Den 14 März nöthigte uns der Sturm in dem Muruschen Hafen zu verweilen.
Den 15 März früh ausgefahren und des Nachmittags um zwei Uhr im Hafen vor Fiongo, von da aber in andern Fahrzeugen, mit der Abendzeit in dem Osackischen Ha- fen angelangt; zwischen sechs und sieben Uhr befanden wir uns bei der zweiten Brücke, wo uns der Wirth aus Osacka mit Lustbarken begegnete, um uns in die Herberge abzuführen.
Den 16 März Rasttag gehalten.
Den 17 März Audienz beim Gouverneur. Außer dem Wachtsaale führte man uns durch noch zwei Kammern, wo Armaturstücke hiengen, z. E. in der einen Kammer 20 Flinten mit messingenen Schlössern, nebst schwarzblauen Bambuslunten, Pulverbüchsen und was sonst zum Schießen gehört, ferner: eben so viele große über eine Matte lange schwarz lakirte Bogen mit daran gebundenen ledernen Schieshandschuhen, und bei jedem einen lakirten Köcher mit Pfeilen: in der andern Kammer war von allen diesen Sachen noch einmal so viel. Nachdem wir uns in einer andern kleinen Kammer ein wenig aufge- halten, brachte man uns in einen großen Saal, woselbst sich der Gouverneur nach einigen Minuten erst entfernter bald aber näher und auf zwei Matten Längen vor uns niedersezte. Die Bewilkommung war kurz und wie gewöhnlich. Er fragte alsbald nach unser aller Na- men, Stand und Alter mit den freundlichsten und unversteltesten Geberden. Mir eröfnete er sodann, wie einer von seiner Familie bereits 10 Jahr mit einem besondern Leibesgebre- chen behaftet sey, davon er so gern befreiet zu werden wünsche; (wie ich es verstand, so war es der Haarwurm*)) als ich den Patienten zu sehen verlangte, antwortete er, daß das Uebel an einem schaamhaften Orte wäre, weshalb nur ein Mittel ohne Besichtigung gegeben werden möchte, das denn also auch am Nachmittage befolgt wurde. Nachdem man übrigens unsere Hüte besehen, uns schreiben, malen und singen lassen, denn ihr Be- gehren, einen Tanz und sonstige Cerimonien zu machen, schlugen wir ab, so wurde uns der Abschied ertheilt. Es mochte der Gonverneur ein Herr etwa von 50 oder mehrern Jahren seyn: er war ansehnlich, lang und bleich von Gesichte, und hatte eine rechte Begierde uns zu sehen und zu hören, von unserer Kleidung sprach er besonders sehr viel, wie er denn auch den Capitain seinen Mantel abzulegen ersuchte, um sie desto besser unterscheiden zu können.
Der andere Gonverneur befand sich abwesend am Hofe, daher wir unsern Respekt bei dem Haushofmeister in dem Wachtsaale ablegten. Weil dessen Wohnung 50 Schrit von der ordentlichen Straße der Stadt entfernt war, musten wir unsere Cangos alhier ste- hen lassen, und den Weg dahin, ohngeachtet es regnete, zu Fuße gehen.
Um
*) Hat die Engl. Uebers. nicht.
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
Den 14 Maͤrz noͤthigte uns der Sturm in dem Muruſchen Hafen zu verweilen.
Den 15 Maͤrz fruͤh ausgefahren und des Nachmittags um zwei Uhr im Hafen vor Fiongo, von da aber in andern Fahrzeugen, mit der Abendzeit in dem Oſackiſchen Ha- fen angelangt; zwiſchen ſechs und ſieben Uhr befanden wir uns bei der zweiten Bruͤcke, wo uns der Wirth aus Oſacka mit Luſtbarken begegnete, um uns in die Herberge abzufuͤhren.
Den 16 Maͤrz Raſttag gehalten.
Den 17 Maͤrz Audienz beim Gouverneur. Außer dem Wachtſaale fuͤhrte man uns durch noch zwei Kammern, wo Armaturſtuͤcke hiengen, z. E. in der einen Kammer 20 Flinten mit meſſingenen Schloͤſſern, nebſt ſchwarzblauen Bambuslunten, Pulverbuͤchſen und was ſonſt zum Schießen gehoͤrt, ferner: eben ſo viele große uͤber eine Matte lange ſchwarz lakirte Bogen mit daran gebundenen ledernen Schieshandſchuhen, und bei jedem einen lakirten Koͤcher mit Pfeilen: in der andern Kammer war von allen dieſen Sachen noch einmal ſo viel. Nachdem wir uns in einer andern kleinen Kammer ein wenig aufge- halten, brachte man uns in einen großen Saal, woſelbſt ſich der Gouverneur nach einigen Minuten erſt entfernter bald aber naͤher und auf zwei Matten Laͤngen vor uns niederſezte. Die Bewilkommung war kurz und wie gewoͤhnlich. Er fragte alsbald nach unſer aller Na- men, Stand und Alter mit den freundlichſten und unverſtelteſten Geberden. Mir eroͤfnete er ſodann, wie einer von ſeiner Familie bereits 10 Jahr mit einem beſondern Leibesgebre- chen behaftet ſey, davon er ſo gern befreiet zu werden wuͤnſche; (wie ich es verſtand, ſo war es der Haarwurm*)) als ich den Patienten zu ſehen verlangte, antwortete er, daß das Uebel an einem ſchaamhaften Orte waͤre, weshalb nur ein Mittel ohne Beſichtigung gegeben werden moͤchte, das denn alſo auch am Nachmittage befolgt wurde. Nachdem man uͤbrigens unſere Huͤte beſehen, uns ſchreiben, malen und ſingen laſſen, denn ihr Be- gehren, einen Tanz und ſonſtige Cerimonien zu machen, ſchlugen wir ab, ſo wurde uns der Abſchied ertheilt. Es mochte der Gonverneur ein Herr etwa von 50 oder mehrern Jahren ſeyn: er war anſehnlich, lang und bleich von Geſichte, und hatte eine rechte Begierde uns zu ſehen und zu hoͤren, von unſerer Kleidung ſprach er beſonders ſehr viel, wie er denn auch den Capitain ſeinen Mantel abzulegen erſuchte, um ſie deſto beſſer unterſcheiden zu koͤnnen.
Der andere Gonverneur befand ſich abweſend am Hofe, daher wir unſern Reſpekt bei dem Haushofmeiſter in dem Wachtſaale ablegten. Weil deſſen Wohnung 50 Schrit von der ordentlichen Straße der Stadt entfernt war, muſten wir unſere Cangos alhier ſte- hen laſſen, und den Weg dahin, ohngeachtet es regnete, zu Fuße gehen.
Um
*) Hat die Engl. Ueberſ. nicht.
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[336/0382]
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
Den 14 Maͤrz noͤthigte uns der Sturm in dem Muruſchen Hafen zu verweilen.
Den 15 Maͤrz fruͤh ausgefahren und des Nachmittags um zwei Uhr im Hafen vor
Fiongo, von da aber in andern Fahrzeugen, mit der Abendzeit in dem Oſackiſchen Ha-
fen angelangt; zwiſchen ſechs und ſieben Uhr befanden wir uns bei der zweiten Bruͤcke,
wo uns der Wirth aus Oſacka mit Luſtbarken begegnete, um uns in die Herberge
abzufuͤhren.
Den 16 Maͤrz Raſttag gehalten.
Den 17 Maͤrz Audienz beim Gouverneur. Außer dem Wachtſaale fuͤhrte man
uns durch noch zwei Kammern, wo Armaturſtuͤcke hiengen, z. E. in der einen Kammer
20 Flinten mit meſſingenen Schloͤſſern, nebſt ſchwarzblauen Bambuslunten, Pulverbuͤchſen
und was ſonſt zum Schießen gehoͤrt, ferner: eben ſo viele große uͤber eine Matte lange
ſchwarz lakirte Bogen mit daran gebundenen ledernen Schieshandſchuhen, und bei jedem
einen lakirten Koͤcher mit Pfeilen: in der andern Kammer war von allen dieſen Sachen
noch einmal ſo viel. Nachdem wir uns in einer andern kleinen Kammer ein wenig aufge-
halten, brachte man uns in einen großen Saal, woſelbſt ſich der Gouverneur nach einigen
Minuten erſt entfernter bald aber naͤher und auf zwei Matten Laͤngen vor uns niederſezte.
Die Bewilkommung war kurz und wie gewoͤhnlich. Er fragte alsbald nach unſer aller Na-
men, Stand und Alter mit den freundlichſten und unverſtelteſten Geberden. Mir eroͤfnete
er ſodann, wie einer von ſeiner Familie bereits 10 Jahr mit einem beſondern Leibesgebre-
chen behaftet ſey, davon er ſo gern befreiet zu werden wuͤnſche; (wie ich es verſtand, ſo
war es der Haarwurm *)) als ich den Patienten zu ſehen verlangte, antwortete er, daß
das Uebel an einem ſchaamhaften Orte waͤre, weshalb nur ein Mittel ohne Beſichtigung
gegeben werden moͤchte, das denn alſo auch am Nachmittage befolgt wurde. Nachdem
man uͤbrigens unſere Huͤte beſehen, uns ſchreiben, malen und ſingen laſſen, denn ihr Be-
gehren, einen Tanz und ſonſtige Cerimonien zu machen, ſchlugen wir ab, ſo wurde uns
der Abſchied ertheilt. Es mochte der Gonverneur ein Herr etwa von 50 oder mehrern Jahren
ſeyn: er war anſehnlich, lang und bleich von Geſichte, und hatte eine rechte Begierde uns
zu ſehen und zu hoͤren, von unſerer Kleidung ſprach er beſonders ſehr viel, wie er denn auch
den Capitain ſeinen Mantel abzulegen erſuchte, um ſie deſto beſſer unterſcheiden zu koͤnnen.
Der andere Gonverneur befand ſich abweſend am Hofe, daher wir unſern Reſpekt
bei dem Haushofmeiſter in dem Wachtſaale ablegten. Weil deſſen Wohnung 50 Schrit
von der ordentlichen Straße der Stadt entfernt war, muſten wir unſere Cangos alhier ſte-
hen laſſen, und den Weg dahin, ohngeachtet es regnete, zu Fuße gehen.
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*) Hat die Engl. Ueberſ. nicht.
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/382>, abgerufen am 27.11.2024.
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