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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch.
Reich Siam, wie sie dann auch der Siamer Pali oder Bibel, (welche die Peguer Mac-
catappasa
nennen) in derer Khom oder Khomuttenschrift sich bedienen, und bekennen,
daß sie diese von den Siamern bekommen haben.

Die Sineser und Japaner geben für das Vaterland dieses Heiligen und seiner
Offenbarung das Land Magatta an, welches sie Tensik Magatta Kokf, d. i. das
himmelländische Magatta aussprechen. Sie verstehen darunter das feste Land von Jn-
dien, und darunter also auch Pegu und Siam, und glauben, daß der Siacka der Sohn
eines Königs dieser Lande gewesen sey. So schieben diese Nationen immer eine der andern
die Geburt ihres Lehrers zu, wahrscheinlich weil ein fremder Prophet immer am meisten
geschäzt wird.

Die gelehrten Brahmanen und Benjanen glauben diese Widersprüche am besten
zu vereinigen, wenn sie behaupten, Budha habe weder Vater noch Mutter gehabt, und
gestehen, daß sie von seinem Vaterlande und Geburt nichts wissen. Sie malen ihn in
der Gestalt eines Mannes mit vier Armen, und erzählen keine andere Wunder oder Legen-
den von ihm, als einen Beweis seiner ausnehmenden Frömmigkeit, daß er nemlich 26430
Jahre in einer Tarateblume sitzend den höchsten Gott lobe, nachdem er schon vor 21639
Jahren (von diesem Jahre 1690 christlicher Zeitrechnung angerechnet) sich der Welt zuerst
geoffenbaret und gezeigt habe. Die Siamer und andere orientalische Nationen wissen da-
gegen von der Geburt, dem Leben, Lehren und Wundern dieses Prah oder Siacka gan-
ze Bücher vorzuzeigen.

Diese so verschiedenen und mit einander streitenden Berichte, welche ich in den
angezeigten Ländern gefunden habe, weis ich nicht besser zu vereinigen, als wenn ich folgen-
de Meinung annehme: Die Siamer und entferntere Ostvölker haben einen jüngern Lehrer
mit dem Budha verwechselt, wie in der griechischen und aegyptischen Geschichte dergleichen
Verwirrung der Götter und ihrer Namen sehr gewöhnlich ist. Der Prah oder Siacka
wäre also nicht der vorherbenante Budha, noch vielweniger der Ram oder Rama, wie
Kircher in seiner Sina illustrata meint, da dieser leztere viele hundert tausend Jahre vor-
her gelebt hat. Er ist vielmehr wahrscheinlich ein jüngerer Verführer, der etwa fünf hun-
dert Jahre vor Christi Geburt zuerst in der Welt erschienen ist. Alle Umstände beweisen
auch, daß er kein Asiate oder Jndianer, sondern ein memphitischer, vermuthlich vorneh-
mer Priester und Mohre gewesen sey, welcher nebst seiner Clerisey verjagt wurde, und als-
dann den ägyptischen Götzendienst nach Jndien überbrachte und daselbst fortpflanzte. Jch
habe für diese Hypothese folgende Beweise:

Erstlich die Aehnlichkeit dieser asiatischen Religion mit der alten aegyptischen in den
wichtigsten Theilen. So stelten die Aegypter ihre Götter in der Gestalt mancherlei Thiere
und menschlicher Misgeburten vor, und eben so auch diese Nationen, obgleich ihre Nach-

barn,

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
Reich Siam, wie ſie dann auch der Siamer Pali oder Bibel, (welche die Peguer Mac-
catappaſa
nennen) in derer Khom oder Khomuttenſchrift ſich bedienen, und bekennen,
daß ſie dieſe von den Siamern bekommen haben.

Die Sineſer und Japaner geben fuͤr das Vaterland dieſes Heiligen und ſeiner
Offenbarung das Land Magatta an, welches ſie Tenſik Magatta Kokf, d. i. das
himmellaͤndiſche Magatta ausſprechen. Sie verſtehen darunter das feſte Land von Jn-
dien, und darunter alſo auch Pegu und Siam, und glauben, daß der Siacka der Sohn
eines Koͤnigs dieſer Lande geweſen ſey. So ſchieben dieſe Nationen immer eine der andern
die Geburt ihres Lehrers zu, wahrſcheinlich weil ein fremder Prophet immer am meiſten
geſchaͤzt wird.

Die gelehrten Brahmanen und Benjanen glauben dieſe Widerſpruͤche am beſten
zu vereinigen, wenn ſie behaupten, Budha habe weder Vater noch Mutter gehabt, und
geſtehen, daß ſie von ſeinem Vaterlande und Geburt nichts wiſſen. Sie malen ihn in
der Geſtalt eines Mannes mit vier Armen, und erzaͤhlen keine andere Wunder oder Legen-
den von ihm, als einen Beweis ſeiner ausnehmenden Froͤmmigkeit, daß er nemlich 26430
Jahre in einer Tarateblume ſitzend den hoͤchſten Gott lobe, nachdem er ſchon vor 21639
Jahren (von dieſem Jahre 1690 chriſtlicher Zeitrechnung angerechnet) ſich der Welt zuerſt
geoffenbaret und gezeigt habe. Die Siamer und andere orientaliſche Nationen wiſſen da-
gegen von der Geburt, dem Leben, Lehren und Wundern dieſes Prah oder Siacka gan-
ze Buͤcher vorzuzeigen.

Dieſe ſo verſchiedenen und mit einander ſtreitenden Berichte, welche ich in den
angezeigten Laͤndern gefunden habe, weis ich nicht beſſer zu vereinigen, als wenn ich folgen-
de Meinung annehme: Die Siamer und entferntere Oſtvoͤlker haben einen juͤngern Lehrer
mit dem Budha verwechſelt, wie in der griechiſchen und aegyptiſchen Geſchichte dergleichen
Verwirrung der Goͤtter und ihrer Namen ſehr gewoͤhnlich iſt. Der Prah oder Siacka
waͤre alſo nicht der vorherbenante Budha, noch vielweniger der Ram oder Rama, wie
Kircher in ſeiner Sina illuſtrata meint, da dieſer leztere viele hundert tauſend Jahre vor-
her gelebt hat. Er iſt vielmehr wahrſcheinlich ein juͤngerer Verfuͤhrer, der etwa fuͤnf hun-
dert Jahre vor Chriſti Geburt zuerſt in der Welt erſchienen iſt. Alle Umſtaͤnde beweiſen
auch, daß er kein Aſiate oder Jndianer, ſondern ein memphitiſcher, vermuthlich vorneh-
mer Prieſter und Mohre geweſen ſey, welcher nebſt ſeiner Cleriſey verjagt wurde, und als-
dann den aͤgyptiſchen Goͤtzendienſt nach Jndien uͤberbrachte und daſelbſt fortpflanzte. Jch
habe fuͤr dieſe Hypotheſe folgende Beweiſe:

Erſtlich die Aehnlichkeit dieſer aſiatiſchen Religion mit der alten aegyptiſchen in den
wichtigſten Theilen. So ſtelten die Aegypter ihre Goͤtter in der Geſtalt mancherlei Thiere
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[48/0134] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. Reich Siam, wie ſie dann auch der Siamer Pali oder Bibel, (welche die Peguer Mac- catappaſa nennen) in derer Khom oder Khomuttenſchrift ſich bedienen, und bekennen, daß ſie dieſe von den Siamern bekommen haben. Die Sineſer und Japaner geben fuͤr das Vaterland dieſes Heiligen und ſeiner Offenbarung das Land Magatta an, welches ſie Tenſik Magatta Kokf, d. i. das himmellaͤndiſche Magatta ausſprechen. Sie verſtehen darunter das feſte Land von Jn- dien, und darunter alſo auch Pegu und Siam, und glauben, daß der Siacka der Sohn eines Koͤnigs dieſer Lande geweſen ſey. So ſchieben dieſe Nationen immer eine der andern die Geburt ihres Lehrers zu, wahrſcheinlich weil ein fremder Prophet immer am meiſten geſchaͤzt wird. Die gelehrten Brahmanen und Benjanen glauben dieſe Widerſpruͤche am beſten zu vereinigen, wenn ſie behaupten, Budha habe weder Vater noch Mutter gehabt, und geſtehen, daß ſie von ſeinem Vaterlande und Geburt nichts wiſſen. Sie malen ihn in der Geſtalt eines Mannes mit vier Armen, und erzaͤhlen keine andere Wunder oder Legen- den von ihm, als einen Beweis ſeiner ausnehmenden Froͤmmigkeit, daß er nemlich 26430 Jahre in einer Tarateblume ſitzend den hoͤchſten Gott lobe, nachdem er ſchon vor 21639 Jahren (von dieſem Jahre 1690 chriſtlicher Zeitrechnung angerechnet) ſich der Welt zuerſt geoffenbaret und gezeigt habe. Die Siamer und andere orientaliſche Nationen wiſſen da- gegen von der Geburt, dem Leben, Lehren und Wundern dieſes Prah oder Siacka gan- ze Buͤcher vorzuzeigen. Dieſe ſo verſchiedenen und mit einander ſtreitenden Berichte, welche ich in den angezeigten Laͤndern gefunden habe, weis ich nicht beſſer zu vereinigen, als wenn ich folgen- de Meinung annehme: Die Siamer und entferntere Oſtvoͤlker haben einen juͤngern Lehrer mit dem Budha verwechſelt, wie in der griechiſchen und aegyptiſchen Geſchichte dergleichen Verwirrung der Goͤtter und ihrer Namen ſehr gewoͤhnlich iſt. Der Prah oder Siacka waͤre alſo nicht der vorherbenante Budha, noch vielweniger der Ram oder Rama, wie Kircher in ſeiner Sina illuſtrata meint, da dieſer leztere viele hundert tauſend Jahre vor- her gelebt hat. Er iſt vielmehr wahrſcheinlich ein juͤngerer Verfuͤhrer, der etwa fuͤnf hun- dert Jahre vor Chriſti Geburt zuerſt in der Welt erſchienen iſt. Alle Umſtaͤnde beweiſen auch, daß er kein Aſiate oder Jndianer, ſondern ein memphitiſcher, vermuthlich vorneh- mer Prieſter und Mohre geweſen ſey, welcher nebſt ſeiner Cleriſey verjagt wurde, und als- dann den aͤgyptiſchen Goͤtzendienſt nach Jndien uͤberbrachte und daſelbſt fortpflanzte. Jch habe fuͤr dieſe Hypotheſe folgende Beweiſe: Erſtlich die Aehnlichkeit dieſer aſiatiſchen Religion mit der alten aegyptiſchen in den wichtigſten Theilen. So ſtelten die Aegypter ihre Goͤtter in der Geſtalt mancherlei Thiere und menſchlicher Misgeburten vor, und eben ſo auch dieſe Nationen, obgleich ihre Nach- barn,

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/134>, abgerufen am 26.11.2024.