Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch.
den Bürgern jeder Gasse unterhalten und gespeiset, wenn sie krank sind, in einer auf jeder
Gasse errichteten Hütte verpfleget, wenn sie gestorben, auf die Berge getragen, und gleich
Menschen beerdiget werden. Sie dürfen bei Lebensstrafe von keinem Menschen mishan-
delt oder getödtet werden, als blos von dem Büttel; wenn sie nemlich selbst etwas verbro-
chen, und den Tod verdienet haben. Es ist dieses so angeordnet wegen eines Aberglau-
bens und Befehls des jetzigen Kaisers, welcher, wie der römische Kaiser Augustus vor dem
Zeichen des Steinboks, vor dem Geschlecht der Hunde eine besondere Hochachtung hat, weil
er im Jahr des Hundezeichens geboren worden. Ein Bürger, der einen todten Hund zum
Grabe den Berg hinauf trug, schmälte einst aus Ungedult über des Kaisers Geburt. Sein
Nachbar hies ihn schweigen, und dem Himmel danken, daß der Kaiser nicht im Pferdejahr
geboren wäre; dann würden sie noch mehr zu schleppen gehabt haben. --

Wind- und Wasserhunde findet man hier nicht; man versieht die Jagden, wo-
zu es schlechte Gelegenheit giebt, mit gemeinen Hunden.

Katzen.

Unter den Katzen giebt es eine Art, welche nur zur Zierde gehalten wird. Sie
haben große schwarze und gelbe Flecken auf weißem Grunde, und einen kurzen krummen
Schwanz, als wenn er mit Fleis gebrochen wäre.*) Sie wollen gar nicht mausen, lassen
sich aber gern von dem Frauenzimmer tragen und streicheln.

Wilde Thiere, Hirsche, Hasen u. s. f.

An vierfüßigen wilden Thieren liefert das Land Hirsche, Hasen, und wilde
Schweine;
welche drei Geschlechter zu gewissen Zeiten vielen Secten zu essen er-
laubt sind.**)

Affen
*) [Spaltenumbruch]
Jn der engl. Uebersetzung: Sie haben ei-
nen sehr kurzen Schwanz, als wenn derselbe vor-
sezlich abgehauen wäre.
**) [Spaltenumbruch]
Jn der englis. Uebersetzung ist noch fol-
gende Stelle, die in beiden Mscpt. fehlt: "Die
Jnsel Mijosima oder Akino Mijostma, (so genant
von der Nachbarschaft der Jnsel Aki) ist wegen ei-
ner besondern Zucht von Hirschen berühmt; von
welchen man sagt, daß sie sehr zahm seyn sollen.
[Spaltenumbruch] Es ist gegen die Landesgesetze dieselben zu jagen,
oder zu tödten. Das Landvolk ist aufmerksam,
ihre todten Körper von ihren Häusern und Fel-
dern zu entfernen. Denn Kraft eines andern
Gesetzes, hat der Gouverneur der Jnsel die Ge-
walt, denjenigen, vor dessen Thür, oder auf dessen
Boden der Leichnam gefunden ist, auf einige Tage
zur Arbeit bei die Tempel oder bei öffentliche
Anstalten zu verdammen."

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
den Buͤrgern jeder Gaſſe unterhalten und geſpeiſet, wenn ſie krank ſind, in einer auf jeder
Gaſſe errichteten Huͤtte verpfleget, wenn ſie geſtorben, auf die Berge getragen, und gleich
Menſchen beerdiget werden. Sie duͤrfen bei Lebensſtrafe von keinem Menſchen mishan-
delt oder getoͤdtet werden, als blos von dem Buͤttel; wenn ſie nemlich ſelbſt etwas verbro-
chen, und den Tod verdienet haben. Es iſt dieſes ſo angeordnet wegen eines Aberglau-
bens und Befehls des jetzigen Kaiſers, welcher, wie der roͤmiſche Kaiſer Auguſtus vor dem
Zeichen des Steinboks, vor dem Geſchlecht der Hunde eine beſondere Hochachtung hat, weil
er im Jahr des Hundezeichens geboren worden. Ein Buͤrger, der einen todten Hund zum
Grabe den Berg hinauf trug, ſchmaͤlte einſt aus Ungedult uͤber des Kaiſers Geburt. Sein
Nachbar hies ihn ſchweigen, und dem Himmel danken, daß der Kaiſer nicht im Pferdejahr
geboren waͤre; dann wuͤrden ſie noch mehr zu ſchleppen gehabt haben. —

Wind- und Waſſerhunde findet man hier nicht; man verſieht die Jagden, wo-
zu es ſchlechte Gelegenheit giebt, mit gemeinen Hunden.

Katzen.

Unter den Katzen giebt es eine Art, welche nur zur Zierde gehalten wird. Sie
haben große ſchwarze und gelbe Flecken auf weißem Grunde, und einen kurzen krummen
Schwanz, als wenn er mit Fleis gebrochen waͤre.*) Sie wollen gar nicht mauſen, laſſen
ſich aber gern von dem Frauenzimmer tragen und ſtreicheln.

Wilde Thiere, Hirſche, Haſen u. ſ. f.

An vierfuͤßigen wilden Thieren liefert das Land Hirſche, Haſen, und wilde
Schweine;
welche drei Geſchlechter zu gewiſſen Zeiten vielen Secten zu eſſen er-
laubt ſind.**)

Affen
*) [Spaltenumbruch]
Jn der engl. Ueberſetzung: Sie haben ei-
nen ſehr kurzen Schwanz, als wenn derſelbe vor-
ſezlich abgehauen waͤre.
**) [Spaltenumbruch]
Jn der engliſ. Ueberſetzung iſt noch fol-
gende Stelle, die in beiden Mſcpt. fehlt: „Die
Jnſel Mijoſima oder Akino Mijoſtma, (ſo genant
von der Nachbarſchaft der Jnſel Aki) iſt wegen ei-
ner beſondern Zucht von Hirſchen beruͤhmt; von
welchen man ſagt, daß ſie ſehr zahm ſeyn ſollen.
[Spaltenumbruch] Es iſt gegen die Landesgeſetze dieſelben zu jagen,
oder zu toͤdten. Das Landvolk iſt aufmerkſam,
ihre todten Koͤrper von ihren Haͤuſern und Fel-
dern zu entfernen. Denn Kraft eines andern
Geſetzes, hat der Gouverneur der Jnſel die Ge-
walt, denjenigen, vor deſſen Thuͤr, oder auf deſſen
Boden der Leichnam gefunden iſt, auf einige Tage
zur Arbeit bei die Tempel oder bei oͤffentliche
Anſtalten zu verdammen.‟
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0232" n="142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ka&#x0364;mpfers Ge&#x017F;chichte von Japan. Er&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
den Bu&#x0364;rgern jeder Ga&#x017F;&#x017F;e unterhalten und ge&#x017F;pei&#x017F;et, wenn &#x017F;ie krank &#x017F;ind, in einer auf jeder<lb/>
Ga&#x017F;&#x017F;e errichteten Hu&#x0364;tte verpfleget, wenn &#x017F;ie ge&#x017F;torben, auf die Berge getragen, und gleich<lb/>
Men&#x017F;chen beerdiget werden. Sie du&#x0364;rfen bei Lebens&#x017F;trafe von keinem Men&#x017F;chen mishan-<lb/>
delt oder geto&#x0364;dtet werden, als blos von dem Bu&#x0364;ttel; wenn &#x017F;ie nemlich &#x017F;elb&#x017F;t etwas verbro-<lb/>
chen, und den Tod verdienet haben. Es i&#x017F;t die&#x017F;es &#x017F;o angeordnet wegen eines Aberglau-<lb/>
bens und Befehls des jetzigen Kai&#x017F;ers, welcher, wie der ro&#x0364;mi&#x017F;che Kai&#x017F;er Augu&#x017F;tus vor dem<lb/>
Zeichen des Steinboks, vor dem Ge&#x017F;chlecht der Hunde eine be&#x017F;ondere Hochachtung hat, weil<lb/>
er im Jahr des Hundezeichens geboren worden. Ein Bu&#x0364;rger, der einen todten Hund zum<lb/>
Grabe den Berg hinauf trug, &#x017F;chma&#x0364;lte ein&#x017F;t aus Ungedult u&#x0364;ber des Kai&#x017F;ers Geburt. Sein<lb/>
Nachbar hies ihn &#x017F;chweigen, und dem Himmel danken, daß der Kai&#x017F;er nicht im Pferdejahr<lb/>
geboren wa&#x0364;re; dann wu&#x0364;rden &#x017F;ie noch mehr zu &#x017F;chleppen gehabt haben. &#x2014;</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Wind-</hi> und <hi rendition="#fr">Wa&#x017F;&#x017F;erhunde</hi> findet man hier nicht; man ver&#x017F;ieht die Jagden, wo-<lb/>
zu es &#x017F;chlechte Gelegenheit giebt, mit gemeinen Hunden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Katzen</hi>.</hi> </head><lb/>
            <p>Unter den <hi rendition="#fr">Katzen</hi> giebt es eine Art, welche nur zur Zierde gehalten wird. Sie<lb/>
haben große &#x017F;chwarze und gelbe Flecken auf weißem Grunde, und einen kurzen krummen<lb/>
Schwanz, als wenn er mit Fleis gebrochen wa&#x0364;re.<note place="foot" n="*)"><cb/><lb/>
Jn der engl. Ueber&#x017F;etzung: Sie haben ei-<lb/>
nen &#x017F;ehr kurzen Schwanz, als wenn der&#x017F;elbe vor-<lb/>
&#x017F;ezlich abgehauen wa&#x0364;re.</note> Sie wollen gar nicht mau&#x017F;en, la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich aber gern von dem Frauenzimmer tragen und &#x017F;treicheln.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Wilde Thiere, Hir&#x017F;che, Ha&#x017F;en u. &#x017F;. f.</hi> </head><lb/>
            <p>An vierfu&#x0364;ßigen wilden Thieren liefert das Land <hi rendition="#fr">Hir&#x017F;che, Ha&#x017F;en,</hi> und <hi rendition="#fr">wilde<lb/>
Schweine;</hi> welche drei Ge&#x017F;chlechter zu gewi&#x017F;&#x017F;en Zeiten vielen Secten zu e&#x017F;&#x017F;en er-<lb/>
laubt &#x017F;ind.<note place="foot" n="**)"><cb/><lb/>
Jn der engli&#x017F;. Ueber&#x017F;etzung i&#x017F;t noch fol-<lb/>
gende Stelle, die in beiden M&#x017F;cpt. fehlt: &#x201E;Die<lb/>
Jn&#x017F;el Mijo&#x017F;ima oder Akino Mijo&#x017F;tma, (&#x017F;o genant<lb/>
von der Nachbar&#x017F;chaft der Jn&#x017F;el Aki) i&#x017F;t wegen ei-<lb/>
ner be&#x017F;ondern Zucht von Hir&#x017F;chen beru&#x0364;hmt; von<lb/>
welchen man &#x017F;agt, daß &#x017F;ie &#x017F;ehr zahm &#x017F;eyn &#x017F;ollen.<lb/><cb/>
Es i&#x017F;t gegen die Landesge&#x017F;etze die&#x017F;elben zu jagen,<lb/>
oder zu to&#x0364;dten. Das Landvolk i&#x017F;t aufmerk&#x017F;am,<lb/>
ihre todten Ko&#x0364;rper von ihren Ha&#x0364;u&#x017F;ern und Fel-<lb/>
dern zu entfernen. Denn Kraft eines andern<lb/>
Ge&#x017F;etzes, hat der Gouverneur der Jn&#x017F;el die Ge-<lb/>
walt, denjenigen, vor de&#x017F;&#x017F;en Thu&#x0364;r, oder auf de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Boden der Leichnam gefunden i&#x017F;t, auf einige Tage<lb/>
zur Arbeit bei die Tempel oder bei o&#x0364;ffentliche<lb/>
An&#x017F;talten zu verdammen.&#x201F;</note></p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Affen</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0232] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. den Buͤrgern jeder Gaſſe unterhalten und geſpeiſet, wenn ſie krank ſind, in einer auf jeder Gaſſe errichteten Huͤtte verpfleget, wenn ſie geſtorben, auf die Berge getragen, und gleich Menſchen beerdiget werden. Sie duͤrfen bei Lebensſtrafe von keinem Menſchen mishan- delt oder getoͤdtet werden, als blos von dem Buͤttel; wenn ſie nemlich ſelbſt etwas verbro- chen, und den Tod verdienet haben. Es iſt dieſes ſo angeordnet wegen eines Aberglau- bens und Befehls des jetzigen Kaiſers, welcher, wie der roͤmiſche Kaiſer Auguſtus vor dem Zeichen des Steinboks, vor dem Geſchlecht der Hunde eine beſondere Hochachtung hat, weil er im Jahr des Hundezeichens geboren worden. Ein Buͤrger, der einen todten Hund zum Grabe den Berg hinauf trug, ſchmaͤlte einſt aus Ungedult uͤber des Kaiſers Geburt. Sein Nachbar hies ihn ſchweigen, und dem Himmel danken, daß der Kaiſer nicht im Pferdejahr geboren waͤre; dann wuͤrden ſie noch mehr zu ſchleppen gehabt haben. — Wind- und Waſſerhunde findet man hier nicht; man verſieht die Jagden, wo- zu es ſchlechte Gelegenheit giebt, mit gemeinen Hunden. Katzen. Unter den Katzen giebt es eine Art, welche nur zur Zierde gehalten wird. Sie haben große ſchwarze und gelbe Flecken auf weißem Grunde, und einen kurzen krummen Schwanz, als wenn er mit Fleis gebrochen waͤre. *) Sie wollen gar nicht mauſen, laſſen ſich aber gern von dem Frauenzimmer tragen und ſtreicheln. Wilde Thiere, Hirſche, Haſen u. ſ. f. An vierfuͤßigen wilden Thieren liefert das Land Hirſche, Haſen, und wilde Schweine; welche drei Geſchlechter zu gewiſſen Zeiten vielen Secten zu eſſen er- laubt ſind. **) Affen *) Jn der engl. Ueberſetzung: Sie haben ei- nen ſehr kurzen Schwanz, als wenn derſelbe vor- ſezlich abgehauen waͤre. **) Jn der engliſ. Ueberſetzung iſt noch fol- gende Stelle, die in beiden Mſcpt. fehlt: „Die Jnſel Mijoſima oder Akino Mijoſtma, (ſo genant von der Nachbarſchaft der Jnſel Aki) iſt wegen ei- ner beſondern Zucht von Hirſchen beruͤhmt; von welchen man ſagt, daß ſie ſehr zahm ſeyn ſollen. Es iſt gegen die Landesgeſetze dieſelben zu jagen, oder zu toͤdten. Das Landvolk iſt aufmerkſam, ihre todten Koͤrper von ihren Haͤuſern und Fel- dern zu entfernen. Denn Kraft eines andern Geſetzes, hat der Gouverneur der Jnſel die Ge- walt, denjenigen, vor deſſen Thuͤr, oder auf deſſen Boden der Leichnam gefunden iſt, auf einige Tage zur Arbeit bei die Tempel oder bei oͤffentliche Anſtalten zu verdammen.‟

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/232
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/232>, abgerufen am 21.11.2024.