Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Erst. Kap. Von der Lage der Stadt Nangasacki. Linken, etwa sechs japanische Seemeilen oder zwei gute deutsche Meilen von der Stadt amfesten Ufer. Dieser Ort gehörte dem Fürsten von Omura. Darnach setzten sie sich in dem vorhererwähnten Fukafori fest. An diesem und allen andern Orten waren immer zwei Dinge die wichtigsten Gegenstände ihrer Bemühung und Aufmerksamkeit, ihren Handel zu betreiben und die christliche Religion auszubreiten. Jn beiden kamen sie sehr gut fort, weil sich eine natürliche Gleichheit zwischen ihnen und den Japanern fand, und sie gewannen wirklich das Herz sowol einiger Großen als auch besonders des gemeinen Mannes. Nach einiger Zeit erklärte sich der Fürst von Omura selbst für den christlich-römi- Der große Flor von Nangasacki erregte die eifersüchtige Aufmerksamkeit des damals sehr *) Der berühmte Taiko oder Taikosama, der erste weltliche unumschränkte Monarch. Er. starb 1598
S. oben Band 1 p. 237 und 247. Erſt. Kap. Von der Lage der Stadt Nangaſacki. Linken, etwa ſechs japaniſche Seemeilen oder zwei gute deutſche Meilen von der Stadt amfeſten Ufer. Dieſer Ort gehoͤrte dem Fuͤrſten von Omura. Darnach ſetzten ſie ſich in dem vorhererwaͤhnten Fukafori feſt. An dieſem und allen andern Orten waren immer zwei Dinge die wichtigſten Gegenſtaͤnde ihrer Bemuͤhung und Aufmerkſamkeit, ihren Handel zu betreiben und die chriſtliche Religion auszubreiten. Jn beiden kamen ſie ſehr gut fort, weil ſich eine natuͤrliche Gleichheit zwiſchen ihnen und den Japanern fand, und ſie gewannen wirklich das Herz ſowol einiger Großen als auch beſonders des gemeinen Mannes. Nach einiger Zeit erklaͤrte ſich der Fuͤrſt von Omura ſelbſt fuͤr den chriſtlich-roͤmi- Der große Flor von Nangaſacki erregte die eiferſuͤchtige Aufmerkſamkeit des damals ſehr *) Der beruͤhmte Taiko oder Taikoſama, der erſte weltliche unumſchraͤnkte Monarch. Er. ſtarb 1598
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Erſt. Kap. Von der Lage der Stadt Nangaſacki.
Linken, etwa ſechs japaniſche Seemeilen oder zwei gute deutſche Meilen von der Stadt am
feſten Ufer. Dieſer Ort gehoͤrte dem Fuͤrſten von Omura. Darnach ſetzten ſie ſich in dem
vorhererwaͤhnten Fukafori feſt. An dieſem und allen andern Orten waren immer zwei
Dinge die wichtigſten Gegenſtaͤnde ihrer Bemuͤhung und Aufmerkſamkeit, ihren Handel zu
betreiben und die chriſtliche Religion auszubreiten. Jn beiden kamen ſie ſehr gut fort, weil
ſich eine natuͤrliche Gleichheit zwiſchen ihnen und den Japanern fand, und ſie gewannen
wirklich das Herz ſowol einiger Großen als auch beſonders des gemeinen Mannes.
Nach einiger Zeit erklaͤrte ſich der Fuͤrſt von Omura ſelbſt fuͤr den chriſtlich-roͤmi-
ſchen Glauben, und veranlaſte die Portugieſen, ſich auch in Nangaſacki niederzulaſſen.
Dieſer Flecken war damals ſchon bis zu 23 Gaſſen angewachſen, und machte denjenigen
Theil aus, der jetzt Utſimatz oder die innere Stadt heißt und nunmehr aus 26 Gaſſen be-
ſteht. Jn dieſem Zuſtande uͤbergab der Fuͤrſt den Portugieſen den Flecken und ſchenkte ihnen
denſelben als ihr Eigenthum, damit ſie hier ein feſtes Etabliſſement fuͤr ihre Nation, ihren
Handel und Ausbreitung ihrer Religion haben moͤchten. Jch wil nicht entſcheiden, ob der
Fuͤrſt wirklich aus wahrer Neigung fuͤr die chriſtliche Religion, oder auch durch die Betrach-
tung, daß er ſeinen Hafen fuͤr den neuen Handel bequem, und dieſem ſeinem Lande zutraͤg-
lich hielt, zu dieſem Betragen ſey bewogen worden? So viel iſt gewiß, daß beide Bemuͤ-
hungen mit dem gluͤcklichſten Fortgang begleitet wurden, obgleich am Ende nicht mit einem
eben ſo gluͤcklichen Ausgang. Der Zuſammenfluß des neuen Handels zog auch bald viele
ſineſiſche Schiffe in den hieſigen Hafen, und aus verſchiedenen Provinzen, Staͤdten und
Doͤrfern Japans war ein großer Zulauf von Menſchen, die ſich der guten Nahrung wegen
in Nangaſacki niederließen. Nach den verſchiednen Provinzen, aus denen dieſe neuen Ein-
wohner kamen, wurden denn auch die verſchiednen Gaſſen benant, z. E. Bungomatz, Je-
domatz, Kabaſimamatz, Firedomatz, Omuramatz, Simabaramatz u. ſ. w. Andre Gaſ-
ſen fuͤhren auch den beſondern Namen einer Bunts, d. i. eines erſten Ankoͤmlings oder Ko-
loniſten, der die Straße auf ſeine Koſten angelegt hat. Und ſo iſt dieſer Flecken in ſehr kur-
zer Zeit eine bluͤhende und volkreiche See-und Handelsſtadt geworden, in der man jetzt 87
dicht bebauete und volkreiche Straßen zaͤhlt.
Der große Flor von Nangaſacki erregte die eiferſuͤchtige Aufmerkſamkeit des damals
regierenden weltlichen Erbkaiſers Taiko. *) Er verwieß dem Fuͤrſten von Omura ſehr
ernſtlich, daß er einen ſo wichtigen Platz an Fremde uͤberlaſſen habe, und ſetzte hinzu, daß
er ſich genoͤthigt ſaͤhe, den Ort unter ſeine eigne Herrſchaft zu ziehn, da er ſaͤhe, daß der
Fuͤrſt zur Regierung deſſelben unfaͤhig ſey. Das ſtolze Betragen der Portugieſen trug hierzu
ſehr
*) Der beruͤhmte Taiko oder Taikoſama, der erſte weltliche unumſchraͤnkte Monarch. Er. ſtarb 1598
S. oben Band 1 p. 237 und 247.
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