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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Zweit. Kap. Algemeine Nachrichten von den geistlichen Erbkaisern etc.
ria hersche. Die hohen Bedienten setzen sich in Schuld und die niedrigen Bedienten,
deren Besoldung zu ihrer Erhaltung nicht hinlänglich ist, müssen arbeiten, um ihren Lebens-
unterhalt zu verdienen. Zu dem Ende machen und verkaufen sie Körbe von Stroh ge-
macht,*) wie auch Tische, Schuhe für Menschen und Pferde und andre dergleichen Sa-
chen mehr.

Obgleich indessen die Einkünfte des Mikaddo in Vergleichung voriger Zeiten jezt
in der That sehr geringe sind, so bemühet er sich dennoch, dieselben unter eigener Aufsicht zu
haben, und so der Sorge für sich selbst desto gewisser zu seyn, auch alles zu veranstalten,
was sein voriges Ansehen zu unterstützen dienlich und zu seiner Schwelgerei und Verschwen-
dung nöthig ist. Dieser, als wenn es ein besondrer Vorzug der Krone und höchsten An-
sehens wäre, weis er wohl obzuliegen. Er freuet sich daher, wenn er von dem weltlichen
Monarchen in Ruhe gelassen wird. Seine Schazkammer gewint auch noch sehr dabei,
daß er das Recht hat, dem weltlichen Monarchen, denen Vornehmsten des Reichs und ih-
ren Kindern und Anverwandten mancherlei Ehrentitel zu bewilligen.

Er hat allemal zwölf Weiber, welches eine uralte Gewohnheit seiner Vorgänger
am Reich ist. Eine von denselben, als Mutter des Erbprinzen oder der Erbprinzess in des
Reichs, hat den Titel der Kaiserin. Es würde zu weitläuftig fallen, alle ansehnliche
und prächtige Ceremonien zu beschreiben, welche bei Vermählung des Dairi, Niederkunft
der Kaiserin, Erwählung einer Säugamme für den Kronerben, und dessen Erziehung be-
obachtet werden. Es ist schon genug gesagt, wann man sie gros und ansehnlich und fast
unaussprechlich nennet. Es ist auch allerdings der Mühe werth, diese Gelegenheiten
mit so herlichen Ceremonien zu feiern, wegen der Glükseligkeit des Kaiserthums, die von
der Geburt des Erbprinzen gänzlich abhängt.

Es sind verschiedne ansehnliche Aemter, welche zu diesem geistlichen Hofe gehören,
dessen Adel aus Personen von unterschiednem Range und Eigenschaften bestehet. Der Mi-
kaddo
selbst ist aller Ehren Quel und Ursprung. Einige Aemter sind an gewisse Titel ver-
knüpfet, dahingegen andre Ehrenämter nur lediglich in bloßen Titeln bestehen, welche öfters
an weltliche Personen, Fürsten des Reichs und berühmte Leute ausgetheilet werden. Die-
ses geschieht entweder auf Empfehlung des weltlichen Monarchen oder auf ihr eignes Ver-
langen, mit der Bedingung, daß eine große Summe Geldes davor bezahlet werde. Alle
Ehrenämter und Titel sind in sechs Classen eingetheilt. Der Titel der ersten Classe ist
Dai Seo Dai Sin. Die mit diesem Titel beehrte Person wird so hoch und heilig gehal-

ten,
*) S. unten das erste Kap. des fünften Buchs.
Z

Zweit. Kap. Algemeine Nachrichten von den geiſtlichen Erbkaiſern ꝛc.
ria herſche. Die hohen Bedienten ſetzen ſich in Schuld und die niedrigen Bedienten,
deren Beſoldung zu ihrer Erhaltung nicht hinlaͤnglich iſt, muͤſſen arbeiten, um ihren Lebens-
unterhalt zu verdienen. Zu dem Ende machen und verkaufen ſie Koͤrbe von Stroh ge-
macht,*) wie auch Tiſche, Schuhe fuͤr Menſchen und Pferde und andre dergleichen Sa-
chen mehr.

Obgleich indeſſen die Einkuͤnfte des Mikaddo in Vergleichung voriger Zeiten jezt
in der That ſehr geringe ſind, ſo bemuͤhet er ſich dennoch, dieſelben unter eigener Aufſicht zu
haben, und ſo der Sorge fuͤr ſich ſelbſt deſto gewiſſer zu ſeyn, auch alles zu veranſtalten,
was ſein voriges Anſehen zu unterſtuͤtzen dienlich und zu ſeiner Schwelgerei und Verſchwen-
dung noͤthig iſt. Dieſer, als wenn es ein beſondrer Vorzug der Krone und hoͤchſten An-
ſehens waͤre, weis er wohl obzuliegen. Er freuet ſich daher, wenn er von dem weltlichen
Monarchen in Ruhe gelaſſen wird. Seine Schazkammer gewint auch noch ſehr dabei,
daß er das Recht hat, dem weltlichen Monarchen, denen Vornehmſten des Reichs und ih-
ren Kindern und Anverwandten mancherlei Ehrentitel zu bewilligen.

Er hat allemal zwoͤlf Weiber, welches eine uralte Gewohnheit ſeiner Vorgaͤnger
am Reich iſt. Eine von denſelben, als Mutter des Erbprinzen oder der Erbprinzeſſ in des
Reichs, hat den Titel der Kaiſerin. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig fallen, alle anſehnliche
und praͤchtige Ceremonien zu beſchreiben, welche bei Vermaͤhlung des Dairi, Niederkunft
der Kaiſerin, Erwaͤhlung einer Saͤugamme fuͤr den Kronerben, und deſſen Erziehung be-
obachtet werden. Es iſt ſchon genug geſagt, wann man ſie gros und anſehnlich und faſt
unausſprechlich nennet. Es iſt auch allerdings der Muͤhe werth, dieſe Gelegenheiten
mit ſo herlichen Ceremonien zu feiern, wegen der Gluͤkſeligkeit des Kaiſerthums, die von
der Geburt des Erbprinzen gaͤnzlich abhaͤngt.

Es ſind verſchiedne anſehnliche Aemter, welche zu dieſem geiſtlichen Hofe gehoͤren,
deſſen Adel aus Perſonen von unterſchiednem Range und Eigenſchaften beſtehet. Der Mi-
kaddo
ſelbſt iſt aller Ehren Quel und Urſprung. Einige Aemter ſind an gewiſſe Titel ver-
knuͤpfet, dahingegen andre Ehrenaͤmter nur lediglich in bloßen Titeln beſtehen, welche oͤfters
an weltliche Perſonen, Fuͤrſten des Reichs und beruͤhmte Leute ausgetheilet werden. Die-
ſes geſchieht entweder auf Empfehlung des weltlichen Monarchen oder auf ihr eignes Ver-
langen, mit der Bedingung, daß eine große Summe Geldes davor bezahlet werde. Alle
Ehrenaͤmter und Titel ſind in ſechs Claſſen eingetheilt. Der Titel der erſten Claſſe iſt
Dai Seo Dai Sin. Die mit dieſem Titel beehrte Perſon wird ſo hoch und heilig gehal-

ten,
*) S. unten das erſte Kap. des fuͤnften Buchs.
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[177/0277] Zweit. Kap. Algemeine Nachrichten von den geiſtlichen Erbkaiſern ꝛc. ria herſche. Die hohen Bedienten ſetzen ſich in Schuld und die niedrigen Bedienten, deren Beſoldung zu ihrer Erhaltung nicht hinlaͤnglich iſt, muͤſſen arbeiten, um ihren Lebens- unterhalt zu verdienen. Zu dem Ende machen und verkaufen ſie Koͤrbe von Stroh ge- macht, *) wie auch Tiſche, Schuhe fuͤr Menſchen und Pferde und andre dergleichen Sa- chen mehr. Obgleich indeſſen die Einkuͤnfte des Mikaddo in Vergleichung voriger Zeiten jezt in der That ſehr geringe ſind, ſo bemuͤhet er ſich dennoch, dieſelben unter eigener Aufſicht zu haben, und ſo der Sorge fuͤr ſich ſelbſt deſto gewiſſer zu ſeyn, auch alles zu veranſtalten, was ſein voriges Anſehen zu unterſtuͤtzen dienlich und zu ſeiner Schwelgerei und Verſchwen- dung noͤthig iſt. Dieſer, als wenn es ein beſondrer Vorzug der Krone und hoͤchſten An- ſehens waͤre, weis er wohl obzuliegen. Er freuet ſich daher, wenn er von dem weltlichen Monarchen in Ruhe gelaſſen wird. Seine Schazkammer gewint auch noch ſehr dabei, daß er das Recht hat, dem weltlichen Monarchen, denen Vornehmſten des Reichs und ih- ren Kindern und Anverwandten mancherlei Ehrentitel zu bewilligen. Er hat allemal zwoͤlf Weiber, welches eine uralte Gewohnheit ſeiner Vorgaͤnger am Reich iſt. Eine von denſelben, als Mutter des Erbprinzen oder der Erbprinzeſſ in des Reichs, hat den Titel der Kaiſerin. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig fallen, alle anſehnliche und praͤchtige Ceremonien zu beſchreiben, welche bei Vermaͤhlung des Dairi, Niederkunft der Kaiſerin, Erwaͤhlung einer Saͤugamme fuͤr den Kronerben, und deſſen Erziehung be- obachtet werden. Es iſt ſchon genug geſagt, wann man ſie gros und anſehnlich und faſt unausſprechlich nennet. Es iſt auch allerdings der Muͤhe werth, dieſe Gelegenheiten mit ſo herlichen Ceremonien zu feiern, wegen der Gluͤkſeligkeit des Kaiſerthums, die von der Geburt des Erbprinzen gaͤnzlich abhaͤngt. Es ſind verſchiedne anſehnliche Aemter, welche zu dieſem geiſtlichen Hofe gehoͤren, deſſen Adel aus Perſonen von unterſchiednem Range und Eigenſchaften beſtehet. Der Mi- kaddo ſelbſt iſt aller Ehren Quel und Urſprung. Einige Aemter ſind an gewiſſe Titel ver- knuͤpfet, dahingegen andre Ehrenaͤmter nur lediglich in bloßen Titeln beſtehen, welche oͤfters an weltliche Perſonen, Fuͤrſten des Reichs und beruͤhmte Leute ausgetheilet werden. Die- ſes geſchieht entweder auf Empfehlung des weltlichen Monarchen oder auf ihr eignes Ver- langen, mit der Bedingung, daß eine große Summe Geldes davor bezahlet werde. Alle Ehrenaͤmter und Titel ſind in ſechs Claſſen eingetheilt. Der Titel der erſten Claſſe iſt Dai Seo Dai Sin. Die mit dieſem Titel beehrte Perſon wird ſo hoch und heilig gehal- ten, *) S. unten das erſte Kap. des fuͤnften Buchs. Z

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/277>, abgerufen am 22.11.2024.