Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. laubte ihm auch nicht, den noch einzig übergebliebnen Sohn von vier Jahren zu küssen.Der zweite Sohn war vor wenig Tagen gestorben und lag noch unbegraben da. Von diesem traurigen Ort brachte man nun den unglüklichen Faulcon außer der Geschichte der Franzosen. De Fargues, der von allem diesen nichts wuste, kam indes nach dem an ihm Durch dies Verfahren würde sich gewis der französische General eine blutige Ra- als
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. laubte ihm auch nicht, den noch einzig uͤbergebliebnen Sohn von vier Jahren zu kuͤſſen.Der zweite Sohn war vor wenig Tagen geſtorben und lag noch unbegraben da. Von dieſem traurigen Ort brachte man nun den ungluͤklichen Faulcon außer der Geſchichte der Franzoſen. De Fargues, der von allem dieſen nichts wuſte, kam indes nach dem an ihm Durch dies Verfahren wuͤrde ſich gewis der franzoͤſiſche General eine blutige Ra- als
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
laubte ihm auch nicht, den noch einzig uͤbergebliebnen Sohn von vier Jahren zu kuͤſſen.
Der zweite Sohn war vor wenig Tagen geſtorben und lag noch unbegraben da.
Von dieſem traurigen Ort brachte man nun den ungluͤklichen Faulcon außer der
Stadt an den ordentlichen Gerichtplaz, wo man ihm, ob er ſich gleich ſtraͤubte, den Kopf
abhieb, und den Leichnam in zwei Stuͤcken zertrente. Man bedekte dieſe zwar mit ein
wenig Erde, aber die Hunde wuͤhlten ſie noch dieſelbe Nacht wieder auf, und verzehrten den
ganzen Koͤrper bis auf die Knochen. Sein Wappen, das aus zwei ſilbernen Kreuzen be-
ſtand; eine mit Gold beſchlagne Reliquie, die ihm der Pabſt geſchenkt hatte, und welche
er an der Bruſt zu tragen pflegte; den Ritterorden von St. Michael, womit ihn der al-
lerchriſtlichſte Koͤnig beehrt hatte, dieſe Koſtbarkeiten uͤbergab der ungluͤkliche Man einem
neben ihm ſtehenden Mandarin, und erſuchte ihn ſie ſeinem Sohn einzuhaͤndigen. Die-
ſem kan aber wenig damit gedient ſeyn, da ſeine Mutter jezt mit ihm vor den Thuͤren das
Brod betteln mus, und Niemand es wagt, fuͤr dieſe Elenden ein Fuͤrwort einzulegen.
Geſchichte der Franzoſen.
De Fargues, der von allem dieſen nichts wuſte, kam indes nach dem an ihm
ergangnen Aufgebot mit wenigen Truppen bei Hofe an, wo er aber alles ganz anders
fand, als er es erwartet hatte. Er wurde zwar dem aͤußern Anſehn nach ſehr gut empfan-
gen, und im Namen des Koͤnigs mit einer goldnen Piſangsdoſe beſchenkt, allein er mu-
ſte auch ſeine zwei Soͤhne und zwoͤlf Franzoſen als Geiſſeln hinterlaſſen, und dann ſogleich
wieder nach Bankok zuruͤkgehn, mit dem Verſprechen, dieſe Feſtung wieder in ſiamiſche
Haͤnde zu uͤberliefern. Es war aber nicht ſein Wille, dies Verſprechen zu erfuͤllen. Er
lies die Schiffer, die ihn den Flus heruntergebracht hatten, ins Gefaͤngnis werfen; von
ſeiner Feſtung auf die Siamer und ihre vorbeiſegelnde Schiffe mit Kanonen feuern, und
bemuͤhte ſich auf alle Weiſe, als ihr Feind zu handeln. Als ein Paar ſeiner Soldaten,
die aus dem Lande gebuͤrtig waren, ſich weigerten ſeinen Befehlen zu gehorchen, lies er
ſie ſogleich im Angeſicht der Siamer auf den Mauern der Feſtung auf haͤngen.
Durch dies Verfahren wuͤrde ſich gewis der franzoͤſiſche General eine blutige Ra-
che bereitet haben, wenn er ſich nicht bald beſſer beſonnen und ſein Betragen geaͤndert haͤt-
te. Schon fingen die Siamer an, einige Schanzen an dem Flus hinunter aufzuwerfen,
um dadurch dem de Fargues die Flucht abzuſchneiden; als dieſer einen andern Ton annahm,
ſeine vorige Handlungen zu entſchuldigen bat, und alle Schuld blos auf ſeine Leute ſchob,
die ihm nicht haͤtten gehorchen wollen. Er hielt zugleich um ein Schif an, mit dem er
nach Europa abreiſen wolte. Der hollaͤndiſche Reſident that ihm hierin die beſten
Dienſte; er ſtelte nemlich dem Hofe vor, man wuͤrde ſich nicht ruͤhmlicher raͤchen koͤnnen,
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