Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Zwölftes Kap. Beschreibung der Stadt und des Schlosses Jedo. freundlichem öfteren Zutrinken wenige Schwierigkeit machten, und sich jeder von uns, zumBeweis der Zufriedenheit, mit einem Liedchen hören lies. Aus dem Ueberflusse alles des- sen, was an einer Tafel die Sinne zu reizen vermag, konte man hier den glänzenden Wohl- stand der Familie hervorleuchten sehen, der dem gestrigen bei dem ersten Commissair fast die Wage hielt, außer daß jezt an diesem Orte weit mehr Vertraulichkeit herrschte. Es waren etwa anderthalb Stunden, nach denen wir unsern Abschied nahmen. (Ein Unter- benjose, ein Bedienter dieses Hauses, begrüßete uns vor der Pforte mit halber Hand: er war vor drei Jahren in der Anherreise mit unserm Herrn Capitain von Outhorn vom Ober- benjosen also begrüßet worden, nachdem er den Oberdolmetscher getödtet *)). Die Woh- nung dieses Herrn war am weitesten N. oder N. W. wärts der Stadt ohngefähr anderthalb große Meilen von unserer Herberge, an einem ziemlich schlechten **) mit vielem Gebüsche und Hügeln besezten Orte. Der dritte Gouverneur Zubo sama wohnte an dem Burg- graben in einem elenden Hause. Wir trafen alda nur eine kleine Versamlung von Frauen- zimmern nahe vor uns hinter fensternen Thüren an, die sich damit behalfen, uns durch Löcher zu beschauen, welche sie, so bald sie sich niedersezten, einstießen. Weil uns die Köpfe von den vielen zu uns genommenen starken Getränken schwer zu werden anfiengen, so hielten wir es, nach volbrachten Traktamenten, für gerathen, uns alsbald zu beurlauben und von dannen zu eilen, damit wir die ernsthaften Dolmetscher, die eine so lustige Gesel- schaft zu begleiten nicht gewohnt sind, über uns nicht verdrüslich werden möchten. So freundlich sich hier übrigens der, so des Gouverneurs Stelle vertrat, (nicht aber der Ceri- monienmeister, der jedesmal ein anderer Hausbedienter war +)) bei uns geberden wolte, so sehr misfiel uns dennoch die ganze Zeit über sein unangenehmes Gesicht, zumal da wir Abgesandte und keine Kaufleute für dasmal zu seyn, und als solche behandelt werden zu müssen uns einbildeten, die nicht des Gewinstes sondern der Ehre halber da waren. Den 1 April, Sonntags, Nachmittags erhielten wir von Jo Samma das Ver- Den 2 April, Montags, also vor neun Uhr begaben wir uns gewöhnlicher maßen lange *) [Spaltenumbruch]
Fehlt in der Engl. Uebers. und der Hand- schrift des Oheims. **) [Spaltenumbruch]
Scheuchzer sagt das Gegentheil: an einem sehr angenehmen Orte nämlich. +) Diese Parenthese hat Scheuchzer nicht. Zweiter Band O o
Zwoͤlftes Kap. Beſchreibung der Stadt und des Schloſſes Jedo. freundlichem oͤfteren Zutrinken wenige Schwierigkeit machten, und ſich jeder von uns, zumBeweis der Zufriedenheit, mit einem Liedchen hoͤren lies. Aus dem Ueberfluſſe alles deſ- ſen, was an einer Tafel die Sinne zu reizen vermag, konte man hier den glaͤnzenden Wohl- ſtand der Familie hervorleuchten ſehen, der dem geſtrigen bei dem erſten Commiſſair faſt die Wage hielt, außer daß jezt an dieſem Orte weit mehr Vertraulichkeit herrſchte. Es waren etwa anderthalb Stunden, nach denen wir unſern Abſchied nahmen. (Ein Unter- benjoſe, ein Bedienter dieſes Hauſes, begruͤßete uns vor der Pforte mit halber Hand: er war vor drei Jahren in der Anherreiſe mit unſerm Herrn Capitain von Outhorn vom Ober- benjoſen alſo begruͤßet worden, nachdem er den Oberdolmetſcher getoͤdtet *)). Die Woh- nung dieſes Herrn war am weiteſten N. oder N. W. waͤrts der Stadt ohngefaͤhr anderthalb große Meilen von unſerer Herberge, an einem ziemlich ſchlechten **) mit vielem Gebuͤſche und Huͤgeln beſezten Orte. Der dritte Gouverneur Zubo ſama wohnte an dem Burg- graben in einem elenden Hauſe. Wir trafen alda nur eine kleine Verſamlung von Frauen- zimmern nahe vor uns hinter fenſternen Thuͤren an, die ſich damit behalfen, uns durch Loͤcher zu beſchauen, welche ſie, ſo bald ſie ſich niederſezten, einſtießen. Weil uns die Koͤpfe von den vielen zu uns genommenen ſtarken Getraͤnken ſchwer zu werden anfiengen, ſo hielten wir es, nach volbrachten Traktamenten, fuͤr gerathen, uns alsbald zu beurlauben und von dannen zu eilen, damit wir die ernſthaften Dolmetſcher, die eine ſo luſtige Geſel- ſchaft zu begleiten nicht gewohnt ſind, uͤber uns nicht verdruͤslich werden moͤchten. So freundlich ſich hier uͤbrigens der, ſo des Gouverneurs Stelle vertrat, (nicht aber der Ceri- monienmeiſter, der jedesmal ein anderer Hausbedienter war †)) bei uns geberden wolte, ſo ſehr misfiel uns dennoch die ganze Zeit uͤber ſein unangenehmes Geſicht, zumal da wir Abgeſandte und keine Kaufleute fuͤr dasmal zu ſeyn, und als ſolche behandelt werden zu muͤſſen uns einbildeten, die nicht des Gewinſtes ſondern der Ehre halber da waren. Den 1 April, Sonntags, Nachmittags erhielten wir von Jo Samma das Ver- Den 2 April, Montags, alſo vor neun Uhr begaben wir uns gewoͤhnlicher maßen lange *) [Spaltenumbruch]
Fehlt in der Engl. Ueberſ. und der Hand- ſchrift des Oheims. **) [Spaltenumbruch]
Scheuchzer ſagt das Gegentheil: an einem ſehr angenehmen Orte naͤmlich. †) Dieſe Parentheſe hat Scheuchzer nicht. Zweiter Band O o
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0329" n="289"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zwoͤlftes Kap. Beſchreibung der Stadt und des Schloſſes Jedo.</hi></fw><lb/> freundlichem oͤfteren Zutrinken wenige Schwierigkeit machten, und ſich jeder von uns, zum<lb/> Beweis der Zufriedenheit, mit einem Liedchen hoͤren lies. Aus dem Ueberfluſſe alles deſ-<lb/> ſen, was an einer Tafel die Sinne zu reizen vermag, konte man hier den glaͤnzenden Wohl-<lb/> ſtand der Familie hervorleuchten ſehen, der dem geſtrigen bei dem erſten Commiſſair faſt<lb/> die Wage hielt, außer daß jezt an dieſem Orte weit mehr Vertraulichkeit herrſchte. Es<lb/> waren etwa anderthalb Stunden, nach denen wir unſern Abſchied nahmen. (Ein Unter-<lb/> benjoſe, ein Bedienter dieſes Hauſes, begruͤßete uns vor der Pforte mit halber Hand: er<lb/> war vor drei Jahren in der Anherreiſe mit unſerm Herrn Capitain von Outhorn vom Ober-<lb/> benjoſen alſo begruͤßet worden, nachdem er den Oberdolmetſcher getoͤdtet <note place="foot" n="*)"><cb/> Fehlt in der Engl. Ueberſ. und der Hand-<lb/> ſchrift des Oheims.</note>). Die Woh-<lb/> nung dieſes Herrn war am weiteſten N. oder N. W. waͤrts der Stadt ohngefaͤhr anderthalb<lb/> große Meilen von unſerer Herberge, an einem ziemlich ſchlechten <note place="foot" n="**)"><cb/> Scheuchzer ſagt das Gegentheil: an einem<lb/> ſehr angenehmen Orte naͤmlich.</note> mit vielem Gebuͤſche<lb/> und Huͤgeln beſezten Orte. Der dritte Gouverneur <hi rendition="#fr">Zubo ſama</hi> wohnte an dem Burg-<lb/> graben in einem elenden Hauſe. Wir trafen alda nur eine kleine Verſamlung von Frauen-<lb/> zimmern nahe vor uns hinter fenſternen Thuͤren an, die ſich damit behalfen, uns durch<lb/> Loͤcher zu beſchauen, welche ſie, ſo bald ſie ſich niederſezten, einſtießen. Weil uns die<lb/> Koͤpfe von den vielen zu uns genommenen ſtarken Getraͤnken ſchwer zu werden anfiengen, ſo<lb/> hielten wir es, nach volbrachten Traktamenten, fuͤr gerathen, uns alsbald zu beurlauben<lb/> und von dannen zu eilen, damit wir die ernſthaften Dolmetſcher, die eine ſo luſtige Geſel-<lb/> ſchaft zu begleiten nicht gewohnt ſind, uͤber uns nicht verdruͤslich werden moͤchten. So<lb/> freundlich ſich hier uͤbrigens der, ſo des Gouverneurs Stelle vertrat, (nicht aber der Ceri-<lb/> monienmeiſter, der jedesmal ein anderer Hausbedienter war <note place="foot" n="†)">Dieſe Parentheſe hat Scheuchzer nicht.</note>) bei uns geberden wolte,<lb/> ſo ſehr misfiel uns dennoch die ganze Zeit uͤber ſein unangenehmes Geſicht, zumal da wir<lb/> Abgeſandte und keine Kaufleute fuͤr dasmal zu ſeyn, und als ſolche behandelt werden zu<lb/> muͤſſen uns einbildeten, die nicht des Gewinſtes ſondern der Ehre halber da waren.</p><lb/> <p>Den 1 April, Sonntags, Nachmittags erhielten wir von <hi rendition="#fr">Jo Samma</hi> das Ver-<lb/> ſprechen, daß wir morgen bei Hofe unſere Abſchiedsaudienz haben wuͤrden.</p><lb/> <p>Den 2 April, Montags, alſo vor neun Uhr begaben wir uns gewoͤhnlicher maßen<lb/> zu Pferde nach Hof, warteten in dem aus dem vorigen bekanten Wachtſaale an die andert-<lb/> halb Stunden, und bekamen darauf einen Bewilkommungsbeſuch von den Herren Com-<lb/> miſſairs und dem Sino Cami; in dem großen Vorgemache des Schloſſes, das mit 36<lb/> großen Matten belegt und mit verguldeten Schauben umgeben war, muſten wir eben ſo<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Zweiter Band O o</hi></fw><fw place="bottom" type="catch">lange</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [289/0329]
Zwoͤlftes Kap. Beſchreibung der Stadt und des Schloſſes Jedo.
freundlichem oͤfteren Zutrinken wenige Schwierigkeit machten, und ſich jeder von uns, zum
Beweis der Zufriedenheit, mit einem Liedchen hoͤren lies. Aus dem Ueberfluſſe alles deſ-
ſen, was an einer Tafel die Sinne zu reizen vermag, konte man hier den glaͤnzenden Wohl-
ſtand der Familie hervorleuchten ſehen, der dem geſtrigen bei dem erſten Commiſſair faſt
die Wage hielt, außer daß jezt an dieſem Orte weit mehr Vertraulichkeit herrſchte. Es
waren etwa anderthalb Stunden, nach denen wir unſern Abſchied nahmen. (Ein Unter-
benjoſe, ein Bedienter dieſes Hauſes, begruͤßete uns vor der Pforte mit halber Hand: er
war vor drei Jahren in der Anherreiſe mit unſerm Herrn Capitain von Outhorn vom Ober-
benjoſen alſo begruͤßet worden, nachdem er den Oberdolmetſcher getoͤdtet *)). Die Woh-
nung dieſes Herrn war am weiteſten N. oder N. W. waͤrts der Stadt ohngefaͤhr anderthalb
große Meilen von unſerer Herberge, an einem ziemlich ſchlechten **) mit vielem Gebuͤſche
und Huͤgeln beſezten Orte. Der dritte Gouverneur Zubo ſama wohnte an dem Burg-
graben in einem elenden Hauſe. Wir trafen alda nur eine kleine Verſamlung von Frauen-
zimmern nahe vor uns hinter fenſternen Thuͤren an, die ſich damit behalfen, uns durch
Loͤcher zu beſchauen, welche ſie, ſo bald ſie ſich niederſezten, einſtießen. Weil uns die
Koͤpfe von den vielen zu uns genommenen ſtarken Getraͤnken ſchwer zu werden anfiengen, ſo
hielten wir es, nach volbrachten Traktamenten, fuͤr gerathen, uns alsbald zu beurlauben
und von dannen zu eilen, damit wir die ernſthaften Dolmetſcher, die eine ſo luſtige Geſel-
ſchaft zu begleiten nicht gewohnt ſind, uͤber uns nicht verdruͤslich werden moͤchten. So
freundlich ſich hier uͤbrigens der, ſo des Gouverneurs Stelle vertrat, (nicht aber der Ceri-
monienmeiſter, der jedesmal ein anderer Hausbedienter war †)) bei uns geberden wolte,
ſo ſehr misfiel uns dennoch die ganze Zeit uͤber ſein unangenehmes Geſicht, zumal da wir
Abgeſandte und keine Kaufleute fuͤr dasmal zu ſeyn, und als ſolche behandelt werden zu
muͤſſen uns einbildeten, die nicht des Gewinſtes ſondern der Ehre halber da waren.
Den 1 April, Sonntags, Nachmittags erhielten wir von Jo Samma das Ver-
ſprechen, daß wir morgen bei Hofe unſere Abſchiedsaudienz haben wuͤrden.
Den 2 April, Montags, alſo vor neun Uhr begaben wir uns gewoͤhnlicher maßen
zu Pferde nach Hof, warteten in dem aus dem vorigen bekanten Wachtſaale an die andert-
halb Stunden, und bekamen darauf einen Bewilkommungsbeſuch von den Herren Com-
miſſairs und dem Sino Cami; in dem großen Vorgemache des Schloſſes, das mit 36
großen Matten belegt und mit verguldeten Schauben umgeben war, muſten wir eben ſo
lange
*)
Fehlt in der Engl. Ueberſ. und der Hand-
ſchrift des Oheims.
**)
Scheuchzer ſagt das Gegentheil: an einem
ſehr angenehmen Orte naͤmlich.
†) Dieſe Parentheſe hat Scheuchzer nicht.
Zweiter Band O o
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |