Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Acht. Kap. Nachrichten von dem holländischen Handel in Japan. Diener hart gepeinigt werden, um die Verkäufer und Mitschuldigen zu entdecken, derenBlut alsdann nur allein ein solches Verbrechen aussöhnen kan. Die hier anwesende Hollän- der haben noch vor wenig Jahren eine solche Exekution des Sekretairs vom hiesigen Stat- halter und seines unschuldigen achtjährigen Sohns gesehen, weil er einige von ihm verbor- gene Säbelklingen nach Sina hat schicken wollen. Als ich abreißte, untersuchten indes die Visitatoren meine Sachen, aus sehr guten Ursachen bei einem Abschiedstrunk, nur sehr obenhin. Doch fiel ihnen von ohngefehr ein altes japanisches Scheermesser und ein kleines Stäblein, das ich stat des japanischen Säbels meinen Puppen angeheftet hatte, in die Au- gen, und diese beiden Stücke wurden mir sogleich confiscirt. Noch ist jeder von uns bei der Abreise verbunden, den dazu bestimten Kommissa- Alle diese und noch viele andre Anstalten haben vorzüglich die Absicht, den Schleich- Wenn der Tag der bestimten Abfarth herannahet, werden die Schiffe eins nach dem es
Acht. Kap. Nachrichten von dem hollaͤndiſchen Handel in Japan. Diener hart gepeinigt werden, um die Verkaͤufer und Mitſchuldigen zu entdecken, derenBlut alsdann nur allein ein ſolches Verbrechen ausſoͤhnen kan. Die hier anweſende Hollaͤn- der haben noch vor wenig Jahren eine ſolche Exekution des Sekretairs vom hieſigen Stat- halter und ſeines unſchuldigen achtjaͤhrigen Sohns geſehen, weil er einige von ihm verbor- gene Saͤbelklingen nach Sina hat ſchicken wollen. Als ich abreißte, unterſuchten indes die Viſitatoren meine Sachen, aus ſehr guten Urſachen bei einem Abſchiedstrunk, nur ſehr obenhin. Doch fiel ihnen von ohngefehr ein altes japaniſches Scheermeſſer und ein kleines Staͤblein, das ich ſtat des japaniſchen Saͤbels meinen Puppen angeheftet hatte, in die Au- gen, und dieſe beiden Stuͤcke wurden mir ſogleich confiſcirt. Noch iſt jeder von uns bei der Abreiſe verbunden, den dazu beſtimten Kommiſſa- Alle dieſe und noch viele andre Anſtalten haben vorzuͤglich die Abſicht, den Schleich- Wenn der Tag der beſtimten Abfarth herannahet, werden die Schiffe eins nach dem es
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Acht. Kap. Nachrichten von dem hollaͤndiſchen Handel in Japan.
Diener hart gepeinigt werden, um die Verkaͤufer und Mitſchuldigen zu entdecken, deren
Blut alsdann nur allein ein ſolches Verbrechen ausſoͤhnen kan. Die hier anweſende Hollaͤn-
der haben noch vor wenig Jahren eine ſolche Exekution des Sekretairs vom hieſigen Stat-
halter und ſeines unſchuldigen achtjaͤhrigen Sohns geſehen, weil er einige von ihm verbor-
gene Saͤbelklingen nach Sina hat ſchicken wollen. Als ich abreißte, unterſuchten indes
die Viſitatoren meine Sachen, aus ſehr guten Urſachen bei einem Abſchiedstrunk, nur ſehr
obenhin. Doch fiel ihnen von ohngefehr ein altes japaniſches Scheermeſſer und ein kleines
Staͤblein, das ich ſtat des japaniſchen Saͤbels meinen Puppen angeheftet hatte, in die Au-
gen, und dieſe beiden Stuͤcke wurden mir ſogleich confiſcirt.
Noch iſt jeder von uns bei der Abreiſe verbunden, den dazu beſtimten Kommiſſa-
rien ſein Geld vorzuweiſen und es ganz oͤffentlich auszufuͤhren, damit ſie an den, allem Gelde
eingepraͤgten Merkzeichen der Geldkammer erkennen koͤnnen, ob es auch durch ihre Haͤnde
paſſirt und nicht durch Schleichhandel von uns gewonnen ſey? Doch kann dieſe Unterſu-
chung nicht ſo ganz genau geſchehn, da alle Bediente bei unſerm Abſchiede ſehr beſchaͤftiget
ſind, und es alsdann etwas unruhig herzugehn pflegt.
Alle dieſe und noch viele andre Anſtalten haben vorzuͤglich die Abſicht, den Schleich-
handel zu verhindern, welcher vom Kaiſer aufs ſchaͤrfſte und ſtrengſte unterſagt iſt, weil er
die Waaren haͤufiger unter die Leute bringt, ſie wohlfeiler macht und den Zol fuͤr die Stadt
Nangaſacki herunterbringt. Alle Schleichhaͤndler werden mit der Todesſtrafe belegt; doch iſt
dieſelbe nur fuͤr ſie ſelbſt, nicht wie bei andern Verbrechen, auch fuͤr ihre Kinder beſtimt.
Und noch werden die Japaner ſo ſehr von den Vortheilen des verbotenen Handels hingeriſ-
ſen, daß man binnen ſechs bis ſieben Jahren auf 300 zaͤhlt, die blos wegen des Schleich-
handels mit den Sineſern, einige wenige mit uns, ihr Leben eingebuͤßt haben. Sie pflegen
nemlich den abgefahrnen ſineſiſchen Junken nachzuſeegeln und ihnen ihre noch unverkaufte
Guͤter abzuhandeln. Waͤhrend meines zweijaͤhrigen Aufenthalts in Japan ſind uͤber funf-
zig Schleichhaͤndler umgekommen, die ſich theils, da ſie erhaſcht worden, ſelbſt ermordet
haben, theils auch von des Buͤttels Hand ſowol oͤffentlich als im Gefaͤngnis hingerichtet
worden. Noch in dieſem 1691 Jahr muſten zwei Japaner auf Deſima vor unſern Augen
ſterben, weil ſie von einem Hollaͤnder nur ein Pfund Kampher von Baros gekauft hatten,
welches bei dem einen gefunden wurde, der eigentlicher Kaͤufer war und dem der andre nur
das Geld zum Ankauf geliehen hatte. Jch wil mit Befchreibung ihrer Exekution dieſes mit
ſo vielen unangenehmen Dingen angefuͤlte Kapitel beſchließen, wenn wir nur vorher erſt
unſre Schiffe haben abfahren laſſen.
Wenn der Tag der beſtimten Abfarth herannahet, werden die Schiffe eins nach dem
andern beladen, zulezt auch die bis dahin bewahrte Waffen wieder gebracht und alle Perſo-
nen nach der alten Liſte wieder gemuſtert. Jſt ein Schiff auf dieſe Art expedirt, ſo mus
es
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