Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch.
Hafens hielten wir die Mittagsmahlzeit, von da wir sodann noch eine Meile weiter auf
den bei uns gehabten kleinen Fahrzeugen unser Schis Boswyk von Batavia entdekten und
bewilkomten.

Den 24 warf dasselbe vor Desima Anker: und den 25 wurde es besichtiget und
drei Tage lang ausgeladen.

Aus Jedo lief um diese Zeit die Nachricht ein, daß der ehemalige Nagasackische
Gouverneur Kin mot sama gestorben wäre. Er war eben derjenige, der ohngefähr im
Jahr 1680, als der Hr. Doctor Cleyer Direktor unsrer Geschäfte war, 18 Japaner we-
gen beschuldigter geheimen Unterhandlung mit den unsrigen theils hängen theils enthaupten
lassen, ohne vorher von der Sache an Hof Bericht zu erstatten, weshalb man ihn seines
Dienstes entsezt und zum Hausarrest verurtheilt hatte, worin er demnach sein Leben
beschlossen.

Den 7 September war das Mondfest, wie es die Japaner heißen: die Chine-
ser sagen das Licht des Mondes. Es wird des Nachts mit Lustfarthen sowol zu Wasser
als zu Lande gefeiert. Jn Nagasacki wird es nicht gros geachtet, weil die Einwohner we-
gen der strengen Aufsicht auf den verbotenen Handel, wodurch sie einen Gewinst machen
könten, zu niedergeschlagen leben.

Den 9 wurden unsere Holländische Waaren zusammen getragen, und damit den
10 der erste Verkaufstag gehalten.

Am lezten September führte man einige Schleichhändler und einen Dieb zum
Richtplatze.

Den 1 Oktober brachte man vier gefangene Schleichhändler mit den Walfischbarken
von den Jnseln Gotho ein. Jm vorigen Monate am 25ten hatte man eben auch ihrer vier
andere in der See ertapt und in Verhaft genommen.

Den 2 Oktober kam auch die diesen Gefangenen zugehörige Barke nebst abermals
vier andern Mitschuldigen an; zwei davon hatten sich selbst den Bauch aufgeschnitten, die
also eingesalzen waren; einer der übrigen zu diesen Chinesischen Contrebandiers gehörigen
schnitte sich in dieser Nacht den Bauch auf, und wiederum ein anderer entkam und flüchtete
in das Gebürge, so fehr man auch die Pforten verschlossen und genaue Nachtwache ge-
halten hatte.

Den 4 entwischte abermals einer, und ein Chinesischer Unterdolmetscher, welcher
Gelder zu dem verbotenen Handel vorgeschossen hatte, schnit sich den Bauch auf. Der
Haupträdelsführer der gefangenen Missethäter biß sich selber die Zunge ab, um sich außer
Stand zu setzen, seine Anhänger zu verrathen, er ergrif, so feste er auch angeschlossen
war, hernach das Mittel, sich aus dem Rocke, den er am Leibe trug, einen Strik zu ma-
chen und sich damit zu erwürgen. Bei einem derer Gefangenen fand man ein ordentliches

Haupt-

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
Hafens hielten wir die Mittagsmahlzeit, von da wir ſodann noch eine Meile weiter auf
den bei uns gehabten kleinen Fahrzeugen unſer Schis Boſwyk von Batavia entdekten und
bewilkomten.

Den 24 warf daſſelbe vor Deſima Anker: und den 25 wurde es beſichtiget und
drei Tage lang ausgeladen.

Aus Jedo lief um dieſe Zeit die Nachricht ein, daß der ehemalige Nagaſackiſche
Gouverneur Kin mot ſama geſtorben waͤre. Er war eben derjenige, der ohngefaͤhr im
Jahr 1680, als der Hr. Doctor Cleyer Direktor unſrer Geſchaͤfte war, 18 Japaner we-
gen beſchuldigter geheimen Unterhandlung mit den unſrigen theils haͤngen theils enthaupten
laſſen, ohne vorher von der Sache an Hof Bericht zu erſtatten, weshalb man ihn ſeines
Dienſtes entſezt und zum Hausarreſt verurtheilt hatte, worin er demnach ſein Leben
beſchloſſen.

Den 7 September war das Mondfeſt, wie es die Japaner heißen: die Chine-
ſer ſagen das Licht des Mondes. Es wird des Nachts mit Luſtfarthen ſowol zu Waſſer
als zu Lande gefeiert. Jn Nagaſacki wird es nicht gros geachtet, weil die Einwohner we-
gen der ſtrengen Aufſicht auf den verbotenen Handel, wodurch ſie einen Gewinſt machen
koͤnten, zu niedergeſchlagen leben.

Den 9 wurden unſere Hollaͤndiſche Waaren zuſammen getragen, und damit den
10 der erſte Verkaufstag gehalten.

Am lezten September fuͤhrte man einige Schleichhaͤndler und einen Dieb zum
Richtplatze.

Den 1 Oktober brachte man vier gefangene Schleichhaͤndler mit den Walfiſchbarken
von den Jnſeln Gotho ein. Jm vorigen Monate am 25ten hatte man eben auch ihrer vier
andere in der See ertapt und in Verhaft genommen.

Den 2 Oktober kam auch die dieſen Gefangenen zugehoͤrige Barke nebſt abermals
vier andern Mitſchuldigen an; zwei davon hatten ſich ſelbſt den Bauch aufgeſchnitten, die
alſo eingeſalzen waren; einer der uͤbrigen zu dieſen Chineſiſchen Contrebandiers gehoͤrigen
ſchnitte ſich in dieſer Nacht den Bauch auf, und wiederum ein anderer entkam und fluͤchtete
in das Gebuͤrge, ſo fehr man auch die Pforten verſchloſſen und genaue Nachtwache ge-
halten hatte.

Den 4 entwiſchte abermals einer, und ein Chineſiſcher Unterdolmetſcher, welcher
Gelder zu dem verbotenen Handel vorgeſchoſſen hatte, ſchnit ſich den Bauch auf. Der
Hauptraͤdelsfuͤhrer der gefangenen Miſſethaͤter biß ſich ſelber die Zunge ab, um ſich außer
Stand zu ſetzen, ſeine Anhaͤnger zu verrathen, er ergrif, ſo feſte er auch angeſchloſſen
war, hernach das Mittel, ſich aus dem Rocke, den er am Leibe trug, einen Strik zu ma-
chen und ſich damit zu erwuͤrgen. Bei einem derer Gefangenen fand man ein ordentliches

Haupt-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0368" n="322"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ka&#x0364;mpfers Ge&#x017F;chichte von Japan. Fu&#x0364;nftes Buch.</hi></fw><lb/>
Hafens hielten wir die Mittagsmahlzeit, von da wir &#x017F;odann noch eine Meile weiter auf<lb/>
den bei uns gehabten kleinen Fahrzeugen un&#x017F;er Schis <hi rendition="#fr">Bo&#x017F;wyk</hi> von Batavia entdekten und<lb/>
bewilkomten.</p><lb/>
          <p>Den 24 warf da&#x017F;&#x017F;elbe vor De&#x017F;ima Anker: und den 25 wurde es be&#x017F;ichtiget und<lb/>
drei Tage lang ausgeladen.</p><lb/>
          <p>Aus Jedo lief um die&#x017F;e Zeit die Nachricht ein, daß der ehemalige Naga&#x017F;acki&#x017F;che<lb/>
Gouverneur <hi rendition="#fr">Kin mot &#x017F;ama</hi> ge&#x017F;torben wa&#x0364;re. Er war eben derjenige, der ohngefa&#x0364;hr im<lb/>
Jahr 1680, als der Hr. Doctor <hi rendition="#fr">Cleyer</hi> Direktor un&#x017F;rer Ge&#x017F;cha&#x0364;fte war, 18 Japaner we-<lb/>
gen be&#x017F;chuldigter geheimen Unterhandlung mit den un&#x017F;rigen theils ha&#x0364;ngen theils enthaupten<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, ohne vorher von der Sache an Hof Bericht zu er&#x017F;tatten, weshalb man ihn &#x017F;eines<lb/>
Dien&#x017F;tes ent&#x017F;ezt und zum Hausarre&#x017F;t verurtheilt hatte, worin er demnach &#x017F;ein Leben<lb/>
be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Den 7 September war das <hi rendition="#fr">Mondfe&#x017F;t,</hi> wie es die Japaner heißen: die Chine-<lb/>
&#x017F;er &#x017F;agen <hi rendition="#fr">das Licht des Mondes.</hi> Es wird des Nachts mit Lu&#x017F;tfarthen &#x017F;owol zu Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
als zu Lande gefeiert. Jn Naga&#x017F;acki wird es nicht gros geachtet, weil die Einwohner we-<lb/>
gen der &#x017F;trengen Auf&#x017F;icht auf den verbotenen Handel, wodurch &#x017F;ie einen Gewin&#x017F;t machen<lb/>
ko&#x0364;nten, zu niederge&#x017F;chlagen leben.</p><lb/>
          <p>Den 9 wurden un&#x017F;ere Holla&#x0364;ndi&#x017F;che Waaren zu&#x017F;ammen getragen, und damit den<lb/>
10 der er&#x017F;te Verkaufstag gehalten.</p><lb/>
          <p>Am lezten September fu&#x0364;hrte man einige Schleichha&#x0364;ndler und einen Dieb zum<lb/>
Richtplatze.</p><lb/>
          <p>Den 1 Oktober brachte man vier gefangene Schleichha&#x0364;ndler mit den Walfi&#x017F;chbarken<lb/>
von den Jn&#x017F;eln Gotho ein. Jm vorigen Monate am 25ten hatte man eben auch ihrer vier<lb/>
andere in der See ertapt und in Verhaft genommen.</p><lb/>
          <p>Den 2 Oktober kam auch die die&#x017F;en Gefangenen zugeho&#x0364;rige Barke neb&#x017F;t abermals<lb/>
vier andern Mit&#x017F;chuldigen an; zwei davon hatten &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t den Bauch aufge&#x017F;chnitten, die<lb/>
al&#x017F;o einge&#x017F;alzen waren; einer der u&#x0364;brigen zu die&#x017F;en Chine&#x017F;i&#x017F;chen Contrebandiers geho&#x0364;rigen<lb/>
&#x017F;chnitte &#x017F;ich in die&#x017F;er Nacht den Bauch auf, und wiederum ein anderer entkam und flu&#x0364;chtete<lb/>
in das Gebu&#x0364;rge, &#x017F;o fehr man auch die Pforten ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und genaue Nachtwache ge-<lb/>
halten hatte.</p><lb/>
          <p>Den 4 entwi&#x017F;chte abermals einer, und ein Chine&#x017F;i&#x017F;cher Unterdolmet&#x017F;cher, welcher<lb/>
Gelder zu dem verbotenen Handel vorge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en hatte, &#x017F;chnit &#x017F;ich den Bauch auf. Der<lb/>
Hauptra&#x0364;delsfu&#x0364;hrer der gefangenen Mi&#x017F;&#x017F;etha&#x0364;ter biß &#x017F;ich &#x017F;elber die Zunge ab, um &#x017F;ich außer<lb/>
Stand zu &#x017F;etzen, &#x017F;eine Anha&#x0364;nger zu verrathen, er ergrif, &#x017F;o fe&#x017F;te er auch ange&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
war, hernach das Mittel, &#x017F;ich aus dem Rocke, den er am Leibe trug, einen Strik zu ma-<lb/>
chen und &#x017F;ich damit zu erwu&#x0364;rgen. Bei einem derer Gefangenen fand man ein ordentliches<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Haupt-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0368] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. Hafens hielten wir die Mittagsmahlzeit, von da wir ſodann noch eine Meile weiter auf den bei uns gehabten kleinen Fahrzeugen unſer Schis Boſwyk von Batavia entdekten und bewilkomten. Den 24 warf daſſelbe vor Deſima Anker: und den 25 wurde es beſichtiget und drei Tage lang ausgeladen. Aus Jedo lief um dieſe Zeit die Nachricht ein, daß der ehemalige Nagaſackiſche Gouverneur Kin mot ſama geſtorben waͤre. Er war eben derjenige, der ohngefaͤhr im Jahr 1680, als der Hr. Doctor Cleyer Direktor unſrer Geſchaͤfte war, 18 Japaner we- gen beſchuldigter geheimen Unterhandlung mit den unſrigen theils haͤngen theils enthaupten laſſen, ohne vorher von der Sache an Hof Bericht zu erſtatten, weshalb man ihn ſeines Dienſtes entſezt und zum Hausarreſt verurtheilt hatte, worin er demnach ſein Leben beſchloſſen. Den 7 September war das Mondfeſt, wie es die Japaner heißen: die Chine- ſer ſagen das Licht des Mondes. Es wird des Nachts mit Luſtfarthen ſowol zu Waſſer als zu Lande gefeiert. Jn Nagaſacki wird es nicht gros geachtet, weil die Einwohner we- gen der ſtrengen Aufſicht auf den verbotenen Handel, wodurch ſie einen Gewinſt machen koͤnten, zu niedergeſchlagen leben. Den 9 wurden unſere Hollaͤndiſche Waaren zuſammen getragen, und damit den 10 der erſte Verkaufstag gehalten. Am lezten September fuͤhrte man einige Schleichhaͤndler und einen Dieb zum Richtplatze. Den 1 Oktober brachte man vier gefangene Schleichhaͤndler mit den Walfiſchbarken von den Jnſeln Gotho ein. Jm vorigen Monate am 25ten hatte man eben auch ihrer vier andere in der See ertapt und in Verhaft genommen. Den 2 Oktober kam auch die dieſen Gefangenen zugehoͤrige Barke nebſt abermals vier andern Mitſchuldigen an; zwei davon hatten ſich ſelbſt den Bauch aufgeſchnitten, die alſo eingeſalzen waren; einer der uͤbrigen zu dieſen Chineſiſchen Contrebandiers gehoͤrigen ſchnitte ſich in dieſer Nacht den Bauch auf, und wiederum ein anderer entkam und fluͤchtete in das Gebuͤrge, ſo fehr man auch die Pforten verſchloſſen und genaue Nachtwache ge- halten hatte. Den 4 entwiſchte abermals einer, und ein Chineſiſcher Unterdolmetſcher, welcher Gelder zu dem verbotenen Handel vorgeſchoſſen hatte, ſchnit ſich den Bauch auf. Der Hauptraͤdelsfuͤhrer der gefangenen Miſſethaͤter biß ſich ſelber die Zunge ab, um ſich außer Stand zu ſetzen, ſeine Anhaͤnger zu verrathen, er ergrif, ſo feſte er auch angeſchloſſen war, hernach das Mittel, ſich aus dem Rocke, den er am Leibe trug, einen Strik zu ma- chen und ſich damit zu erwuͤrgen. Bei einem derer Gefangenen fand man ein ordentliches Haupt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/368
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/368>, abgerufen am 26.11.2024.