Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.Der Marques von Castel Rodrigo. Kein so hell gehaltenes Porträt des Malers ist bekannt: aberes wäre in seiner Art, das Ganze nach dem Weiss des Greisen- haars zu stimmen. So ausdrucksvoll ist es, dass man sich nicht enthalten kann, das Wesen des Mannes heraus zu lesen, und Schreiber dieses hatte die Genugthuung, seine danach gedich- tete Charakteristik später in dem Abschnitt der Relation des Venezianers Girolamo Giustiniani von 1649 im Wesentlichen bestä- tigt zu finden1). Es muss freilich sogleich hinzugefügt werden, dass nicht alles in dem Gemälde die Hand des Velazquez bezeugt. Der Grund, der Anzug, selbst die für den alten Mann zu kräftig vollen und glatten Hände müssen übermalt oder hinzugemalt sein. Nach dem Wappen in der rechten Ecke oben muss das Auch die Chronologie des Lebens beider, des Künstlers 1) "Er ist sehr thätig, obwol bereits alt. Er ist der charakterfesteste (sodo)
Minister den der König hat, und gilt für christlich und uninteressirt; in der Unter- haltung klar und aufrichtig, obwol staatsklug und besonnen; in allen Stücken han- delt er mit Mässigung und ohne Ostentation. Der König sieht ihn gern und schätzt ihn hoch, weil er freimüthig redet." Und Ameyden bemerkt von ihm in seinem römi- schen Tagebuch (3. Februar 1641): "Er hinterlässt ein sehr gutes Andenken bei allen, von Güte, Rechtschaffenheit und Tüchtigkeit" (valore). Der Marques von Castel Rodrigo. Kein so hell gehaltenes Porträt des Malers ist bekannt: aberes wäre in seiner Art, das Ganze nach dem Weiss des Greisen- haars zu stimmen. So ausdrucksvoll ist es, dass man sich nicht enthalten kann, das Wesen des Mannes heraus zu lesen, und Schreiber dieses hatte die Genugthuung, seine danach gedich- tete Charakteristik später in dem Abschnitt der Relation des Venezianers Girolamo Giustiniani von 1649 im Wesentlichen bestä- tigt zu finden1). Es muss freilich sogleich hinzugefügt werden, dass nicht alles in dem Gemälde die Hand des Velazquez bezeugt. Der Grund, der Anzug, selbst die für den alten Mann zu kräftig vollen und glatten Hände müssen übermalt oder hinzugemalt sein. Nach dem Wappen in der rechten Ecke oben muss das Auch die Chronologie des Lebens beider, des Künstlers 1) „Er ist sehr thätig, obwol bereits alt. Er ist der charakterfesteste (sodo)
Minister den der König hat, und gilt für christlich und uninteressirt; in der Unter- haltung klar und aufrichtig, obwol staatsklug und besonnen; in allen Stücken han- delt er mit Mässigung und ohne Ostentation. Der König sieht ihn gern und schätzt ihn hoch, weil er freimüthig redet.“ Und Ameyden bemerkt von ihm in seinem römi- schen Tagebuch (3. Februar 1641): „Er hinterlässt ein sehr gutes Andenken bei allen, von Güte, Rechtschaffenheit und Tüchtigkeit“ (valore). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0099" n="79"/><fw place="top" type="header">Der Marques von Castel Rodrigo.</fw><lb/> Kein so hell gehaltenes Porträt des Malers ist bekannt: aber<lb/> es wäre in seiner Art, das Ganze nach dem Weiss des Greisen-<lb/> haars zu stimmen. So ausdrucksvoll ist es, dass man sich nicht<lb/> enthalten kann, das Wesen des Mannes heraus zu lesen, und<lb/> Schreiber dieses hatte die Genugthuung, seine danach gedich-<lb/> tete Charakteristik später in dem Abschnitt der Relation des<lb/> Venezianers Girolamo Giustiniani von 1649 im Wesentlichen bestä-<lb/> tigt zu finden<note place="foot" n="1)">„Er ist sehr thätig, obwol bereits alt. Er ist der charakterfesteste (<hi rendition="#i">sodo</hi>)<lb/> Minister den der König hat, und gilt für christlich und uninteressirt; in der Unter-<lb/> haltung klar und aufrichtig, obwol staatsklug und besonnen; in allen Stücken han-<lb/> delt er mit Mässigung und ohne Ostentation. Der König sieht ihn gern und schätzt<lb/> ihn hoch, weil er freimüthig redet.“ Und Ameyden bemerkt von ihm in seinem römi-<lb/> schen Tagebuch (3. Februar 1641): „Er hinterlässt ein sehr gutes Andenken bei allen,<lb/> von Güte, Rechtschaffenheit und Tüchtigkeit“ (<hi rendition="#i">valore</hi>).</note>. Es muss freilich sogleich hinzugefügt werden, dass<lb/> nicht alles in dem Gemälde die Hand des Velazquez bezeugt.<lb/> Der Grund, der Anzug, selbst die für den alten Mann zu kräftig<lb/> vollen und glatten Hände müssen übermalt oder hinzugemalt sein.</p><lb/> <p>Nach dem Wappen in der rechten Ecke oben muss das<lb/> Bild schon vor alter Zeit für ein Bildniss des zweiten Marques<lb/> von Castel Rodrigo, Don Manuel de Moura gegolten haben; es<lb/> sind nämlich die Wappen der Familien de Moura und Corte<lb/> Real, des Namens der Mutter D. Manuels vereinigt. Auf ihn<lb/> weist auch das Schildchen des Christusordens, den ihm einst<lb/> Philipp IV gegeben, als er Olivares den Alcántaraorden ab-<lb/> trat (I. 214.).</p><lb/> <p>Auch die Chronologie des Lebens beider, des Künstlers<lb/> und des Staatsmanns, böte die Möglichkeit, das Porträt wahr-<lb/> scheinlich und ziemlich bestimmt zu datiren. D. Manuel ist von<lb/> 1631 bis 1648 mit auswärtigen Missionen betraut gewesen, und<lb/> in diesen siebzehn Jahren nicht mit dem Maler zusammenge-<lb/> troffen. Zuerst als Gesandter bei Urban VIII, seit 1644 als<lb/> Civilgouverneur von Flandern, von wo er Anfang 1648 nach<lb/> Madrid zurückkehrte. Nach dem hohen Alter kann er nicht vor<lb/> 1631 gemalt sein; und da Velazquez im December 1648 nach<lb/> Italien gereist ist, von wo er im Sommer 1651 heimkehrte: so<lb/> bleibt für die Aufnahme nur das Jahr 1648, und die zweite<lb/> Hälfte von 1651; denn D. Manuel starb bereits am 28. Januar<lb/> 1652. Er war mit ungewöhnlichen Auszeichnungen bei Hofe<lb/> empfangen worden; vor mehr als einem Vierteljahrhundert war<lb/> seine Erhebung zum Granden eine der ersten Regierungshand-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0099]
Der Marques von Castel Rodrigo.
Kein so hell gehaltenes Porträt des Malers ist bekannt: aber
es wäre in seiner Art, das Ganze nach dem Weiss des Greisen-
haars zu stimmen. So ausdrucksvoll ist es, dass man sich nicht
enthalten kann, das Wesen des Mannes heraus zu lesen, und
Schreiber dieses hatte die Genugthuung, seine danach gedich-
tete Charakteristik später in dem Abschnitt der Relation des
Venezianers Girolamo Giustiniani von 1649 im Wesentlichen bestä-
tigt zu finden 1). Es muss freilich sogleich hinzugefügt werden, dass
nicht alles in dem Gemälde die Hand des Velazquez bezeugt.
Der Grund, der Anzug, selbst die für den alten Mann zu kräftig
vollen und glatten Hände müssen übermalt oder hinzugemalt sein.
Nach dem Wappen in der rechten Ecke oben muss das
Bild schon vor alter Zeit für ein Bildniss des zweiten Marques
von Castel Rodrigo, Don Manuel de Moura gegolten haben; es
sind nämlich die Wappen der Familien de Moura und Corte
Real, des Namens der Mutter D. Manuels vereinigt. Auf ihn
weist auch das Schildchen des Christusordens, den ihm einst
Philipp IV gegeben, als er Olivares den Alcántaraorden ab-
trat (I. 214.).
Auch die Chronologie des Lebens beider, des Künstlers
und des Staatsmanns, böte die Möglichkeit, das Porträt wahr-
scheinlich und ziemlich bestimmt zu datiren. D. Manuel ist von
1631 bis 1648 mit auswärtigen Missionen betraut gewesen, und
in diesen siebzehn Jahren nicht mit dem Maler zusammenge-
troffen. Zuerst als Gesandter bei Urban VIII, seit 1644 als
Civilgouverneur von Flandern, von wo er Anfang 1648 nach
Madrid zurückkehrte. Nach dem hohen Alter kann er nicht vor
1631 gemalt sein; und da Velazquez im December 1648 nach
Italien gereist ist, von wo er im Sommer 1651 heimkehrte: so
bleibt für die Aufnahme nur das Jahr 1648, und die zweite
Hälfte von 1651; denn D. Manuel starb bereits am 28. Januar
1652. Er war mit ungewöhnlichen Auszeichnungen bei Hofe
empfangen worden; vor mehr als einem Vierteljahrhundert war
seine Erhebung zum Granden eine der ersten Regierungshand-
1) „Er ist sehr thätig, obwol bereits alt. Er ist der charakterfesteste (sodo)
Minister den der König hat, und gilt für christlich und uninteressirt; in der Unter-
haltung klar und aufrichtig, obwol staatsklug und besonnen; in allen Stücken han-
delt er mit Mässigung und ohne Ostentation. Der König sieht ihn gern und schätzt
ihn hoch, weil er freimüthig redet.“ Und Ameyden bemerkt von ihm in seinem römi-
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