Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Drit. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser etc. Chinesern genant Hiao n Gaiti, welcher damals bereits gestorben war, und zum Nach-folger hatte den Kaiser Hiao Pim Ti, im 2ten Jahre seiner lezten Nengo, Christus der Welt Heiland gebohren, und im 66ten Jahre der Regierung Sy nin, welches war das 9te Jahr der Regierung des chinesischen Kaisers Kwoo Bu, gekreuziget und wieder von den Todten auferstanden sey, indem ich zum Grunde setze, daß dessen Tod sich im 33ten Jahre seines Alters begeben habe.*) Viertes *) [Spaltenumbruch]
Jn dieser Verechnung mus irgendwo ein Fehler seyn. Denn, wenn Christus 33 Jahr alt wurde; so muste er im 63sten des Synin sterben, wenn er im 29sten geboren wurde; oder er war im 33sten geboren, wenn er im 66sten starb. Sonst wird von allen Schriftstellern (Couplet, Martinius, Menzel, Deguignes) das Geburtsjahr Christi in das erste Jahr des Hiao-Pimti aus der Dynastie der Si-Han gesezt. Nach der algemei- nen sinesischen Zeitrechnung ist es das 88ste Jahr des 45sten Cyklus. Uebrigens mus ich gestehn, daß, wenn ich die Epochen und Abtheilungen in der japanischen Ge- schichte zu machen hätte, ich sie nicht von der Ge- [Spaltenumbruch] burt Christi entlehnen würde, da diese Begeben- heit nicht den mindesten Einflus in die Geschichte der japanischen geistlichen Erbkaiser bewiesen hat. Man möchte dann allenfals wie der Pater Mar- tinius die Dinge ansehn, der eine sehr natürliche Verbindung zwischen der Geburt Christi und der sinesischen Geschichte darin findet, daß der sinesische Kaiser den Namen Pangus (oder Pam) d. i. friedfertig eben zu der Zeit annahm, da der wahre Fürst des Friedens in die Welt kam. Eine Ver- bindung, die in der That im Kopfe eines Jesui- ten eben so natürlich war, als sie Jedes andern Menschenverstande lächerlich scheinen mus. S. Mar- tinii Hist. Sin. L. IX. p. 361. B b 2
Drit. Kap. Folge der geiſtlichen Erbkaiſer ꝛc. Chineſern genant Hiao n Gaiti, welcher damals bereits geſtorben war, und zum Nach-folger hatte den Kaiſer Hiao Pim Ti, im 2ten Jahre ſeiner lezten Nengo, Chriſtus der Welt Heiland gebohren, und im 66ten Jahre der Regierung Sy nin, welches war das 9te Jahr der Regierung des chineſiſchen Kaiſers Kwoo Bu, gekreuziget und wieder von den Todten auferſtanden ſey, indem ich zum Grunde ſetze, daß deſſen Tod ſich im 33ten Jahre ſeines Alters begeben habe.*) Viertes *) [Spaltenumbruch]
Jn dieſer Verechnung mus irgendwo ein Fehler ſeyn. Denn, wenn Chriſtus 33 Jahr alt wurde; ſo muſte er im 63ſten des Synin ſterben, wenn er im 29ſten geboren wurde; oder er war im 33ſten geboren, wenn er im 66ſten ſtarb. Sonſt wird von allen Schriftſtellern (Couplet, Martinius, Menzel, Deguignes) das Geburtsjahr Chriſti in das erſte Jahr des Hiao-Pimti aus der Dynaſtie der Si-Han geſezt. Nach der algemei- nen ſineſiſchen Zeitrechnung iſt es das 88ſte Jahr des 45ſten Cyklus. Uebrigens mus ich geſtehn, daß, wenn ich die Epochen und Abtheilungen in der japaniſchen Ge- ſchichte zu machen haͤtte, ich ſie nicht von der Ge- [Spaltenumbruch] burt Chriſti entlehnen wuͤrde, da dieſe Begeben- heit nicht den mindeſten Einflus in die Geſchichte der japaniſchen geiſtlichen Erbkaiſer bewieſen hat. Man moͤchte dann allenfals wie der Pater Mar- tinius die Dinge anſehn, der eine ſehr natuͤrliche Verbindung zwiſchen der Geburt Chriſti und der ſineſiſchen Geſchichte darin findet, daß der ſineſiſche Kaiſer den Namen Pangus (oder Pam) d. i. friedfertig eben zu der Zeit annahm, da der wahre Fuͤrſt des Friedens in die Welt kam. Eine Ver- bindung, die in der That im Kopfe eines Jeſui- ten eben ſo natuͤrlich war, als ſie Jedes andern Menſchenverſtande laͤcherlich ſcheinen mus. S. Mar- tinii Hiſt. Sin. L. IX. p. 361. B b 2
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Drit. Kap. Folge der geiſtlichen Erbkaiſer ꝛc.
Chineſern genant Hiao n Gaiti, welcher damals bereits geſtorben war, und zum Nach-
folger hatte den Kaiſer Hiao Pim Ti, im 2ten Jahre ſeiner lezten Nengo, Chriſtus
der Welt Heiland gebohren, und im 66ten Jahre der Regierung Sy nin, welches war
das 9te Jahr der Regierung des chineſiſchen Kaiſers Kwoo Bu, gekreuziget und wieder
von den Todten auferſtanden ſey, indem ich zum Grunde ſetze, daß deſſen Tod ſich im
33ten Jahre ſeines Alters begeben habe. *)
Viertes
*)
Jn dieſer Verechnung mus irgendwo ein
Fehler ſeyn. Denn, wenn Chriſtus 33 Jahr alt
wurde; ſo muſte er im 63ſten des Synin ſterben,
wenn er im 29ſten geboren wurde; oder er war
im 33ſten geboren, wenn er im 66ſten ſtarb.
Sonſt wird von allen Schriftſtellern (Couplet,
Martinius, Menzel, Deguignes) das Geburtsjahr
Chriſti in das erſte Jahr des Hiao-Pimti aus der
Dynaſtie der Si-Han geſezt. Nach der algemei-
nen ſineſiſchen Zeitrechnung iſt es das 88ſte Jahr
des 45ſten Cyklus.
Uebrigens mus ich geſtehn, daß, wenn ich die
Epochen und Abtheilungen in der japaniſchen Ge-
ſchichte zu machen haͤtte, ich ſie nicht von der Ge-
burt Chriſti entlehnen wuͤrde, da dieſe Begeben-
heit nicht den mindeſten Einflus in die Geſchichte
der japaniſchen geiſtlichen Erbkaiſer bewieſen hat.
Man moͤchte dann allenfals wie der Pater Mar-
tinius die Dinge anſehn, der eine ſehr natuͤrliche
Verbindung zwiſchen der Geburt Chriſti und der
ſineſiſchen Geſchichte darin findet, daß der ſineſiſche
Kaiſer den Namen Pangus (oder Pam) d. i.
friedfertig eben zu der Zeit annahm, da der wahre
Fuͤrſt des Friedens in die Welt kam. Eine Ver-
bindung, die in der That im Kopfe eines Jeſui-
ten eben ſo natuͤrlich war, als ſie Jedes andern
Menſchenverſtande laͤcherlich ſcheinen mus. S. Mar-
tinii Hiſt. Sin. L. IX. p. 361.
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