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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Eilftes Kapitel.
Fortsetzung unserer Reise von Famma matz bis zur
Kaiserlichen Residenz Jedo.

(60 Japanische Meilen und 38 Straßen.)


Den 8 März, Donnerstags, erfolgte unsere Abreise von Famma matz wegen der Un-
päslichkeit des Oberdolmetschers etwas später als sonst gewöhnlich. Wir gelangten
nach zwei Meilen an den schnellen Strohm Ten rju, welcher hier zwischen seinen
auf eine viertel Stunde entfernten Ufern in zwei Arme getheilt abflos, durch deren ersteren
wir mit Pferden, den andern aber mit Kähnen übersezten, und sodann wiederum ritten,
um Fuckuroy, einem Flecken von 400 Feuerstätten, wo wir speisen wolten, zu erreichen.Tab.
XXIX.

Dazwischen aber berührten wir noch viele in unserer Charte bezeichnete Dörfer, auch die
Städte Mitzkadeh und Mitzka, deren jene (nebst einer anzumerkenden sehr ansehnlichen
zu einem Tempel führenden steinernen Tori oder Pforte) 250, diese beinahe 500 Häuser
stark war, und darauf eine 150 Schrit lange Brücke. Nachmittags zwei Japanische Mei-
len von Fuckuroy wurden wir durch die Stadt Kakinga oder Kakingawa geführt. Diese
hatte zu beiden Seiten eine Vorgasse, Pforte und Wache, auch an der Nordseite eine
große, doch nur mit einer bloßen Mauer ohne Wehrtürmer umgeben, und inwendig
mit einem weißen dreifach erhabenen Staatsthurm gezierte Burg. Es trug sich bei un-
serm Durchzuge alhier folgendes Unglük zu: ein armer Bürger hatte einen großen Kessel
auf dem Feuer, um ein aus gewissen Früchten gezogenes Oel darinnen zu sieden; während
dem, daß er, unsern Train zu sehen, sich mit den seinigen in die Thür sezte, mochte das
Oel die Flamme ergriffen haben, und so gerieth in einem Augenblik sein Haus, und weil
eben ein starker Wind wehete, auch das nächste davon in vollen Brand, den wir hinter uns
nicht gewahr wurden, als wir aus der mit einem Nebel plözlich bezogenen Luft vielmehr
ein großes Gewitter vermutheten, und daher auch unsere Regenmäntel bei die Hand nah-
men. Der Sturmwind indessen trieb uns den heißen Rauch dergestalt nach, daß wir, um
nicht zu ersticken, mit einem sehr eiligen vollen Trabe vorwärts fliehen musten. Auf einer

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Eilftes Kapitel.
Fortſetzung unſerer Reiſe von Famma matz bis zur
Kaiſerlichen Reſidenz Jedo.

(60 Japaniſche Meilen und 38 Straßen.)


Den 8 Maͤrz, Donnerſtags, erfolgte unſere Abreiſe von Famma matz wegen der Un-
paͤslichkeit des Oberdolmetſchers etwas ſpaͤter als ſonſt gewoͤhnlich. Wir gelangten
nach zwei Meilen an den ſchnellen Strohm Ten rju, welcher hier zwiſchen ſeinen
auf eine viertel Stunde entfernten Ufern in zwei Arme getheilt abflos, durch deren erſteren
wir mit Pferden, den andern aber mit Kaͤhnen uͤberſezten, und ſodann wiederum ritten,
um Fuckuroy, einem Flecken von 400 Feuerſtaͤtten, wo wir ſpeiſen wolten, zu erreichen.Tab.
XXIX.

Dazwiſchen aber beruͤhrten wir noch viele in unſerer Charte bezeichnete Doͤrfer, auch die
Staͤdte Mitzkadeh und Mitzka, deren jene (nebſt einer anzumerkenden ſehr anſehnlichen
zu einem Tempel fuͤhrenden ſteinernen Tori oder Pforte) 250, dieſe beinahe 500 Haͤuſer
ſtark war, und darauf eine 150 Schrit lange Bruͤcke. Nachmittags zwei Japaniſche Mei-
len von Fuckuroy wurden wir durch die Stadt Kakinga oder Kakingawa gefuͤhrt. Dieſe
hatte zu beiden Seiten eine Vorgaſſe, Pforte und Wache, auch an der Nordſeite eine
große, doch nur mit einer bloßen Mauer ohne Wehrtuͤrmer umgeben, und inwendig
mit einem weißen dreifach erhabenen Staatsthurm gezierte Burg. Es trug ſich bei un-
ſerm Durchzuge alhier folgendes Ungluͤk zu: ein armer Buͤrger hatte einen großen Keſſel
auf dem Feuer, um ein aus gewiſſen Fruͤchten gezogenes Oel darinnen zu ſieden; waͤhrend
dem, daß er, unſern Train zu ſehen, ſich mit den ſeinigen in die Thuͤr ſezte, mochte das
Oel die Flamme ergriffen haben, und ſo gerieth in einem Augenblik ſein Haus, und weil
eben ein ſtarker Wind wehete, auch das naͤchſte davon in vollen Brand, den wir hinter uns
nicht gewahr wurden, als wir aus der mit einem Nebel ploͤzlich bezogenen Luft vielmehr
ein großes Gewitter vermutheten, und daher auch unſere Regenmaͤntel bei die Hand nah-
men. Der Sturmwind indeſſen trieb uns den heißen Rauch dergeſtalt nach, daß wir, um
nicht zu erſticken, mit einem ſehr eiligen vollen Trabe vorwaͤrts fliehen muſten. Auf einer

Anhoͤhe
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[253/0285] Eilftes Kapitel. Fortſetzung unſerer Reiſe von Famma matz bis zur Kaiſerlichen Reſidenz Jedo. (60 Japaniſche Meilen und 38 Straßen.) Den 8 Maͤrz, Donnerſtags, erfolgte unſere Abreiſe von Famma matz wegen der Un- paͤslichkeit des Oberdolmetſchers etwas ſpaͤter als ſonſt gewoͤhnlich. Wir gelangten nach zwei Meilen an den ſchnellen Strohm Ten rju, welcher hier zwiſchen ſeinen auf eine viertel Stunde entfernten Ufern in zwei Arme getheilt abflos, durch deren erſteren wir mit Pferden, den andern aber mit Kaͤhnen uͤberſezten, und ſodann wiederum ritten, um Fuckuroy, einem Flecken von 400 Feuerſtaͤtten, wo wir ſpeiſen wolten, zu erreichen. Dazwiſchen aber beruͤhrten wir noch viele in unſerer Charte bezeichnete Doͤrfer, auch die Staͤdte Mitzkadeh und Mitzka, deren jene (nebſt einer anzumerkenden ſehr anſehnlichen zu einem Tempel fuͤhrenden ſteinernen Tori oder Pforte) 250, dieſe beinahe 500 Haͤuſer ſtark war, und darauf eine 150 Schrit lange Bruͤcke. Nachmittags zwei Japaniſche Mei- len von Fuckuroy wurden wir durch die Stadt Kakinga oder Kakingawa gefuͤhrt. Dieſe hatte zu beiden Seiten eine Vorgaſſe, Pforte und Wache, auch an der Nordſeite eine große, doch nur mit einer bloßen Mauer ohne Wehrtuͤrmer umgeben, und inwendig mit einem weißen dreifach erhabenen Staatsthurm gezierte Burg. Es trug ſich bei un- ſerm Durchzuge alhier folgendes Ungluͤk zu: ein armer Buͤrger hatte einen großen Keſſel auf dem Feuer, um ein aus gewiſſen Fruͤchten gezogenes Oel darinnen zu ſieden; waͤhrend dem, daß er, unſern Train zu ſehen, ſich mit den ſeinigen in die Thuͤr ſezte, mochte das Oel die Flamme ergriffen haben, und ſo gerieth in einem Augenblik ſein Haus, und weil eben ein ſtarker Wind wehete, auch das naͤchſte davon in vollen Brand, den wir hinter uns nicht gewahr wurden, als wir aus der mit einem Nebel ploͤzlich bezogenen Luft vielmehr ein großes Gewitter vermutheten, und daher auch unſere Regenmaͤntel bei die Hand nah- men. Der Sturmwind indeſſen trieb uns den heißen Rauch dergeſtalt nach, daß wir, um nicht zu erſticken, mit einem ſehr eiligen vollen Trabe vorwaͤrts fliehen muſten. Auf einer Anhoͤhe Tab. XXIX. J i 3

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/285>, abgerufen am 24.11.2024.