Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

bis meine Töchter herangewachsen waren; dann versorgte ich sie an einen meiner Commis, dem ich statt der Ausstattung eine kleine Handlung etablirte.

Sie war dieser Belohnung würdig. Doch konnten Ihre Demoiselles Töchter Ihnen diesen Verlust ersetzen?

Ach, Mr. Waltmann, sie hatte sie aufs Beste erzogen, und zu Hausfrauen so gut, als zu Damen von gutem Ton gebildet. Ich vermißte nichts, was meine Zufriedenheit befördern konnte, wären sie nur weniger schön, oder wenigstens nicht alle drei gleich liebenswürdig gewesen.

Ein ganz außerordentliches Unglück, Mr. Gerson.

Ich gestehe Ihnen meine väterliche Schwachheit, ich hielt es anfangs für mein größtes Glück und war stolz darauf, daß ganz Bordeaux, ja die ganze Provinz nichts Aehnliches ausweisen konnte. Es fehlte nicht an Liebhabern --

Das versteht sich von selbst, und ich wundere mich nur, die Mauern Ihres Hauses noch in so gutem Stande zu sehen.

Die bald die eine, bald die andere sich geneigt zu machen suchten. Aber meine Töchter waren zu klug, zu gesetzt und der Lehren ihrer Pflegemutter zu eingedenk, um sich in ein Spiel von Empfindungen einzulassen, das wohl zu Abenteuern, aber nicht zu einer ehrenvollen Versorgung führt.

Wie alle Spiele, Mr. Gerson.

bis meine Töchter herangewachsen waren; dann versorgte ich sie an einen meiner Commis, dem ich statt der Ausstattung eine kleine Handlung etablirte.

Sie war dieser Belohnung würdig. Doch konnten Ihre Demoiselles Töchter Ihnen diesen Verlust ersetzen?

Ach, Mr. Waltmann, sie hatte sie aufs Beste erzogen, und zu Hausfrauen so gut, als zu Damen von gutem Ton gebildet. Ich vermißte nichts, was meine Zufriedenheit befördern konnte, wären sie nur weniger schön, oder wenigstens nicht alle drei gleich liebenswürdig gewesen.

Ein ganz außerordentliches Unglück, Mr. Gerson.

Ich gestehe Ihnen meine väterliche Schwachheit, ich hielt es anfangs für mein größtes Glück und war stolz darauf, daß ganz Bordeaux, ja die ganze Provinz nichts Aehnliches ausweisen konnte. Es fehlte nicht an Liebhabern —

Das versteht sich von selbst, und ich wundere mich nur, die Mauern Ihres Hauses noch in so gutem Stande zu sehen.

Die bald die eine, bald die andere sich geneigt zu machen suchten. Aber meine Töchter waren zu klug, zu gesetzt und der Lehren ihrer Pflegemutter zu eingedenk, um sich in ein Spiel von Empfindungen einzulassen, das wohl zu Abenteuern, aber nicht zu einer ehrenvollen Versorgung führt.

Wie alle Spiele, Mr. Gerson.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="8">
        <p><pb facs="#f0029"/>
bis meine                Töchter herangewachsen waren; dann versorgte ich sie an einen meiner Commis, dem ich                statt der Ausstattung eine kleine Handlung etablirte.</p><lb/>
        <p>Sie war dieser Belohnung würdig. Doch konnten Ihre Demoiselles Töchter Ihnen diesen                Verlust ersetzen?</p><lb/>
        <p>Ach, Mr. Waltmann, sie hatte sie aufs Beste erzogen, und zu Hausfrauen so gut, als zu                Damen von gutem Ton gebildet. Ich vermißte nichts, was meine Zufriedenheit befördern                konnte, wären sie nur weniger schön, oder wenigstens nicht alle drei gleich                liebenswürdig gewesen.</p><lb/>
        <p>Ein ganz außerordentliches Unglück, Mr. Gerson.</p><lb/>
        <p>Ich gestehe Ihnen meine väterliche Schwachheit, ich hielt es anfangs für mein größtes                Glück und war stolz darauf, daß ganz Bordeaux, ja die ganze Provinz nichts Aehnliches                ausweisen konnte. Es fehlte nicht an Liebhabern &#x2014;</p><lb/>
        <p>Das versteht sich von selbst, und ich wundere mich nur, die Mauern Ihres Hauses noch                in so gutem Stande zu sehen.</p><lb/>
        <p>Die bald die eine, bald die andere sich geneigt zu machen suchten. Aber meine Töchter                waren zu klug, zu gesetzt und der Lehren ihrer Pflegemutter zu eingedenk, um sich in                ein Spiel von Empfindungen einzulassen, das wohl zu Abenteuern, aber nicht zu einer                ehrenvollen Versorgung führt.</p><lb/>
        <p>Wie alle Spiele, Mr. Gerson.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0029] bis meine Töchter herangewachsen waren; dann versorgte ich sie an einen meiner Commis, dem ich statt der Ausstattung eine kleine Handlung etablirte. Sie war dieser Belohnung würdig. Doch konnten Ihre Demoiselles Töchter Ihnen diesen Verlust ersetzen? Ach, Mr. Waltmann, sie hatte sie aufs Beste erzogen, und zu Hausfrauen so gut, als zu Damen von gutem Ton gebildet. Ich vermißte nichts, was meine Zufriedenheit befördern konnte, wären sie nur weniger schön, oder wenigstens nicht alle drei gleich liebenswürdig gewesen. Ein ganz außerordentliches Unglück, Mr. Gerson. Ich gestehe Ihnen meine väterliche Schwachheit, ich hielt es anfangs für mein größtes Glück und war stolz darauf, daß ganz Bordeaux, ja die ganze Provinz nichts Aehnliches ausweisen konnte. Es fehlte nicht an Liebhabern — Das versteht sich von selbst, und ich wundere mich nur, die Mauern Ihres Hauses noch in so gutem Stande zu sehen. Die bald die eine, bald die andere sich geneigt zu machen suchten. Aber meine Töchter waren zu klug, zu gesetzt und der Lehren ihrer Pflegemutter zu eingedenk, um sich in ein Spiel von Empfindungen einzulassen, das wohl zu Abenteuern, aber nicht zu einer ehrenvollen Versorgung führt. Wie alle Spiele, Mr. Gerson.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:26:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:26:46Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/29
Zitationshilfe: Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/29>, abgerufen am 28.04.2024.