Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen.
Lorbeerbäume.
Lorbeerbäume giebt es hier von verschiedener Art; derjenige, welcher rothe Beeren trägt, ist eine Cannelifera spuria: oder wenigstens, wie es die Mukosität bezeugt, eine Cassia lignea; dessen Gestalt, Figur und Substanz der Blätter gar nicht von jenen verschieden ist, wiewol die Rinde wenig von der Süßigkeit und Lieblichkeit des Canels, mehr aber von dem aromatischen Geschmak eines Costi besizt. Der Boden scheint diese Unvolkommenheit allein zu verursachen: denn ich habe gefunden, daß auch die malabarische, sumatrische und javanische Canelbäume, welche bis jezt vernachlässiget werden, diese liebliche Schärfe entweder in dem hohen Grad des ceylanischen Canels nicht besitzen, oder denselben bald verlieren, oder auch gar wegen eines beigemischten Schleims des wahren Canelgeschlechts unwürdig sind: von welchem man ein liebliches kostbares Oel fordert, wel- ches aber keine Cassia lignea hergiebt. Unter das Geschlecht des Lorbeerbaums mit schwarz purpurnen Beerchen gehört auch der Kus oder Campferbaum; aus dessen Wurzeln in der Jnsel Gotho, und noch vielmehr in der Provinz Satzuma der Campfer durch ein gemeines Kochen von den Dorfleuten geschieden und bereitet wird. Der Preis ist sehr wohlfeil; und wird ein Catti des eingeführten borneischen Campfers, welcher zwischen den Rinden, Aesten und Spalten der niedergefälten alten Stämme gesamlet wird, gegen 80 bis 100 Catti des japanischen Campfers vertauscht.
Theebaum.
Tsja no ki, oder der Theebaum ist eine unansehnliche Staude, der man in die- sem engen Lande keinen andern Plaz vergönnet, als die Ränder der Aecker, und andere zur Besamung unbequemer Oerter. Es ist aber dennoch die nuzbarste unter allen Pflanzen; indem aus dessen gebratenen groben Blättern das tägliche Hausgetränk abgekocht wird. Die zartesten und jüngsten Blätter aber werden, wenn sie gebraten, gemalen, und mit heißem Wasser zu einer Suppe gemengt sind, unter den Vornehmern den Gästen als ein gewöhnliches Ehrengetränk und nach eingenommener Mahlzeit zum Abschiedstrunk dargereichet.
Sandsjo.
Sandsjo ist ein stachlicher Baum von mittelmäßiger Größe, dessen Hülse und Rinde als Pfeffer, und dessen Blätter als ein angenehmes Gewürz gebraucht worden. Die einländischen Riches dienen zu eben demselben Gebrauch.
Feigen.
R 2
Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen.
Lorbeerbaͤume.
Lorbeerbaͤume giebt es hier von verſchiedener Art; derjenige, welcher rothe Beeren traͤgt, iſt eine Cannelifera ſpuria: oder wenigſtens, wie es die Mukoſitaͤt bezeugt, eine Caſſia lignea; deſſen Geſtalt, Figur und Subſtanz der Blaͤtter gar nicht von jenen verſchieden iſt, wiewol die Rinde wenig von der Suͤßigkeit und Lieblichkeit des Canels, mehr aber von dem aromatiſchen Geſchmak eines Coſti beſizt. Der Boden ſcheint dieſe Unvolkommenheit allein zu verurſachen: denn ich habe gefunden, daß auch die malabariſche, ſumatriſche und javaniſche Canelbaͤume, welche bis jezt vernachlaͤſſiget werden, dieſe liebliche Schaͤrfe entweder in dem hohen Grad des ceylaniſchen Canels nicht beſitzen, oder denſelben bald verlieren, oder auch gar wegen eines beigemiſchten Schleims des wahren Canelgeſchlechts unwuͤrdig ſind: von welchem man ein liebliches koſtbares Oel fordert, wel- ches aber keine Caſſia lignea hergiebt. Unter das Geſchlecht des Lorbeerbaums mit ſchwarz purpurnen Beerchen gehoͤrt auch der Kus oder Campferbaum; aus deſſen Wurzeln in der Jnſel Gotho, und noch vielmehr in der Provinz Satzuma der Campfer durch ein gemeines Kochen von den Dorfleuten geſchieden und bereitet wird. Der Preis iſt ſehr wohlfeil; und wird ein Catti des eingefuͤhrten borneiſchen Campfers, welcher zwiſchen den Rinden, Aeſten und Spalten der niedergefaͤlten alten Staͤmme geſamlet wird, gegen 80 bis 100 Catti des japaniſchen Campfers vertauſcht.
Theebaum.
Tſja no ki, oder der Theebaum iſt eine unanſehnliche Staude, der man in die- ſem engen Lande keinen andern Plaz vergoͤnnet, als die Raͤnder der Aecker, und andere zur Beſamung unbequemer Oerter. Es iſt aber dennoch die nuzbarſte unter allen Pflanzen; indem aus deſſen gebratenen groben Blaͤttern das taͤgliche Hausgetraͤnk abgekocht wird. Die zarteſten und juͤngſten Blaͤtter aber werden, wenn ſie gebraten, gemalen, und mit heißem Waſſer zu einer Suppe gemengt ſind, unter den Vornehmern den Gaͤſten als ein gewoͤhnliches Ehrengetraͤnk und nach eingenommener Mahlzeit zum Abſchiedstrunk dargereichet.
Sandſjo.
Sandſjo iſt ein ſtachlicher Baum von mittelmaͤßiger Groͤße, deſſen Huͤlſe und Rinde als Pfeffer, und deſſen Blaͤtter als ein angenehmes Gewuͤrz gebraucht worden. Die einlaͤndiſchen Riches dienen zu eben demſelben Gebrauch.
Feigen.
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Neunt. Kap. Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen.
Lorbeerbaͤume.
Lorbeerbaͤume giebt es hier von verſchiedener Art; derjenige, welcher rothe Beeren
traͤgt, iſt eine Cannelifera ſpuria: oder wenigſtens, wie es die Mukoſitaͤt bezeugt,
eine Caſſia lignea; deſſen Geſtalt, Figur und Subſtanz der Blaͤtter gar nicht von jenen
verſchieden iſt, wiewol die Rinde wenig von der Suͤßigkeit und Lieblichkeit des Canels,
mehr aber von dem aromatiſchen Geſchmak eines Coſti beſizt. Der Boden ſcheint dieſe
Unvolkommenheit allein zu verurſachen: denn ich habe gefunden, daß auch die malabariſche,
ſumatriſche und javaniſche Canelbaͤume, welche bis jezt vernachlaͤſſiget werden, dieſe
liebliche Schaͤrfe entweder in dem hohen Grad des ceylaniſchen Canels nicht beſitzen, oder
denſelben bald verlieren, oder auch gar wegen eines beigemiſchten Schleims des wahren
Canelgeſchlechts unwuͤrdig ſind: von welchem man ein liebliches koſtbares Oel fordert, wel-
ches aber keine Caſſia lignea hergiebt. Unter das Geſchlecht des Lorbeerbaums mit
ſchwarz purpurnen Beerchen gehoͤrt auch der Kus oder Campferbaum; aus deſſen Wurzeln
in der Jnſel Gotho, und noch vielmehr in der Provinz Satzuma der Campfer durch ein
gemeines Kochen von den Dorfleuten geſchieden und bereitet wird. Der Preis iſt ſehr
wohlfeil; und wird ein Catti des eingefuͤhrten borneiſchen Campfers, welcher zwiſchen den
Rinden, Aeſten und Spalten der niedergefaͤlten alten Staͤmme geſamlet wird, gegen 80
bis 100 Catti des japaniſchen Campfers vertauſcht.
Theebaum.
Tſja no ki, oder der Theebaum iſt eine unanſehnliche Staude, der man in die-
ſem engen Lande keinen andern Plaz vergoͤnnet, als die Raͤnder der Aecker, und andere zur
Beſamung unbequemer Oerter. Es iſt aber dennoch die nuzbarſte unter allen Pflanzen;
indem aus deſſen gebratenen groben Blaͤttern das taͤgliche Hausgetraͤnk abgekocht wird.
Die zarteſten und juͤngſten Blaͤtter aber werden, wenn ſie gebraten, gemalen, und mit
heißem Waſſer zu einer Suppe gemengt ſind, unter den Vornehmern den Gaͤſten als ein
gewoͤhnliches Ehrengetraͤnk und nach eingenommener Mahlzeit zum Abſchiedstrunk
dargereichet.
Sandſjo.
Sandſjo iſt ein ſtachlicher Baum von mittelmaͤßiger Groͤße, deſſen Huͤlſe und
Rinde als Pfeffer, und deſſen Blaͤtter als ein angenehmes Gewuͤrz gebraucht worden. Die
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/219>, abgerufen am 16.02.2025.
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