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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch.
erfahren; man sagte, daß ein großes Götterbuch von der Religion darin beschrieben läge,
und wolte übrigens weiter nichts davon melden, außer daß man nur versicherte, daß es da-
mit eine ganz wundervolle Beschaffenheit habe. Der Oberbugjo wurde von dem Wirth in
diesen Tempel geführt, wo ich mich denn unbemerkt mit hieinschlich, dagegen die übrigen
aus unserm Gefolge draußen auf der engen Gasse bleiben musten. Nach diesem passirten
wir im weiteren Aufsteigen einen ansehnlichen Thurm mit sieben*) Stokwerken und fünf
Umgängen, und kamen endlich

4) an einen am Berge auf hölzernen Balken ruhenden Kiomitztempel, so wie
an noch zwei andere kleine Tempel, dabei wir aber eben nicht viel mehreres als im vorigen
Jahre bemerkten; sie hiengen voller Bilder und Gemälde, worunter sich eins, das eine
große Schlacht, und ein anderes, das die Stadt Osacka vorstelte, besonders auszeichneten.

Jn einem andern Tempel oben auf dem Berge über dem abfließenden Wasser stan-
den außer vielen andern Bildern auch ein Umba oder eins von einem alten Weibe nebst ei-
nem Wasserbehälter umher, welches alles die ganze Gegend angenehmer machte. Man
gieng alhier über hundert steinerne Treppentritte bis zu dem ablaufenden Wasser hinab,
wovon der Tempel den Namen führte.

Nachdem wir hierauf in ein Hurenhaus eingekehrt und uns von dem Wirth trakti-
ren lassen, wofür er einen Cobang, die Wirthin einen Jtzebo und die beiden alda befindli-
chen Huren auch so viel zur Erkentlichkeit bekamen, trug man uns nach ein oder andert-
halb Stunden

5) zu dem großen Daibotstempel. Vor dessen Vorhofe befand sich ein auf ei-
nem runden Hügel aufgerichteter Grabstein, des Kaisers Taiko Ohrengrabmal genant,
weil dieser, als er aus der mit den Jesoern gehaltenen Schlacht zurük und nach Hause ge-
kommen, seine ihm dabei abgeschnittene oder abgehauene Ohren daselbst begraben lassen.
Die Mauer um den Plaz des Daibotstempels war von ungeheur großen und an der Gassen-
seite rauh behauenen Steinen aufgeführt. Der Tempelhof war inwendig mit einer offenen
Gallerie von rothem Dachwerk umgeben, und an jeder Seite 50 gegitterte Gefache, deren
jedes mit zwei und zwei Säulen beschlossen; zu beiden Seiten des Eingangs nämlich sahe
man eine doppelte Reihe runder hölzerner und roth gefärbter Pfeiler, jede von funfzig, und
also auf jeder Seite hundert, das also, in so fern es recht viereckigt wäre, 400 Pfeiler
ausmachte. Wenn man auf acht steinernen Tritten ins Thorhaus trit, stehen zu beiden
Seiten eine halbe Klafter über dem Fusboden in einem Gitter zwei fürchterlich schwarze oder
vielmehr feurig und dunkel roth schwarz gestaltete Riesen, Awun oder Jnjo, auch Niwo
genant; der zur Linken hat einen offenen Mund und Hand, der aber zur Rechten einen ge-

schlossenen
*) Scheuchzer sezt: fünf.

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
erfahren; man ſagte, daß ein großes Goͤtterbuch von der Religion darin beſchrieben laͤge,
und wolte uͤbrigens weiter nichts davon melden, außer daß man nur verſicherte, daß es da-
mit eine ganz wundervolle Beſchaffenheit habe. Der Oberbugjo wurde von dem Wirth in
dieſen Tempel gefuͤhrt, wo ich mich denn unbemerkt mit hieinſchlich, dagegen die uͤbrigen
aus unſerm Gefolge draußen auf der engen Gaſſe bleiben muſten. Nach dieſem paſſirten
wir im weiteren Aufſteigen einen anſehnlichen Thurm mit ſieben*) Stokwerken und fuͤnf
Umgaͤngen, und kamen endlich

4) an einen am Berge auf hoͤlzernen Balken ruhenden Kiomitztempel, ſo wie
an noch zwei andere kleine Tempel, dabei wir aber eben nicht viel mehreres als im vorigen
Jahre bemerkten; ſie hiengen voller Bilder und Gemaͤlde, worunter ſich eins, das eine
große Schlacht, und ein anderes, das die Stadt Oſacka vorſtelte, beſonders auszeichneten.

Jn einem andern Tempel oben auf dem Berge uͤber dem abfließenden Waſſer ſtan-
den außer vielen andern Bildern auch ein Umba oder eins von einem alten Weibe nebſt ei-
nem Waſſerbehaͤlter umher, welches alles die ganze Gegend angenehmer machte. Man
gieng alhier uͤber hundert ſteinerne Treppentritte bis zu dem ablaufenden Waſſer hinab,
wovon der Tempel den Namen fuͤhrte.

Nachdem wir hierauf in ein Hurenhaus eingekehrt und uns von dem Wirth trakti-
ren laſſen, wofuͤr er einen Cobang, die Wirthin einen Jtzebo und die beiden alda befindli-
chen Huren auch ſo viel zur Erkentlichkeit bekamen, trug man uns nach ein oder andert-
halb Stunden

5) zu dem großen Daibotstempel. Vor deſſen Vorhofe befand ſich ein auf ei-
nem runden Huͤgel aufgerichteter Grabſtein, des Kaiſers Taiko Ohrengrabmal genant,
weil dieſer, als er aus der mit den Jeſoern gehaltenen Schlacht zuruͤk und nach Hauſe ge-
kommen, ſeine ihm dabei abgeſchnittene oder abgehauene Ohren daſelbſt begraben laſſen.
Die Mauer um den Plaz des Daibotstempels war von ungeheur großen und an der Gaſſen-
ſeite rauh behauenen Steinen aufgefuͤhrt. Der Tempelhof war inwendig mit einer offenen
Gallerie von rothem Dachwerk umgeben, und an jeder Seite 50 gegitterte Gefache, deren
jedes mit zwei und zwei Saͤulen beſchloſſen; zu beiden Seiten des Eingangs naͤmlich ſahe
man eine doppelte Reihe runder hoͤlzerner und roth gefaͤrbter Pfeiler, jede von funfzig, und
alſo auf jeder Seite hundert, das alſo, in ſo fern es recht viereckigt waͤre, 400 Pfeiler
ausmachte. Wenn man auf acht ſteinernen Tritten ins Thorhaus trit, ſtehen zu beiden
Seiten eine halbe Klafter uͤber dem Fusboden in einem Gitter zwei fuͤrchterlich ſchwarze oder
vielmehr feurig und dunkel roth ſchwarz geſtaltete Rieſen, Awun oder Jnjo, auch Niwo
genant; der zur Linken hat einen offenen Mund und Hand, der aber zur Rechten einen ge-

ſchloſſenen
*) Scheuchzer ſezt: fuͤnf.
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[368/0414] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. erfahren; man ſagte, daß ein großes Goͤtterbuch von der Religion darin beſchrieben laͤge, und wolte uͤbrigens weiter nichts davon melden, außer daß man nur verſicherte, daß es da- mit eine ganz wundervolle Beſchaffenheit habe. Der Oberbugjo wurde von dem Wirth in dieſen Tempel gefuͤhrt, wo ich mich denn unbemerkt mit hieinſchlich, dagegen die uͤbrigen aus unſerm Gefolge draußen auf der engen Gaſſe bleiben muſten. Nach dieſem paſſirten wir im weiteren Aufſteigen einen anſehnlichen Thurm mit ſieben *) Stokwerken und fuͤnf Umgaͤngen, und kamen endlich 4) an einen am Berge auf hoͤlzernen Balken ruhenden Kiomitztempel, ſo wie an noch zwei andere kleine Tempel, dabei wir aber eben nicht viel mehreres als im vorigen Jahre bemerkten; ſie hiengen voller Bilder und Gemaͤlde, worunter ſich eins, das eine große Schlacht, und ein anderes, das die Stadt Oſacka vorſtelte, beſonders auszeichneten. Jn einem andern Tempel oben auf dem Berge uͤber dem abfließenden Waſſer ſtan- den außer vielen andern Bildern auch ein Umba oder eins von einem alten Weibe nebſt ei- nem Waſſerbehaͤlter umher, welches alles die ganze Gegend angenehmer machte. Man gieng alhier uͤber hundert ſteinerne Treppentritte bis zu dem ablaufenden Waſſer hinab, wovon der Tempel den Namen fuͤhrte. Nachdem wir hierauf in ein Hurenhaus eingekehrt und uns von dem Wirth trakti- ren laſſen, wofuͤr er einen Cobang, die Wirthin einen Jtzebo und die beiden alda befindli- chen Huren auch ſo viel zur Erkentlichkeit bekamen, trug man uns nach ein oder andert- halb Stunden 5) zu dem großen Daibotstempel. Vor deſſen Vorhofe befand ſich ein auf ei- nem runden Huͤgel aufgerichteter Grabſtein, des Kaiſers Taiko Ohrengrabmal genant, weil dieſer, als er aus der mit den Jeſoern gehaltenen Schlacht zuruͤk und nach Hauſe ge- kommen, ſeine ihm dabei abgeſchnittene oder abgehauene Ohren daſelbſt begraben laſſen. Die Mauer um den Plaz des Daibotstempels war von ungeheur großen und an der Gaſſen- ſeite rauh behauenen Steinen aufgefuͤhrt. Der Tempelhof war inwendig mit einer offenen Gallerie von rothem Dachwerk umgeben, und an jeder Seite 50 gegitterte Gefache, deren jedes mit zwei und zwei Saͤulen beſchloſſen; zu beiden Seiten des Eingangs naͤmlich ſahe man eine doppelte Reihe runder hoͤlzerner und roth gefaͤrbter Pfeiler, jede von funfzig, und alſo auf jeder Seite hundert, das alſo, in ſo fern es recht viereckigt waͤre, 400 Pfeiler ausmachte. Wenn man auf acht ſteinernen Tritten ins Thorhaus trit, ſtehen zu beiden Seiten eine halbe Klafter uͤber dem Fusboden in einem Gitter zwei fuͤrchterlich ſchwarze oder vielmehr feurig und dunkel roth ſchwarz geſtaltete Rieſen, Awun oder Jnjo, auch Niwo genant; der zur Linken hat einen offenen Mund und Hand, der aber zur Rechten einen ge- ſchloſſenen *) Scheuchzer ſezt: fuͤnf.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/414>, abgerufen am 22.11.2024.