersehn." Wir lesen am zweiten Oktober, dass die Aerzte nach einer stunden- langen Berathung zum sechstenmale in der Verordnung eines Aderlasses sich vereinigten! Sie starb am sechsten; der Vene- zianer Sagredo schrieb von ihr: "Sie verband mit der höchsten Staatsklugheit (prudenza) eine unsägliche Güte; sie liess ihre Tu- genden leuchten durch Freundlichkeit und Wolwollen, die über die herkömmliche Sitte spanischer Fürsten hinausgingen, und eine herzliche Liebe in allen erweckten, die ihr nahetraten." 1)
Wahrlich, von allem was auf Philipps Rechnung steht, setzt ihn nichts mehr herab, als die Stumpfheit, mit welcher er einen solchen Schatz von Verstand und Herz vernachlässigte, und zu einer Art stummer Einzelhaft verurtheilte.
Nur ein Bildniss giebt es von Isabella im Pradomuseum und in Spanien, das Reiterporträt, welches schon im Salon von Buen Retiro am Eingang als Pendant zu dem ihres Gemahls hing. Hier sah es jene Französin im Jahre 1679, ihre Beschrei- bung ist wol die früheste die es von einem Velazquez'schen Ge-
1) Depesche Niccolo Sagredo's vom 6. Oktober 1644 im Archiv der Frari.
Isabella von Bourbon.
rechtigkeit, das wird Euch und dem Reich Segen bringen.“ Sie war es, welche den König endlich zur Entlassung des Unglücks- ministers drängte.
„Die starke, die muthige, die gottesfürchtige Isabella, sagt Bossuet, verdankte einen Theil ihres Ruhms dem Unglück Spa- niens, dessen Heilung sie in jenem Eifer, in jenen Rathschlägen fand, welche Grosse und Volk neu belebten, ja, wenn man es sagen kann, selbst den König!“ Drei Tage nach dem Sturz des Ministers, bei einem Besuch in den Descalzas, sagte Philipp zu Sor Margarita: „Empfehlt Gott meinen Günstling (privado), dass er ihm Erleuchtung schenke zur Regierung.“ — Wer ist es? — „Meine privado ist die Königin.“
Aber die Anstrengungen hatten ihr eine entzündliche Krank- heit zugezogen. Sie ahnte ihr Ende. Als der Prior des Escorial sie zum Besuch der neuerdings erweiterten Gärten einlud, sagte sie: Venirò ma non a vedere. Der König sandte ihr von Sara- gossa einen Demantschmuck mit der Versicherung, „er achte ihre Gesundheit und ihr Leben höher als seine Reiche.“ „Er solle nicht kommen, liess sie ihm sagen, damit das katalonische Unter- nehmen nicht gefährdet werde,“ und fügte hinzu: „Nun bin ich der Liebe des Königs versichert; aber diesen Schmuck werde ich nicht tragen; nur im Tod wird er mich wiedersehn.“ Wir lesen am zweiten Oktober, dass die Aerzte nach einer stunden- langen Berathung zum sechstenmale in der Verordnung eines Aderlasses sich vereinigten! Sie starb am sechsten; der Vene- zianer Sagredo schrieb von ihr: „Sie verband mit der höchsten Staatsklugheit (prudenza) eine unsägliche Güte; sie liess ihre Tu- genden leuchten durch Freundlichkeit und Wolwollen, die über die herkömmliche Sitte spanischer Fürsten hinausgingen, und eine herzliche Liebe in allen erweckten, die ihr nahetraten.“ 1)
Wahrlich, von allem was auf Philipps Rechnung steht, setzt ihn nichts mehr herab, als die Stumpfheit, mit welcher er einen solchen Schatz von Verstand und Herz vernachlässigte, und zu einer Art stummer Einzelhaft verurtheilte.
Nur ein Bildniss giebt es von Isabella im Pradomuseum und in Spanien, das Reiterporträt, welches schon im Salon von Buen Retiro am Eingang als Pendant zu dem ihres Gemahls hing. Hier sah es jene Französin im Jahre 1679, ihre Beschrei- bung ist wol die früheste die es von einem Velazquez’schen Ge-
1) Depesche Niccoló Sagredo’s vom 6. Oktober 1644 im Archiv der Frari.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0055"n="35"/><fwplace="top"type="header">Isabella von Bourbon.</fw><lb/>
rechtigkeit, das wird Euch und dem Reich Segen bringen.“ Sie<lb/>
war es, welche den König endlich zur Entlassung des Unglücks-<lb/>
ministers drängte.</p><lb/><p>„Die starke, die muthige, die gottesfürchtige Isabella, sagt<lb/>
Bossuet, verdankte einen Theil ihres Ruhms dem Unglück Spa-<lb/>
niens, dessen Heilung sie in jenem Eifer, in jenen Rathschlägen<lb/>
fand, welche Grosse und Volk neu belebten, ja, wenn man es<lb/>
sagen kann, selbst den König!“ Drei Tage nach dem Sturz des<lb/>
Ministers, bei einem Besuch in den Descalzas, sagte Philipp zu<lb/>
Sor Margarita: „Empfehlt Gott meinen Günstling (<hirendition="#i">privado</hi>),<lb/>
dass er ihm Erleuchtung schenke zur Regierung.“— Wer ist es?<lb/>—„Meine privado ist die Königin.“</p><lb/><p>Aber die Anstrengungen hatten ihr eine entzündliche Krank-<lb/>
heit zugezogen. Sie ahnte ihr Ende. Als der Prior des Escorial<lb/>
sie zum Besuch der neuerdings erweiterten Gärten einlud, sagte<lb/>
sie: <hirendition="#i">Venirò ma non a vedere</hi>. Der König sandte ihr von Sara-<lb/>
gossa einen Demantschmuck mit der Versicherung, „er achte ihre<lb/>
Gesundheit und ihr Leben höher als seine Reiche.“„Er solle<lb/>
nicht kommen, liess sie ihm sagen, damit das katalonische Unter-<lb/>
nehmen nicht gefährdet werde,“ und fügte hinzu: „Nun bin ich<lb/>
der Liebe des Königs versichert; aber diesen Schmuck werde<lb/>
ich nicht tragen; nur im Tod wird er mich wiedersehn.“ Wir<lb/>
lesen am zweiten Oktober, dass die Aerzte nach einer stunden-<lb/>
langen Berathung zum sechstenmale in der Verordnung eines<lb/>
Aderlasses sich vereinigten! Sie starb am sechsten; der Vene-<lb/>
zianer Sagredo schrieb von ihr: „Sie verband mit der höchsten<lb/>
Staatsklugheit (<hirendition="#i">prudenza</hi>) eine unsägliche Güte; sie liess ihre Tu-<lb/>
genden leuchten durch Freundlichkeit und Wolwollen, die über die<lb/>
herkömmliche Sitte spanischer Fürsten hinausgingen, und eine<lb/>
herzliche Liebe in allen erweckten, die ihr nahetraten.“<noteplace="foot"n="1)">Depesche Niccoló Sagredo’s vom 6. Oktober 1644 im Archiv der Frari.</note></p><lb/><p>Wahrlich, von allem was auf Philipps Rechnung steht, setzt<lb/>
ihn nichts mehr herab, als die Stumpfheit, mit welcher er einen<lb/>
solchen Schatz von Verstand und Herz vernachlässigte, und zu<lb/>
einer Art stummer Einzelhaft verurtheilte.</p><lb/><p>Nur ein Bildniss giebt es von Isabella im Pradomuseum<lb/>
und in Spanien, das Reiterporträt, welches schon im Salon von<lb/>
Buen Retiro am Eingang als Pendant zu dem ihres Gemahls<lb/>
hing. Hier sah es jene Französin im Jahre 1679, ihre Beschrei-<lb/>
bung ist wol die früheste die es von einem Velazquez’schen Ge-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[35/0055]
Isabella von Bourbon.
rechtigkeit, das wird Euch und dem Reich Segen bringen.“ Sie
war es, welche den König endlich zur Entlassung des Unglücks-
ministers drängte.
„Die starke, die muthige, die gottesfürchtige Isabella, sagt
Bossuet, verdankte einen Theil ihres Ruhms dem Unglück Spa-
niens, dessen Heilung sie in jenem Eifer, in jenen Rathschlägen
fand, welche Grosse und Volk neu belebten, ja, wenn man es
sagen kann, selbst den König!“ Drei Tage nach dem Sturz des
Ministers, bei einem Besuch in den Descalzas, sagte Philipp zu
Sor Margarita: „Empfehlt Gott meinen Günstling (privado),
dass er ihm Erleuchtung schenke zur Regierung.“ — Wer ist es?
— „Meine privado ist die Königin.“
Aber die Anstrengungen hatten ihr eine entzündliche Krank-
heit zugezogen. Sie ahnte ihr Ende. Als der Prior des Escorial
sie zum Besuch der neuerdings erweiterten Gärten einlud, sagte
sie: Venirò ma non a vedere. Der König sandte ihr von Sara-
gossa einen Demantschmuck mit der Versicherung, „er achte ihre
Gesundheit und ihr Leben höher als seine Reiche.“ „Er solle
nicht kommen, liess sie ihm sagen, damit das katalonische Unter-
nehmen nicht gefährdet werde,“ und fügte hinzu: „Nun bin ich
der Liebe des Königs versichert; aber diesen Schmuck werde
ich nicht tragen; nur im Tod wird er mich wiedersehn.“ Wir
lesen am zweiten Oktober, dass die Aerzte nach einer stunden-
langen Berathung zum sechstenmale in der Verordnung eines
Aderlasses sich vereinigten! Sie starb am sechsten; der Vene-
zianer Sagredo schrieb von ihr: „Sie verband mit der höchsten
Staatsklugheit (prudenza) eine unsägliche Güte; sie liess ihre Tu-
genden leuchten durch Freundlichkeit und Wolwollen, die über die
herkömmliche Sitte spanischer Fürsten hinausgingen, und eine
herzliche Liebe in allen erweckten, die ihr nahetraten.“ 1)
Wahrlich, von allem was auf Philipps Rechnung steht, setzt
ihn nichts mehr herab, als die Stumpfheit, mit welcher er einen
solchen Schatz von Verstand und Herz vernachlässigte, und zu
einer Art stummer Einzelhaft verurtheilte.
Nur ein Bildniss giebt es von Isabella im Pradomuseum
und in Spanien, das Reiterporträt, welches schon im Salon von
Buen Retiro am Eingang als Pendant zu dem ihres Gemahls
hing. Hier sah es jene Französin im Jahre 1679, ihre Beschrei-
bung ist wol die früheste die es von einem Velazquez’schen Ge-
1) Depesche Niccoló Sagredo’s vom 6. Oktober 1644 im Archiv der Frari.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/55>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.