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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Der Admiral Adrian Pulido.
Admiralschiffes stehn. Ein Mann der am Platz ist, wo es Wider-
stand bis zum äussersten gilt, der nöthigenfalls ruhig die Lunte
in die Pulverkammer tragen wird.

Beide Hände stecken in gelben Lederhandschuhen; in der
Rechten hält er den Admiralstab, in der Linken hängt der sehr
breite Filzhut, die untere Seite nach aussen gekehrt. Auf der
Brust trägt er das rothemaillirte Schildchen des Santiagoordens
und die rothe Schärpe mit Goldsaum.

Nach Palomino malte Velazquez diess Bild mit langstiligen
Pinseln und brochas (Borstenpinseln), um mit mehr Erfolg und
Bravour (valentia) zu arbeiten. Es erscheint auch sehr breit, doch
mehr feurig kräftig als leicht behandelt; Waagen findet sogar
"fleissige Ausführung", W. Burger wird an Tizian erinnert.

Und diess Werk fällt in dasselbe Jahr wie jenes Krucifix.
Es sind zwei Pole seiner Kunst. Ein schönes Beispiel, wie der
echte Künstler für jeglichen Stoff und aus ihm dessen Form
schafft, und jeden Augenblick im Stand ist, sich von der Routine
der Hand frei zu machen. --

Eine übereinstimmende Figur befand sich schon 1818 in
Woburn Abbey, dem Landsitz des Herzogs von Bedford. Nur
trägt der Admiral hier statt des kleinen eliptischen Medaillons
ein grosses, rothes Ordenskreuz aufs Wams genäht. Eine fremde
Hand vermochte ich nicht darin zu entdecken; es kann wohl
eine gleichzeitige Wiederholung des Meisters sein. Doch nur
die Figur; denn die ganze Umgebung, welche ursprünglich wahr-
scheinlich ebenso leergelassen war, wie in dem ersten Exemplar,
ist mindestens 22 Jahre später, im Auftrag des damaligen Be-
sitzers ausgefüllt worden. Der Admiral steht hier vor einer
Wand, ein roter Vorhang hängt links bis zu Schulterhöhe her-
ab; der braune Fussboden ist in breiten polygonen Rissen zer-
sprungen; rechts öffnet sich der Blick auf die See, mit der Scene
einer Seeschlacht. Der Himmel, am Horizont blau, ist oben mit
schweren Wolken bedeckt. Alles diess verrät die Hand eines
geringen Malers, der auch links unten den Schild mit dem Namen1)
hingesetzt hat; an demselben Platz wie oft auf Bildnissen der
Zeit, z. B. dem des Capuchino espannol im Museum des Prado.
Wahrscheinlich geschah diess bei der Aufnahme des Gemäldes

1) ADRIAN | PVLIDO PAREJA | Capitan general | de la Armada y |
Flota de nueua | Espanna | Fallecio en la Ciudad de la nueua Vera | Cruz | 1660.
Die Maasse des ersten sind 81" x 44", die des zweiten 771/4" x 421/4" nach Curtis
und G. Scharf.

Der Admiral Adrian Pulido.
Admiralschiffes stehn. Ein Mann der am Platz ist, wo es Wider-
stand bis zum äussersten gilt, der nöthigenfalls ruhig die Lunte
in die Pulverkammer tragen wird.

Beide Hände stecken in gelben Lederhandschuhen; in der
Rechten hält er den Admiralstab, in der Linken hängt der sehr
breite Filzhut, die untere Seite nach aussen gekehrt. Auf der
Brust trägt er das rothemaillirte Schildchen des Santiagoordens
und die rothe Schärpe mit Goldsaum.

Nach Palomino malte Velazquez diess Bild mit langstiligen
Pinseln und brochas (Borstenpinseln), um mit mehr Erfolg und
Bravour (valentia) zu arbeiten. Es erscheint auch sehr breit, doch
mehr feurig kräftig als leicht behandelt; Waagen findet sogar
„fleissige Ausführung“, W. Burger wird an Tizian erinnert.

Und diess Werk fällt in dasselbe Jahr wie jenes Krucifix.
Es sind zwei Pole seiner Kunst. Ein schönes Beispiel, wie der
echte Künstler für jeglichen Stoff und aus ihm dessen Form
schafft, und jeden Augenblick im Stand ist, sich von der Routine
der Hand frei zu machen. —

Eine übereinstimmende Figur befand sich schon 1818 in
Woburn Abbey, dem Landsitz des Herzogs von Bedford. Nur
trägt der Admiral hier statt des kleinen eliptischen Medaillons
ein grosses, rothes Ordenskreuz aufs Wams genäht. Eine fremde
Hand vermochte ich nicht darin zu entdecken; es kann wohl
eine gleichzeitige Wiederholung des Meisters sein. Doch nur
die Figur; denn die ganze Umgebung, welche ursprünglich wahr-
scheinlich ebenso leergelassen war, wie in dem ersten Exemplar,
ist mindestens 22 Jahre später, im Auftrag des damaligen Be-
sitzers ausgefüllt worden. Der Admiral steht hier vor einer
Wand, ein roter Vorhang hängt links bis zu Schulterhöhe her-
ab; der braune Fussboden ist in breiten polygonen Rissen zer-
sprungen; rechts öffnet sich der Blick auf die See, mit der Scene
einer Seeschlacht. Der Himmel, am Horizont blau, ist oben mit
schweren Wolken bedeckt. Alles diess verrät die Hand eines
geringen Malers, der auch links unten den Schild mit dem Namen1)
hingesetzt hat; an demselben Platz wie oft auf Bildnissen der
Zeit, z. B. dem des Capuchino español im Museum des Prado.
Wahrscheinlich geschah diess bei der Aufnahme des Gemäldes

1) ADRIAN | PVLIDO PAREJA | Capitan general | de la Armada y |
Flota de nueua | España | Falleció en la Ciudad de la nueua Vera | Cruz | 1660.
Die Maasse des ersten sind 81″ × 44″, die des zweiten 77¼″ × 42¼″ nach Curtis
und G. Scharf.
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[73/0093] Der Admiral Adrian Pulido. Admiralschiffes stehn. Ein Mann der am Platz ist, wo es Wider- stand bis zum äussersten gilt, der nöthigenfalls ruhig die Lunte in die Pulverkammer tragen wird. Beide Hände stecken in gelben Lederhandschuhen; in der Rechten hält er den Admiralstab, in der Linken hängt der sehr breite Filzhut, die untere Seite nach aussen gekehrt. Auf der Brust trägt er das rothemaillirte Schildchen des Santiagoordens und die rothe Schärpe mit Goldsaum. Nach Palomino malte Velazquez diess Bild mit langstiligen Pinseln und brochas (Borstenpinseln), um mit mehr Erfolg und Bravour (valentia) zu arbeiten. Es erscheint auch sehr breit, doch mehr feurig kräftig als leicht behandelt; Waagen findet sogar „fleissige Ausführung“, W. Burger wird an Tizian erinnert. Und diess Werk fällt in dasselbe Jahr wie jenes Krucifix. Es sind zwei Pole seiner Kunst. Ein schönes Beispiel, wie der echte Künstler für jeglichen Stoff und aus ihm dessen Form schafft, und jeden Augenblick im Stand ist, sich von der Routine der Hand frei zu machen. — Eine übereinstimmende Figur befand sich schon 1818 in Woburn Abbey, dem Landsitz des Herzogs von Bedford. Nur trägt der Admiral hier statt des kleinen eliptischen Medaillons ein grosses, rothes Ordenskreuz aufs Wams genäht. Eine fremde Hand vermochte ich nicht darin zu entdecken; es kann wohl eine gleichzeitige Wiederholung des Meisters sein. Doch nur die Figur; denn die ganze Umgebung, welche ursprünglich wahr- scheinlich ebenso leergelassen war, wie in dem ersten Exemplar, ist mindestens 22 Jahre später, im Auftrag des damaligen Be- sitzers ausgefüllt worden. Der Admiral steht hier vor einer Wand, ein roter Vorhang hängt links bis zu Schulterhöhe her- ab; der braune Fussboden ist in breiten polygonen Rissen zer- sprungen; rechts öffnet sich der Blick auf die See, mit der Scene einer Seeschlacht. Der Himmel, am Horizont blau, ist oben mit schweren Wolken bedeckt. Alles diess verrät die Hand eines geringen Malers, der auch links unten den Schild mit dem Namen 1) hingesetzt hat; an demselben Platz wie oft auf Bildnissen der Zeit, z. B. dem des Capuchino español im Museum des Prado. Wahrscheinlich geschah diess bei der Aufnahme des Gemäldes 1) ADRIAN | PVLIDO PAREJA | Capitan general | de la Armada y | Flota de nueua | España | Falleció en la Ciudad de la nueua Vera | Cruz | 1660. Die Maasse des ersten sind 81″ × 44″, die des zweiten 77¼″ × 42¼″ nach Curtis und G. Scharf.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/93>, abgerufen am 04.12.2024.