Weges aufgeworfen und mit einem oder mehr Bäumen bepflanzt sind. Da, wo sich die Landschaften und so wol kleiner als großer Herren Gebiete endigen, findet man hölzerne oder steinerne Pfähle aufgerichtet, die mit Charaktern bezeichnet sind, welche die Gränzen und Herrschaften melden, so wie man da, wo Seitenwege ablaufen, eben auch an einem der- gleichen Wegweiser lesen kan, wohin er führe und wie weit der nächste Hauptort von da abgelegen sey.
Von diesen Heerstraßen berühren wir zwo, und reisen zwischen beiden einmal zu Wasser, so, daß die ganze Hofreise gleichsam aus drei Stationen bestehet. Die erste ge- het von Nagasacki zu Lande über die Jnsel Kiusju bis zu der Seestadt Kokura, und geschiehet gemeiniglich in fünf Tagen, von da wir zwo Japanische Meilen weiter nach dem Städtgen Simonosecki mit kleinen Fahrzeugen übersetzen und uns auf unsere oben gemel- dete Barke begeben, die wegen gemächlicher Tiefe und Bequemlichkeit zur Abfahrt alda vor Anker unsere Ankunft erwartet. Dieser Landstrich und Theil des Weges wird bei den Japanern Sai kai do, d. i. der Westgrundweg genant. Mit eben gemeldeter Barke tre- ten wir sodan die zweite Station an, und kommen in acht, oder nach Beschaffenheit des Windes in weniger oder mehr Tagen entweder gleich bis Osacca, oder wegen bisweili- ger Unsicherheit des Hafens nur bis vor die Stadt Fjogo, die noch dreizehn Japanische Meilen zu Wasser von dort entfernt ist, und langen sodan samt unsern sämtlichen Gütern mit kleinen Fahrzeugen bei der großen See- und Handelsstadt Osacca an. Die dritte Station wird nun wieder zu Lande über die große Jnsel Nippon oder Japan von Osacca aus bis zu der Kaiserlichen Residenzstadt Jedo in vierzehn oder mehr Tagen zurückgelegt, und diesen Strich Landes nennet man bei den Japanern Tookaido, d. i. den Grundweg. Nach gehabter Audienz bei der Kaiserlichen Majestät, auch abgelegtem Besuche bei den Großen des Hofes, und endlich nach erlangtem Abschiede, da wir uns immittelst etwa zwan- zig Tage in Jedo verweilt, ziehen wir den nemlichen Weg nach Nagasacki wieder zurück, und endigen die ganze Reise innerhalb drei Monaten.
Diese drei Stationen zu Lande und Wasser halten aufs kürzeste gerechnet drei hun- dert und fünf und zwanzig*) Japanische Meilen, jedoch von verschiedener Mensur; die erste und kleineste nemlich, von Nagasacki bis Kokura, 531/2; die zur See, von Kokura bis Osacca, aufs wenigste 139**), aufs höchste 146; die lezte und große wieder zu Lande, von Osacca bis Jedo 133 Meilen und 13 Tsjo, das denn die Summe von drei hundert und sechs und zwanzig***) Japanischen, oder zwei hundert Deutschen Meilen ausmacht.
Die
*) Engl. Uebers. 323.
**) Engl. Uebers. 136.
***) Engl. Uebers. 323.
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
Weges aufgeworfen und mit einem oder mehr Baͤumen bepflanzt ſind. Da, wo ſich die Landſchaften und ſo wol kleiner als großer Herren Gebiete endigen, findet man hoͤlzerne oder ſteinerne Pfaͤhle aufgerichtet, die mit Charaktern bezeichnet ſind, welche die Graͤnzen und Herrſchaften melden, ſo wie man da, wo Seitenwege ablaufen, eben auch an einem der- gleichen Wegweiſer leſen kan, wohin er fuͤhre und wie weit der naͤchſte Hauptort von da abgelegen ſey.
Von dieſen Heerſtraßen beruͤhren wir zwo, und reiſen zwiſchen beiden einmal zu Waſſer, ſo, daß die ganze Hofreiſe gleichſam aus drei Stationen beſtehet. Die erſte ge- het von Nagaſacki zu Lande uͤber die Jnſel Kiuſju bis zu der Seeſtadt Kokura, und geſchiehet gemeiniglich in fuͤnf Tagen, von da wir zwo Japaniſche Meilen weiter nach dem Staͤdtgen Simonoſecki mit kleinen Fahrzeugen uͤberſetzen und uns auf unſere oben gemel- dete Barke begeben, die wegen gemaͤchlicher Tiefe und Bequemlichkeit zur Abfahrt alda vor Anker unſere Ankunft erwartet. Dieſer Landſtrich und Theil des Weges wird bei den Japanern Sai kai do, d. i. der Weſtgrundweg genant. Mit eben gemeldeter Barke tre- ten wir ſodan die zweite Station an, und kommen in acht, oder nach Beſchaffenheit des Windes in weniger oder mehr Tagen entweder gleich bis Oſacca, oder wegen bisweili- ger Unſicherheit des Hafens nur bis vor die Stadt Fjogo, die noch dreizehn Japaniſche Meilen zu Waſſer von dort entfernt iſt, und langen ſodan ſamt unſern ſaͤmtlichen Guͤtern mit kleinen Fahrzeugen bei der großen See- und Handelsſtadt Oſacca an. Die dritte Station wird nun wieder zu Lande uͤber die große Jnſel Nippon oder Japan von Oſacca aus bis zu der Kaiſerlichen Reſidenzſtadt Jedo in vierzehn oder mehr Tagen zuruͤckgelegt, und dieſen Strich Landes nennet man bei den Japanern Tookaido, d. i. den Grundweg. Nach gehabter Audienz bei der Kaiſerlichen Majeſtaͤt, auch abgelegtem Beſuche bei den Großen des Hofes, und endlich nach erlangtem Abſchiede, da wir uns immittelſt etwa zwan- zig Tage in Jedo verweilt, ziehen wir den nemlichen Weg nach Nagaſacki wieder zuruͤck, und endigen die ganze Reiſe innerhalb drei Monaten.
Dieſe drei Stationen zu Lande und Waſſer halten aufs kuͤrzeſte gerechnet drei hun- dert und fuͤnf und zwanzig*) Japaniſche Meilen, jedoch von verſchiedener Menſur; die erſte und kleineſte nemlich, von Nagaſacki bis Kokura, 53½; die zur See, von Kokura bis Oſacca, aufs wenigſte 139**), aufs hoͤchſte 146; die lezte und große wieder zu Lande, von Oſacca bis Jedo 133 Meilen und 13 Tſjo, das denn die Summe von drei hundert und ſechs und zwanzig***) Japaniſchen, oder zwei hundert Deutſchen Meilen ausmacht.
Die
*) Engl. Ueberſ. 323.
**) Engl. Ueberſ. 136.
***) Engl. Ueberſ. 323.
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
Weges aufgeworfen und mit einem oder mehr Baͤumen bepflanzt ſind. Da, wo ſich die
Landſchaften und ſo wol kleiner als großer Herren Gebiete endigen, findet man hoͤlzerne oder
ſteinerne Pfaͤhle aufgerichtet, die mit Charaktern bezeichnet ſind, welche die Graͤnzen und
Herrſchaften melden, ſo wie man da, wo Seitenwege ablaufen, eben auch an einem der-
gleichen Wegweiſer leſen kan, wohin er fuͤhre und wie weit der naͤchſte Hauptort von da
abgelegen ſey.
Von dieſen Heerſtraßen beruͤhren wir zwo, und reiſen zwiſchen beiden einmal zu
Waſſer, ſo, daß die ganze Hofreiſe gleichſam aus drei Stationen beſtehet. Die erſte ge-
het von Nagaſacki zu Lande uͤber die Jnſel Kiuſju bis zu der Seeſtadt Kokura, und
geſchiehet gemeiniglich in fuͤnf Tagen, von da wir zwo Japaniſche Meilen weiter nach dem
Staͤdtgen Simonoſecki mit kleinen Fahrzeugen uͤberſetzen und uns auf unſere oben gemel-
dete Barke begeben, die wegen gemaͤchlicher Tiefe und Bequemlichkeit zur Abfahrt alda
vor Anker unſere Ankunft erwartet. Dieſer Landſtrich und Theil des Weges wird bei den
Japanern Sai kai do, d. i. der Weſtgrundweg genant. Mit eben gemeldeter Barke tre-
ten wir ſodan die zweite Station an, und kommen in acht, oder nach Beſchaffenheit des
Windes in weniger oder mehr Tagen entweder gleich bis Oſacca, oder wegen bisweili-
ger Unſicherheit des Hafens nur bis vor die Stadt Fjogo, die noch dreizehn Japaniſche
Meilen zu Waſſer von dort entfernt iſt, und langen ſodan ſamt unſern ſaͤmtlichen Guͤtern
mit kleinen Fahrzeugen bei der großen See- und Handelsſtadt Oſacca an. Die dritte
Station wird nun wieder zu Lande uͤber die große Jnſel Nippon oder Japan von Oſacca
aus bis zu der Kaiſerlichen Reſidenzſtadt Jedo in vierzehn oder mehr Tagen zuruͤckgelegt,
und dieſen Strich Landes nennet man bei den Japanern Tookaido, d. i. den Grundweg.
Nach gehabter Audienz bei der Kaiſerlichen Majeſtaͤt, auch abgelegtem Beſuche bei den
Großen des Hofes, und endlich nach erlangtem Abſchiede, da wir uns immittelſt etwa zwan-
zig Tage in Jedo verweilt, ziehen wir den nemlichen Weg nach Nagaſacki wieder zuruͤck,
und endigen die ganze Reiſe innerhalb drei Monaten.
Dieſe drei Stationen zu Lande und Waſſer halten aufs kuͤrzeſte gerechnet drei hun-
dert und fuͤnf und zwanzig *) Japaniſche Meilen, jedoch von verſchiedener Menſur; die
erſte und kleineſte nemlich, von Nagaſacki bis Kokura, 53½; die zur See, von Kokura
bis Oſacca, aufs wenigſte 139 **), aufs hoͤchſte 146; die lezte und große wieder zu Lande,
von Oſacca bis Jedo 133 Meilen und 13 Tſjo, das denn die Summe von drei hundert
und ſechs und zwanzig ***) Japaniſchen, oder zwei hundert Deutſchen Meilen
ausmacht.
Die
*) Engl. Ueberſ. 323.
**) Engl. Ueberſ. 136.
***) Engl. Ueberſ. 323.
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/170>, abgerufen am 16.02.2025.
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