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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch.
lies zu gleicher Zeit linker Hand die Schauben aufmachen, um frische Luft hereinzulassen.
Nun musten wir unsere Hüte aufsetzen, auch die Perücken abnehmen, und unter einem
Gespräch bei einer viertel Stunde lang hin und her spazieren. Als ich die Gemahlin des
Kaisers, welche schön war, zu einigen malen erblikt hatte, sagte der Kaiser auf Japanisch,
daß wir ihren eigentlichen Sizplaz wissen müsten, weil wir so scharf dahin sähen, und be-
gab sich alsobald darauf zu den andern gegen uns über versamleten Frauenzimmern. Man
lies mich von der Matte nochmals etwas näher hinzukommen, die Perücke wieder abneh-
men, sodann springen und uns zusammen tanzen, spazieren, auch den Capitain und mich
errathen, wie alt der Bingo sey? Der Capitain sagte 50, ich 45, worüber ein Gelächter
entstand. Ferner musten wir den Umgang eines Mannes mit seiner Frau vorstellig machen,
worüber es bei dem Frauenzimmer wegen des dabei vorfallenden Kusses nicht wenig zu la-
chen gab, hierauf abermals umher springen, und endlich zeigen, wie die Europäischen
Ehrenbezeigungen sowol gegen Geringe als Vornehme beiderlei Geschlechts, auch selbst gegen
einen König abgelegt werden. Von mir verlangte man noch, ein Lied zu hören, ich sang
also deren zwei mit einem algemeinen Beifal, den nur die Kunst erwarten kan, ab; und
damit musten wir die Mäntel ablegen, einer nach dem andern uns nähern, und auf das
lebhafteste, wie vor einem König in Europa, Abschied nehmen, worauf, und nachdem wir
auf aller Gesichter ein Vergnügen und Zufriedenheit wahrnahmen, die Erlaubnis uns weg-
zubegeben gegeben wurde. Es war bereits vier Uhr, und wir hatten uns in die drittehalb
Stunden aufgehalten. Wir empfahlen uns bei den Kommissarien und dem Sjube, wur-
den von zweien so wie vorhin ein-also jezt abgeführt, und verfügten uns nun in das Haus
des Bingo, alwo wir sehr wohl traktirt wurden. Mit dem Untergang der Sonnen kamen
wir endlich wieder nach Hause.

Den 22 April ritten wir eine halbe Meile N. O. der Stadt, um bei dem neuen
Tempelherrn, welcher der Sohn des Prinzen von Firando war, einen Besuch abzustatten.
Sein Haus war vol von Zuschauern besezt. Der, so uns empfieng, war ein alberner un-
belebter Man, und wuste nicht das geringste von Höflichkeitsbezeigungen an den Tag zu
bringen. Kaum hatte das Frauenzimmer, das uns mit einem Gastmal bewirthete, un-
sere Hüte und Degen in Besichtigung genommen, sagte er, man solle uns eins singen las-
sen, wodurch er auf eine dumme Art uns den Respekt zu erkennen geben wolte, den wir als
Klienten dem alten Landesherrn von Firando schuldig wären.

Von hier ritten wir ins Kastel zu den beiden Herren Gouverneurs, wo man uns
nur eine Tasse Thee vorsezte, und wo auch kein Frauenzimmer, wie an den übrigen Orten,
zu sehen war. Neben einem mit Papieren angefülten Kabinet bemerkten wir hierselbst eine
Canzlei-und Gewehrkammer.

Außer

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
lies zu gleicher Zeit linker Hand die Schauben aufmachen, um friſche Luft hereinzulaſſen.
Nun muſten wir unſere Huͤte aufſetzen, auch die Peruͤcken abnehmen, und unter einem
Geſpraͤch bei einer viertel Stunde lang hin und her ſpazieren. Als ich die Gemahlin des
Kaiſers, welche ſchoͤn war, zu einigen malen erblikt hatte, ſagte der Kaiſer auf Japaniſch,
daß wir ihren eigentlichen Sizplaz wiſſen muͤſten, weil wir ſo ſcharf dahin ſaͤhen, und be-
gab ſich alſobald darauf zu den andern gegen uns uͤber verſamleten Frauenzimmern. Man
lies mich von der Matte nochmals etwas naͤher hinzukommen, die Peruͤcke wieder abneh-
men, ſodann ſpringen und uns zuſammen tanzen, ſpazieren, auch den Capitain und mich
errathen, wie alt der Bingo ſey? Der Capitain ſagte 50, ich 45, woruͤber ein Gelaͤchter
entſtand. Ferner muſten wir den Umgang eines Mannes mit ſeiner Frau vorſtellig machen,
woruͤber es bei dem Frauenzimmer wegen des dabei vorfallenden Kuſſes nicht wenig zu la-
chen gab, hierauf abermals umher ſpringen, und endlich zeigen, wie die Europaͤiſchen
Ehrenbezeigungen ſowol gegen Geringe als Vornehme beiderlei Geſchlechts, auch ſelbſt gegen
einen Koͤnig abgelegt werden. Von mir verlangte man noch, ein Lied zu hoͤren, ich ſang
alſo deren zwei mit einem algemeinen Beifal, den nur die Kunſt erwarten kan, ab; und
damit muſten wir die Maͤntel ablegen, einer nach dem andern uns naͤhern, und auf das
lebhafteſte, wie vor einem Koͤnig in Europa, Abſchied nehmen, worauf, und nachdem wir
auf aller Geſichter ein Vergnuͤgen und Zufriedenheit wahrnahmen, die Erlaubnis uns weg-
zubegeben gegeben wurde. Es war bereits vier Uhr, und wir hatten uns in die drittehalb
Stunden aufgehalten. Wir empfahlen uns bei den Kommiſſarien und dem Sjube, wur-
den von zweien ſo wie vorhin ein-alſo jezt abgefuͤhrt, und verfuͤgten uns nun in das Haus
des Bingo, alwo wir ſehr wohl traktirt wurden. Mit dem Untergang der Sonnen kamen
wir endlich wieder nach Hauſe.

Den 22 April ritten wir eine halbe Meile N. O. der Stadt, um bei dem neuen
Tempelherrn, welcher der Sohn des Prinzen von Firando war, einen Beſuch abzuſtatten.
Sein Haus war vol von Zuſchauern beſezt. Der, ſo uns empfieng, war ein alberner un-
belebter Man, und wuſte nicht das geringſte von Hoͤflichkeitsbezeigungen an den Tag zu
bringen. Kaum hatte das Frauenzimmer, das uns mit einem Gaſtmal bewirthete, un-
ſere Huͤte und Degen in Beſichtigung genommen, ſagte er, man ſolle uns eins ſingen laſ-
ſen, wodurch er auf eine dumme Art uns den Reſpekt zu erkennen geben wolte, den wir als
Klienten dem alten Landesherrn von Firando ſchuldig waͤren.

Von hier ritten wir ins Kaſtel zu den beiden Herren Gouverneurs, wo man uns
nur eine Taſſe Thee vorſezte, und wo auch kein Frauenzimmer, wie an den uͤbrigen Orten,
zu ſehen war. Neben einem mit Papieren angefuͤlten Kabinet bemerkten wir hierſelbſt eine
Canzlei-und Gewehrkammer.

Außer
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[348/0394] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. lies zu gleicher Zeit linker Hand die Schauben aufmachen, um friſche Luft hereinzulaſſen. Nun muſten wir unſere Huͤte aufſetzen, auch die Peruͤcken abnehmen, und unter einem Geſpraͤch bei einer viertel Stunde lang hin und her ſpazieren. Als ich die Gemahlin des Kaiſers, welche ſchoͤn war, zu einigen malen erblikt hatte, ſagte der Kaiſer auf Japaniſch, daß wir ihren eigentlichen Sizplaz wiſſen muͤſten, weil wir ſo ſcharf dahin ſaͤhen, und be- gab ſich alſobald darauf zu den andern gegen uns uͤber verſamleten Frauenzimmern. Man lies mich von der Matte nochmals etwas naͤher hinzukommen, die Peruͤcke wieder abneh- men, ſodann ſpringen und uns zuſammen tanzen, ſpazieren, auch den Capitain und mich errathen, wie alt der Bingo ſey? Der Capitain ſagte 50, ich 45, woruͤber ein Gelaͤchter entſtand. Ferner muſten wir den Umgang eines Mannes mit ſeiner Frau vorſtellig machen, woruͤber es bei dem Frauenzimmer wegen des dabei vorfallenden Kuſſes nicht wenig zu la- chen gab, hierauf abermals umher ſpringen, und endlich zeigen, wie die Europaͤiſchen Ehrenbezeigungen ſowol gegen Geringe als Vornehme beiderlei Geſchlechts, auch ſelbſt gegen einen Koͤnig abgelegt werden. Von mir verlangte man noch, ein Lied zu hoͤren, ich ſang alſo deren zwei mit einem algemeinen Beifal, den nur die Kunſt erwarten kan, ab; und damit muſten wir die Maͤntel ablegen, einer nach dem andern uns naͤhern, und auf das lebhafteſte, wie vor einem Koͤnig in Europa, Abſchied nehmen, worauf, und nachdem wir auf aller Geſichter ein Vergnuͤgen und Zufriedenheit wahrnahmen, die Erlaubnis uns weg- zubegeben gegeben wurde. Es war bereits vier Uhr, und wir hatten uns in die drittehalb Stunden aufgehalten. Wir empfahlen uns bei den Kommiſſarien und dem Sjube, wur- den von zweien ſo wie vorhin ein-alſo jezt abgefuͤhrt, und verfuͤgten uns nun in das Haus des Bingo, alwo wir ſehr wohl traktirt wurden. Mit dem Untergang der Sonnen kamen wir endlich wieder nach Hauſe. Den 22 April ritten wir eine halbe Meile N. O. der Stadt, um bei dem neuen Tempelherrn, welcher der Sohn des Prinzen von Firando war, einen Beſuch abzuſtatten. Sein Haus war vol von Zuſchauern beſezt. Der, ſo uns empfieng, war ein alberner un- belebter Man, und wuſte nicht das geringſte von Hoͤflichkeitsbezeigungen an den Tag zu bringen. Kaum hatte das Frauenzimmer, das uns mit einem Gaſtmal bewirthete, un- ſere Huͤte und Degen in Beſichtigung genommen, ſagte er, man ſolle uns eins ſingen laſ- ſen, wodurch er auf eine dumme Art uns den Reſpekt zu erkennen geben wolte, den wir als Klienten dem alten Landesherrn von Firando ſchuldig waͤren. Von hier ritten wir ins Kaſtel zu den beiden Herren Gouverneurs, wo man uns nur eine Taſſe Thee vorſezte, und wo auch kein Frauenzimmer, wie an den uͤbrigen Orten, zu ſehen war. Neben einem mit Papieren angefuͤlten Kabinet bemerkten wir hierſelbſt eine Canzlei-und Gewehrkammer. Außer

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/394>, abgerufen am 28.11.2024.