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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch.
auf aber 12 Vorgänger und der Landesherr selbst in seinem Norimon; etwa 20 Schritte
vor uns lies er einen Augenblik stille halten, selbigen öfnen, und sich ganz langsam bei
uns, die wir aus Respekt von den Pferden abgestiegen waren, und mit entblößeten
Häuptern da standen, vorbeitragen, auch da wir ihm durch unsern Dolmetscher ein kurzes
Kompliment machten, uns hinwiederum unter der höflichsten und freundlichsten Begegnung
alles Glük zu unserer Reise anwünschen. Er war dem Ansehen nach ein Herr von 30 Jah-
ren, mageren Gesichts und Leibesbeschaffenheit, kränklicher Farbe, von einem ernsthaften
jedoch gefälligen Wesen. Weil er aus Königlichem Geblüte abstamte, stand auch sein
Sohn in Jedo eben im Begrif, sich mit des Kaisers eilfjährigen Tochter zu verheirathen.
Hinter dem Norimon oder nach ihm machten einzelne Pikenträger zu Pferde und einige Diener,
sodann sein Statthalter nebst verschiedenen andern, alle mit Pikenträgern und anderen Be-
dienten, den Beschlus, so daß allein die Fusgänger sich beinahe auf 1000 Man beliefen,
die gleichsam in einen Klumpen gedrängt und in großer Stille nachfolgetn. Des Abends
um fünf Uhr erreichten wir unter dem Schreien und Nachlaufen einer Menge von losen Bu-
ben unsere Herberge.

Den 7 April wurden wir aus der Herberge bis Fackona, wo wir Mittag mach-
ten, in Cangos getragen. Man sagte uns, daß nicht weit von hier der Ort, Motto
Fackoni
genant, wäre, wo Kongin kami geschlagen worden. Eine Stunde vor der
Sonnen Untergang kamen wir nach Misjima, wo wir übernachteten. Es ist alhier ein
berühmter Tempel, dessen großer und weiter Umfang mit Quadersteinen wohl gepflastert
war; auch nahe dabei ein Teich mit überaus zahmen Fischen. Beim Herabreisen des Ber-
ges sahe man, daß sich W. S. W. von Fackona das bergigte Land auf 12 Meilen rechter
Hand nach der See hin, linker Hand aber selbige fast vorbei zog. Nicht weit von Misjima
wurden wir von einer Menge Jammabosknaben und Mädchen mit Singen, wiewol von
jenen unverschämter als von diesen, angefallen.

Den 8 April ritten wir drei Stunden vor Tage aus, weil wir dem Prinzen von
Owari, dem Gemahl von des Kaisers Schwester, der in dem anderthalb Meilen vor uns
gelegenen Flecken Numidzu eben logirte, gern ausbeugen wolten. Der Weg war inzwi-
schen dennoch schon mit seinen Leuten, Pferden, Bagage und Norimons, nebst den Haushof-
meistern (Leute, die ihm vom Kaiser zugeordnet, und mehr die Stelle der Verräther als
seiner treuen Diener vertraten, weil sie von Hof aus ganz besonders dazu ausgesucht wor-
den) fast überal erfült, welche die Oerter bei noch angestekten und aufgehangenen Laternen
in aller Stille durchpassirten. Das Nachfolgen der übrigen von seinem Trupp währte den
ganzen Tag. Aus unserer Herberge gelangten wir bald bis zu der Brücke von Numidzu,
von da und bis an die Stadt selbst standen 1000 und mehr erbauete Häuser, gleich einer
Vorstadt. Das junge Volk von den Jsjepilgrims trafen wir schlafend auf dem Felde an,

die

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
auf aber 12 Vorgaͤnger und der Landesherr ſelbſt in ſeinem Norimon; etwa 20 Schritte
vor uns lies er einen Augenblik ſtille halten, ſelbigen oͤfnen, und ſich ganz langſam bei
uns, die wir aus Reſpekt von den Pferden abgeſtiegen waren, und mit entbloͤßeten
Haͤuptern da ſtanden, vorbeitragen, auch da wir ihm durch unſern Dolmetſcher ein kurzes
Kompliment machten, uns hinwiederum unter der hoͤflichſten und freundlichſten Begegnung
alles Gluͤk zu unſerer Reiſe anwuͤnſchen. Er war dem Anſehen nach ein Herr von 30 Jah-
ren, mageren Geſichts und Leibesbeſchaffenheit, kraͤnklicher Farbe, von einem ernſthaften
jedoch gefaͤlligen Weſen. Weil er aus Koͤniglichem Gebluͤte abſtamte, ſtand auch ſein
Sohn in Jedo eben im Begrif, ſich mit des Kaiſers eilfjaͤhrigen Tochter zu verheirathen.
Hinter dem Norimon oder nach ihm machten einzelne Pikentraͤger zu Pferde und einige Diener,
ſodann ſein Statthalter nebſt verſchiedenen andern, alle mit Pikentraͤgern und anderen Be-
dienten, den Beſchlus, ſo daß allein die Fusgaͤnger ſich beinahe auf 1000 Man beliefen,
die gleichſam in einen Klumpen gedraͤngt und in großer Stille nachfolgetn. Des Abends
um fuͤnf Uhr erreichten wir unter dem Schreien und Nachlaufen einer Menge von loſen Bu-
ben unſere Herberge.

Den 7 April wurden wir aus der Herberge bis Fackona, wo wir Mittag mach-
ten, in Cangos getragen. Man ſagte uns, daß nicht weit von hier der Ort, Motto
Fackoni
genant, waͤre, wo Kongin kami geſchlagen worden. Eine Stunde vor der
Sonnen Untergang kamen wir nach Miſjima, wo wir uͤbernachteten. Es iſt alhier ein
beruͤhmter Tempel, deſſen großer und weiter Umfang mit Quaderſteinen wohl gepflaſtert
war; auch nahe dabei ein Teich mit uͤberaus zahmen Fiſchen. Beim Herabreiſen des Ber-
ges ſahe man, daß ſich W. S. W. von Fackona das bergigte Land auf 12 Meilen rechter
Hand nach der See hin, linker Hand aber ſelbige faſt vorbei zog. Nicht weit von Miſjima
wurden wir von einer Menge Jammabosknaben und Maͤdchen mit Singen, wiewol von
jenen unverſchaͤmter als von dieſen, angefallen.

Den 8 April ritten wir drei Stunden vor Tage aus, weil wir dem Prinzen von
Owari, dem Gemahl von des Kaiſers Schweſter, der in dem anderthalb Meilen vor uns
gelegenen Flecken Numidzu eben logirte, gern ausbeugen wolten. Der Weg war inzwi-
ſchen dennoch ſchon mit ſeinen Leuten, Pferden, Bagage und Norimons, nebſt den Haushof-
meiſtern (Leute, die ihm vom Kaiſer zugeordnet, und mehr die Stelle der Verraͤther als
ſeiner treuen Diener vertraten, weil ſie von Hof aus ganz beſonders dazu ausgeſucht wor-
den) faſt uͤberal erfuͤlt, welche die Oerter bei noch angeſtekten und aufgehangenen Laternen
in aller Stille durchpaſſirten. Das Nachfolgen der uͤbrigen von ſeinem Trupp waͤhrte den
ganzen Tag. Aus unſerer Herberge gelangten wir bald bis zu der Bruͤcke von Numidzu,
von da und bis an die Stadt ſelbſt ſtanden 1000 und mehr erbauete Haͤuſer, gleich einer
Vorſtadt. Das junge Volk von den Jſjepilgrims trafen wir ſchlafend auf dem Felde an,

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[292/0332] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. auf aber 12 Vorgaͤnger und der Landesherr ſelbſt in ſeinem Norimon; etwa 20 Schritte vor uns lies er einen Augenblik ſtille halten, ſelbigen oͤfnen, und ſich ganz langſam bei uns, die wir aus Reſpekt von den Pferden abgeſtiegen waren, und mit entbloͤßeten Haͤuptern da ſtanden, vorbeitragen, auch da wir ihm durch unſern Dolmetſcher ein kurzes Kompliment machten, uns hinwiederum unter der hoͤflichſten und freundlichſten Begegnung alles Gluͤk zu unſerer Reiſe anwuͤnſchen. Er war dem Anſehen nach ein Herr von 30 Jah- ren, mageren Geſichts und Leibesbeſchaffenheit, kraͤnklicher Farbe, von einem ernſthaften jedoch gefaͤlligen Weſen. Weil er aus Koͤniglichem Gebluͤte abſtamte, ſtand auch ſein Sohn in Jedo eben im Begrif, ſich mit des Kaiſers eilfjaͤhrigen Tochter zu verheirathen. Hinter dem Norimon oder nach ihm machten einzelne Pikentraͤger zu Pferde und einige Diener, ſodann ſein Statthalter nebſt verſchiedenen andern, alle mit Pikentraͤgern und anderen Be- dienten, den Beſchlus, ſo daß allein die Fusgaͤnger ſich beinahe auf 1000 Man beliefen, die gleichſam in einen Klumpen gedraͤngt und in großer Stille nachfolgetn. Des Abends um fuͤnf Uhr erreichten wir unter dem Schreien und Nachlaufen einer Menge von loſen Bu- ben unſere Herberge. Den 7 April wurden wir aus der Herberge bis Fackona, wo wir Mittag mach- ten, in Cangos getragen. Man ſagte uns, daß nicht weit von hier der Ort, Motto Fackoni genant, waͤre, wo Kongin kami geſchlagen worden. Eine Stunde vor der Sonnen Untergang kamen wir nach Miſjima, wo wir uͤbernachteten. Es iſt alhier ein beruͤhmter Tempel, deſſen großer und weiter Umfang mit Quaderſteinen wohl gepflaſtert war; auch nahe dabei ein Teich mit uͤberaus zahmen Fiſchen. Beim Herabreiſen des Ber- ges ſahe man, daß ſich W. S. W. von Fackona das bergigte Land auf 12 Meilen rechter Hand nach der See hin, linker Hand aber ſelbige faſt vorbei zog. Nicht weit von Miſjima wurden wir von einer Menge Jammabosknaben und Maͤdchen mit Singen, wiewol von jenen unverſchaͤmter als von dieſen, angefallen. Den 8 April ritten wir drei Stunden vor Tage aus, weil wir dem Prinzen von Owari, dem Gemahl von des Kaiſers Schweſter, der in dem anderthalb Meilen vor uns gelegenen Flecken Numidzu eben logirte, gern ausbeugen wolten. Der Weg war inzwi- ſchen dennoch ſchon mit ſeinen Leuten, Pferden, Bagage und Norimons, nebſt den Haushof- meiſtern (Leute, die ihm vom Kaiſer zugeordnet, und mehr die Stelle der Verraͤther als ſeiner treuen Diener vertraten, weil ſie von Hof aus ganz beſonders dazu ausgeſucht wor- den) faſt uͤberal erfuͤlt, welche die Oerter bei noch angeſtekten und aufgehangenen Laternen in aller Stille durchpaſſirten. Das Nachfolgen der uͤbrigen von ſeinem Trupp waͤhrte den ganzen Tag. Aus unſerer Herberge gelangten wir bald bis zu der Bruͤcke von Numidzu, von da und bis an die Stadt ſelbſt ſtanden 1000 und mehr erbauete Haͤuſer, gleich einer Vorſtadt. Das junge Volk von den Jſjepilgrims trafen wir ſchlafend auf dem Felde an, die

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/332>, abgerufen am 24.11.2024.