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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Viertes Buch.
auf die See zu haben, und sobald ein Schiff gesehen wird, oder wirklich sich der Küste nä-
herte, mit schnellen Postbarken der Regierung die nöthige Nachricht zu geben, und beson-
ders auch die verschiednen Bewegungen desselben zu melden. Eine gleiche beständige Beob-
achtung der See geschieht auch von einem an der Stadt gelegnen Berge Foo quan san d. i.
Juweelenblumenberg. Auf diesem werden beständig die Materialien zu einem sehr hel-
flammenden Feuer bereit gehalten, die man sogleich in Brand stekt, sobald eine Flotte von
zehn oder mehr portugiesischen Schiffen sich sehn läst, oder man die gewisse Nachricht auch
nur von wenig ankommenden portugiesischen Schiffen erhält. Eben dies geschieht, wenn
man von einem Aufstande in irgend einem Theile der Jnsel Kusju Nachricht bekommen
soll. Doch darf dies Feuer niemals ohne Vorwissen und Gutbefinden der Regierung ange-
zündet werden. Es ist ein Zeichen eines dem ganzen Reiche nachtheiligen Vorfals, man
sieht es auf gewissen Bergen in Amakusa, wo man wieder Feuer anzündet, das man auf
Figo sieht und nachahmt. Und so wird dies Feuer über die Berge des südlichen Ufers
fortgepflanzt und in 24 Stunden kömt die Nachricht, die es geben sol, nach Jedo.

Die Stadt und ihre Einwohner werden unter der Direktion der erwähnten Statt-
halter durch vier Bürgermeister und deren Unterbedienten regiert. Die Bürgermeister
wechseln jährlich unter einander ab, und der regierende heist Nenban d. i. Jahrwächter.
Dieser führt ein Jahr lang das Präsidium in seinem Collegio, mus täglich an den Hof des
Gouverneurs von allen vorfallenden Sachen Bericht abstatten lassen, wenn die Sachen
schwierig und zweifelhaft sind, sie persönlich vortragen, und wenn sie von noch ganz besonde-
rer Wichtigkeit sind, oder er mit seinen Collegen nicht eins werden kan, sie mit Hüife des
Hofraths beilegen oder auch dem hohen Urtheil des Gouverneurs unterwerfen.

Vor dieses Tribunal *) gehören nun alle bürgerliche Streitigkeiten, die Parteien
werden hier verhört und nach der Manier des Processes die Sachen von beiden Seiten vor-

getra-
*) [Spaltenumbruch] Jch halte nach dem natürlichen Zusammen-
hange der Stelle dieses Tribunal für das Gericht
der Herren Burgermeister von Nangasacki. Herr
Scheuchzer aber macht ein Imperial Court of Indi-
cature
und ein Emperors Bench daraus ad modum
der Kingsbench in London, und hält es für den
zulezt erwähnten Hofrath. Mich dünkt aber, man
müsse unter diesem den Rath der Gouverneurs,
der mit Jorikis besezt ist, verstehn, den die Bur-
germeister in schwierigen Fällen oder bei widerspre-
chenden votis um Rath fragen, d. i. an den sie[Spaltenumbruch]
appelliren müssen. Die Appellation hängt hier auf
eine sonderbare Art von den Unterrichtern ab (de-
nen, wie es scheint, das Urtheil: welche Fälle
schwierig und wichtig sind? allein überlassen ist,)
und nicht von den Parteien, die, ist einmal das
Urtheil gesprochen, nicht appelliren dürfen, wie
Kämpfer sogleich sagen wird. Die Unterrichter
bekommen hiedurch ohne Zweifel große Gewalt,
welche aber gewissermaßen dadurch beschränkt wird,
daß die Oberrichter sich bei jedem Vorfal in ihre
Geschäfte mischen können, und daß wahrscheinlich
das

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
auf die See zu haben, und ſobald ein Schiff geſehen wird, oder wirklich ſich der Kuͤſte naͤ-
herte, mit ſchnellen Poſtbarken der Regierung die noͤthige Nachricht zu geben, und beſon-
ders auch die verſchiednen Bewegungen deſſelben zu melden. Eine gleiche beſtaͤndige Beob-
achtung der See geſchieht auch von einem an der Stadt gelegnen Berge Foo quan ſan d. i.
Juweelenblumenberg. Auf dieſem werden beſtaͤndig die Materialien zu einem ſehr hel-
flammenden Feuer bereit gehalten, die man ſogleich in Brand ſtekt, ſobald eine Flotte von
zehn oder mehr portugieſiſchen Schiffen ſich ſehn laͤſt, oder man die gewiſſe Nachricht auch
nur von wenig ankommenden portugieſiſchen Schiffen erhaͤlt. Eben dies geſchieht, wenn
man von einem Aufſtande in irgend einem Theile der Jnſel Kusju Nachricht bekommen
ſoll. Doch darf dies Feuer niemals ohne Vorwiſſen und Gutbefinden der Regierung ange-
zuͤndet werden. Es iſt ein Zeichen eines dem ganzen Reiche nachtheiligen Vorfals, man
ſieht es auf gewiſſen Bergen in Amakuſa, wo man wieder Feuer anzuͤndet, das man auf
Figo ſieht und nachahmt. Und ſo wird dies Feuer uͤber die Berge des ſuͤdlichen Ufers
fortgepflanzt und in 24 Stunden koͤmt die Nachricht, die es geben ſol, nach Jedo.

Die Stadt und ihre Einwohner werden unter der Direktion der erwaͤhnten Statt-
halter durch vier Buͤrgermeiſter und deren Unterbedienten regiert. Die Buͤrgermeiſter
wechſeln jaͤhrlich unter einander ab, und der regierende heiſt Nenban d. i. Jahrwaͤchter.
Dieſer fuͤhrt ein Jahr lang das Praͤſidium in ſeinem Collegio, mus taͤglich an den Hof des
Gouverneurs von allen vorfallenden Sachen Bericht abſtatten laſſen, wenn die Sachen
ſchwierig und zweifelhaft ſind, ſie perſoͤnlich vortragen, und wenn ſie von noch ganz beſonde-
rer Wichtigkeit ſind, oder er mit ſeinen Collegen nicht eins werden kan, ſie mit Huͤife des
Hofraths beilegen oder auch dem hohen Urtheil des Gouverneurs unterwerfen.

Vor dieſes Tribunal *) gehoͤren nun alle buͤrgerliche Streitigkeiten, die Parteien
werden hier verhoͤrt und nach der Manier des Proceſſes die Sachen von beiden Seiten vor-

getra-
*) [Spaltenumbruch] Jch halte nach dem natuͤrlichen Zuſammen-
hange der Stelle dieſes Tribunal fuͤr das Gericht
der Herren Burgermeiſter von Nangaſacki. Herr
Scheuchzer aber macht ein Imperial Court of Indi-
cature
und ein Emperors Bench daraus ad modum
der Kingsbench in London, und haͤlt es fuͤr den
zulezt erwaͤhnten Hofrath. Mich duͤnkt aber, man
muͤſſe unter dieſem den Rath der Gouverneurs,
der mit Jorikis beſezt iſt, verſtehn, den die Bur-
germeiſter in ſchwierigen Faͤllen oder bei widerſpre-
chenden votis um Rath fragen, d. i. an den ſie[Spaltenumbruch]
appelliren muͤſſen. Die Appellation haͤngt hier auf
eine ſonderbare Art von den Unterrichtern ab (de-
nen, wie es ſcheint, das Urtheil: welche Faͤlle
ſchwierig und wichtig ſind? allein uͤberlaſſen iſt,)
und nicht von den Parteien, die, iſt einmal das
Urtheil geſprochen, nicht appelliren duͤrfen, wie
Kaͤmpfer ſogleich ſagen wird. Die Unterrichter
bekommen hiedurch ohne Zweifel große Gewalt,
welche aber gewiſſermaßen dadurch beſchraͤnkt wird,
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[24/0038] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch. auf die See zu haben, und ſobald ein Schiff geſehen wird, oder wirklich ſich der Kuͤſte naͤ- herte, mit ſchnellen Poſtbarken der Regierung die noͤthige Nachricht zu geben, und beſon- ders auch die verſchiednen Bewegungen deſſelben zu melden. Eine gleiche beſtaͤndige Beob- achtung der See geſchieht auch von einem an der Stadt gelegnen Berge Foo quan ſan d. i. Juweelenblumenberg. Auf dieſem werden beſtaͤndig die Materialien zu einem ſehr hel- flammenden Feuer bereit gehalten, die man ſogleich in Brand ſtekt, ſobald eine Flotte von zehn oder mehr portugieſiſchen Schiffen ſich ſehn laͤſt, oder man die gewiſſe Nachricht auch nur von wenig ankommenden portugieſiſchen Schiffen erhaͤlt. Eben dies geſchieht, wenn man von einem Aufſtande in irgend einem Theile der Jnſel Kusju Nachricht bekommen ſoll. Doch darf dies Feuer niemals ohne Vorwiſſen und Gutbefinden der Regierung ange- zuͤndet werden. Es iſt ein Zeichen eines dem ganzen Reiche nachtheiligen Vorfals, man ſieht es auf gewiſſen Bergen in Amakuſa, wo man wieder Feuer anzuͤndet, das man auf Figo ſieht und nachahmt. Und ſo wird dies Feuer uͤber die Berge des ſuͤdlichen Ufers fortgepflanzt und in 24 Stunden koͤmt die Nachricht, die es geben ſol, nach Jedo. Die Stadt und ihre Einwohner werden unter der Direktion der erwaͤhnten Statt- halter durch vier Buͤrgermeiſter und deren Unterbedienten regiert. Die Buͤrgermeiſter wechſeln jaͤhrlich unter einander ab, und der regierende heiſt Nenban d. i. Jahrwaͤchter. Dieſer fuͤhrt ein Jahr lang das Praͤſidium in ſeinem Collegio, mus taͤglich an den Hof des Gouverneurs von allen vorfallenden Sachen Bericht abſtatten laſſen, wenn die Sachen ſchwierig und zweifelhaft ſind, ſie perſoͤnlich vortragen, und wenn ſie von noch ganz beſonde- rer Wichtigkeit ſind, oder er mit ſeinen Collegen nicht eins werden kan, ſie mit Huͤife des Hofraths beilegen oder auch dem hohen Urtheil des Gouverneurs unterwerfen. Vor dieſes Tribunal *) gehoͤren nun alle buͤrgerliche Streitigkeiten, die Parteien werden hier verhoͤrt und nach der Manier des Proceſſes die Sachen von beiden Seiten vor- getra- *) Jch halte nach dem natuͤrlichen Zuſammen- hange der Stelle dieſes Tribunal fuͤr das Gericht der Herren Burgermeiſter von Nangaſacki. Herr Scheuchzer aber macht ein Imperial Court of Indi- cature und ein Emperors Bench daraus ad modum der Kingsbench in London, und haͤlt es fuͤr den zulezt erwaͤhnten Hofrath. Mich duͤnkt aber, man muͤſſe unter dieſem den Rath der Gouverneurs, der mit Jorikis beſezt iſt, verſtehn, den die Bur- germeiſter in ſchwierigen Faͤllen oder bei widerſpre- chenden votis um Rath fragen, d. i. an den ſie appelliren muͤſſen. Die Appellation haͤngt hier auf eine ſonderbare Art von den Unterrichtern ab (de- nen, wie es ſcheint, das Urtheil: welche Faͤlle ſchwierig und wichtig ſind? allein uͤberlaſſen iſt,) und nicht von den Parteien, die, iſt einmal das Urtheil geſprochen, nicht appelliren duͤrfen, wie Kaͤmpfer ſogleich ſagen wird. Die Unterrichter bekommen hiedurch ohne Zweifel große Gewalt, welche aber gewiſſermaßen dadurch beſchraͤnkt wird, daß die Oberrichter ſich bei jedem Vorfal in ihre Geſchaͤfte miſchen koͤnnen, und daß wahrſcheinlich das

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/38>, abgerufen am 23.11.2024.