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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Fünftes Kap. Von dem Gewimmel der Menschen, etc.
Begleitern versehen. Bei vielen pflegen solche Leitpferde vor den Heiducken geführt
zu werden*).
11) Zween Pikenirer, und
12) zehn oder mehr Personen, deren jede zween ungeheur große Körbe, mehr zum
Staate als zu einem Gebrauche, vor und hinter sich auf einem Stabe über der
Schulter trägt; diesen pflegen sich denn noch einige Fassanbak- oder Kastenträger
beizugesellen.
Nach diesem Fürstlichen Aufzuge folgen denn weiter:
V. Sechs bis zwölf Handpferde mit ihren Führern und Beiläufern.
VI. Ein zahlreicher Nachtrab der Fürstlichen Haus- und Hofdienerschaft, mit ih-
ren eigenen Bedienten, Pikenirern und Fassanbakträgern. Einige derselben lassen sich in
Cangos, des Fürsten oberster Hausdirektor oder Hofmeister aber in einem Norimon, den
man ganz vorn siehet, tragen.

Wenn ein Sohn des Landesfürsten mit auf der Hofreise ist, so folget derselbe un-
mittelbar mit seinem Gefolge nach dem Norimon seines Vaters.

So sehr es übrigens bei einem Fürstlichen Zuge zu verwundern und zu rühmen ist,
wie alle Personen, außer die Piken- und Norimonsträger auch andere Livreebedienten, in
nichts als in schwarzer Seide gekleidet gehen: und in was für einer regelmäßigen schönen
Ordnung eine so große Menge Volks ohne den geringsten Lerm, außer dem, der von dem
Rauschen der Kleider und Bewegung der Menschen und Pferde entstehen mus, einherziehet;
so belachenswerth ist es hingegen, daß die Piken- und Norimonsträger sich hinten so hoch
aufgeschürzt haben, daß sie alles, außer daß das Schaamtuch zu einiger, doch nicht hin-
länglichen Bedeckung dient, preis geben: noch mehr aber, daß die Heiducken, Prunkpiken-
Sonnenhut-Schirm- und Kastenträger, wenn sie durch bewohnte Straßen oder andere
Aufzüge vorbeipassiren, einen Narrengang annehmen. Diese ziehen bei jedem Schritte
den Fus beinahe bis ans Kreuz auf, und werfen zugleich den einen Arm weit hervor, daß
es scheint, als wenn sie durch die Luft schwömmen; jene lassen bei eben einem solchen Gan-
ge, auch die Prunkpiken, den Huth und Sonnenschirm mit jedem Tritte einigemal sich hin
und her bewegen, auch den Fassanbak auf der Schulter nicht stille liegen. Die Norimon-
träger haben ihre Ermeln mit einer durchgehenden Schnur aufgebunden, und die Arme
blos; sie tragen bald auf der Schulter, bald auf der einen über den Kopf erhabenen Hand,

und
*) [Spaltenumbruch] Bei Scheuchzern sind diese wiederum die
Fürstlichen Pagen, von welchen die Leibvferde
geführt werden; dagegen ich in meinen Hand-[Spaltenumbruch]
schriften vor lese, nemlich: daß sie auch wol nach
dem hier beschriebenen 7ten Trup folgen.
Z 3
Fuͤnftes Kap. Von dem Gewimmel der Menſchen, ꝛc.
Begleitern verſehen. Bei vielen pflegen ſolche Leitpferde vor den Heiducken gefuͤhrt
zu werden*).
11) Zween Pikenirer, und
12) zehn oder mehr Perſonen, deren jede zween ungeheur große Koͤrbe, mehr zum
Staate als zu einem Gebrauche, vor und hinter ſich auf einem Stabe uͤber der
Schulter traͤgt; dieſen pflegen ſich denn noch einige Faſſanbak- oder Kaſtentraͤger
beizugeſellen.
Nach dieſem Fuͤrſtlichen Aufzuge folgen denn weiter:
V. Sechs bis zwoͤlf Handpferde mit ihren Fuͤhrern und Beilaͤufern.
VI. Ein zahlreicher Nachtrab der Fuͤrſtlichen Haus- und Hofdienerſchaft, mit ih-
ren eigenen Bedienten, Pikenirern und Faſſanbaktraͤgern. Einige derſelben laſſen ſich in
Cangos, des Fuͤrſten oberſter Hausdirektor oder Hofmeiſter aber in einem Norimon, den
man ganz vorn ſiehet, tragen.

Wenn ein Sohn des Landesfuͤrſten mit auf der Hofreiſe iſt, ſo folget derſelbe un-
mittelbar mit ſeinem Gefolge nach dem Norimon ſeines Vaters.

So ſehr es uͤbrigens bei einem Fuͤrſtlichen Zuge zu verwundern und zu ruͤhmen iſt,
wie alle Perſonen, außer die Piken- und Norimonstraͤger auch andere Livreebedienten, in
nichts als in ſchwarzer Seide gekleidet gehen: und in was fuͤr einer regelmaͤßigen ſchoͤnen
Ordnung eine ſo große Menge Volks ohne den geringſten Lerm, außer dem, der von dem
Rauſchen der Kleider und Bewegung der Menſchen und Pferde entſtehen mus, einherziehet;
ſo belachenswerth iſt es hingegen, daß die Piken- und Norimonstraͤger ſich hinten ſo hoch
aufgeſchuͤrzt haben, daß ſie alles, außer daß das Schaamtuch zu einiger, doch nicht hin-
laͤnglichen Bedeckung dient, preis geben: noch mehr aber, daß die Heiducken, Prunkpiken-
Sonnenhut-Schirm- und Kaſtentraͤger, wenn ſie durch bewohnte Straßen oder andere
Aufzuͤge vorbeipaſſiren, einen Narrengang annehmen. Dieſe ziehen bei jedem Schritte
den Fus beinahe bis ans Kreuz auf, und werfen zugleich den einen Arm weit hervor, daß
es ſcheint, als wenn ſie durch die Luft ſchwoͤmmen; jene laſſen bei eben einem ſolchen Gan-
ge, auch die Prunkpiken, den Huth und Sonnenſchirm mit jedem Tritte einigemal ſich hin
und her bewegen, auch den Faſſanbak auf der Schulter nicht ſtille liegen. Die Norimon-
traͤger haben ihre Ermeln mit einer durchgehenden Schnur aufgebunden, und die Arme
blos; ſie tragen bald auf der Schulter, bald auf der einen uͤber den Kopf erhabenen Hand,

und
*) [Spaltenumbruch] Bei Scheuchzern ſind dieſe wiederum die
Fuͤrſtlichen Pagen, von welchen die Leibvferde
gefuͤhrt werden; dagegen ich in meinen Hand-[Spaltenumbruch]
ſchriften vor leſe, nemlich: daß ſie auch wol nach
dem hier beſchriebenen 7ten Trup folgen.
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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/199>, abgerufen am 21.11.2024.