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Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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mich tief, Mr. Gerson, durch eine Erzählung, die mich erwarten läßt, ich sei von Hamburg nach Bordeaux nur darum gereis't, einen neuen Beitrag zur Ausfüllung des vollen Schocks zu gewähren.

Erlauben Sie -- in einem freundschaftlichen Briefe an Ihren Herrn Vater beklagte ich mich darüber und schilderte ihm meine ganze Lage. Er antwortete mir, er hätte einen einzigen Sohn, einen talentvollen, gutgearteten --

Ich verneigte mich.

Aber etwas unordentlichen und seinem feurigen Temperamente sich zu sehr überlassenden jungen Mann --

Pardieu! rief ich, und kratzte meinen Tituskopf, mein Vater schmeichelt seinen Kindern nicht!

Und es würde ihn sehr freuen, ihn mit einer meiner Töchter verbunden zu sehen, wenn er ihr Herz und meinen Beifall gewinnen könnte. Ich antwortete ihm, daß mir nichts angenehmer sein könnte, als eine so genaue Verbindung mit dem Hause meines alten Freundes und Wohlthäters -- daß ich einem Manne von solchen Eigenschaften, als er seinem Sohne beilegte, meinen Beifall nicht versagen würde, weil ich die Unbesonnenheiten der Jugend gehörig zu würdigen wüßte.

Sehr verbunden, Mr. Gerson! da sieht man was Weisheit aus eigener Erfahrung vor gelernter voraus hat.

mich tief, Mr. Gerson, durch eine Erzählung, die mich erwarten läßt, ich sei von Hamburg nach Bordeaux nur darum gereis't, einen neuen Beitrag zur Ausfüllung des vollen Schocks zu gewähren.

Erlauben Sie — in einem freundschaftlichen Briefe an Ihren Herrn Vater beklagte ich mich darüber und schilderte ihm meine ganze Lage. Er antwortete mir, er hätte einen einzigen Sohn, einen talentvollen, gutgearteten —

Ich verneigte mich.

Aber etwas unordentlichen und seinem feurigen Temperamente sich zu sehr überlassenden jungen Mann —

Pardieu! rief ich, und kratzte meinen Tituskopf, mein Vater schmeichelt seinen Kindern nicht!

Und es würde ihn sehr freuen, ihn mit einer meiner Töchter verbunden zu sehen, wenn er ihr Herz und meinen Beifall gewinnen könnte. Ich antwortete ihm, daß mir nichts angenehmer sein könnte, als eine so genaue Verbindung mit dem Hause meines alten Freundes und Wohlthäters — daß ich einem Manne von solchen Eigenschaften, als er seinem Sohne beilegte, meinen Beifall nicht versagen würde, weil ich die Unbesonnenheiten der Jugend gehörig zu würdigen wüßte.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:26:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:26:46Z)

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Zitationshilfe: Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/31>, abgerufen am 28.04.2024.