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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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I. Ueber die Verfertigung des Papiers in Japan.
dieses Kochen aufgehoben, so werden die Zweige so trocken, daß man sie den Tag vorher,
ehe man sie kocht, in gemeines Wasser auf 24 Stunden legen, und dadurch erweichen mus.
Man kocht dann diese Bündel in einem geraumigen, wohl bedekten Kessel, wo sie sehr eng
mit einander verbunden und alle aufgerichtet stehn müssen, und zwar so lange, bis die
Rinde sich etwas zusammenzieht, und eben das bloße Holz etwa in der Länge eines halben
Zols zum Vorschein kömt. Alsdann nimt man die kleinen Stäbe aus dem Kessel, läßt sie
wieder abkühlen, macht der Länge nach einen Einschnit, zieht die Rinde ab, wirst das
Holz weg, dürt jene als die Materie des Papiers aus, und nimt die fernere Bereitung
mit ihr vor, die in der Reinigung und Aussortirung besteht.

Um die Rinde zu reinigen, wird sie auf zwei bis drei Stunden in das Wasser ge-
legt, damit sie erweiche und man alsdann die schwarze Oberhaut (cuticula) wie auch die
grünende Oberfläche des Splints (liberi) mit einem Messer abnehmen kan, welches
Kaadsi Kusaggi, d. i. das Scheermesser Kusaggi, genant wird. Zu gleicher Zeit
wird die jählige und stärkere Rinde von der dünnern abgesondert, die etwa die jüngern Zweige
bedekt hat. Jene liesert das weißeste und beste Papier, diese ein sehr dunkles und schwa-
ches. Eine Rinde, die schon mehrere Jahre alt ist, wird gleichfals nur zum Papier von
der diksten und schlechtesten Gattung gebraucht; zu eben derselben werden auch alle knotichte
oder sonst mit irgend einem Fehler behaftete Theile der Rinde zurükgelegt.

Wenn nun die Rinde gereinigt und nach den verschiednen Graden von Güte aus-
sortirt ist, so wird sie in einer durchgesiebten und hellen Lauge abgekocht, die, sobald sie
anfängt zu schäumen, beständig mit einem starken Rohr durchgerührt werden mus. Auch
gießt man immer neue Lauge hinzu, um das zu ersetzen, was durch die Ausdünstung verlo-
ren geht. Dieses Kochen währt so lange, bis man die Materie sehr leicht mit dem Finger
in den Filz und die Fibern absondern kan. Die Lauge kan aus jeder Art von Asche auf fol-
gende Art gemacht werden: Man legt über eine Tonne einige Stücken Holz in ein doppel-
tes Kreuz über einander. Dieses belegt man mit Stroh, und dieses wieder mit nasser
Asche. Alsdenn wird wohl gekochtes siedendes Wasser in die Tonne gegossen, welches
dann die Salztheile der Asche annimt, und in ein untergeseztes anderes Fas durchläuft, und
so eine Lauge giebt.

Auf das Kochen folgt nun das Waschen, welches bei Verfertigung des Papiers
besonders von Wichtigkeit ist. Denn wenn das Waschen nicht lange genug gedauert hat,
so wird das Papier zwar stark, aber zu grau und schlecht; hat man aber mit dem Waschen
zu lang angehalten, so wird das Papier zwar sehr weis, aber zu fet, schlaf und weniger
brauchbar zum Schreiben. Man mus also zwischen dem zu lange und dem zu kurz ein
gewisses Mittel treffen, und bei diesem Waschen sehr vorsichtig verfahren. Es geschieht
auf folgende Art: Man legt die Rinde in eine Wanne, die das Wasser durchläßt, und

sezt
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I. Ueber die Verfertigung des Papiers in Japan.
dieſes Kochen aufgehoben, ſo werden die Zweige ſo trocken, daß man ſie den Tag vorher,
ehe man ſie kocht, in gemeines Waſſer auf 24 Stunden legen, und dadurch erweichen mus.
Man kocht dann dieſe Buͤndel in einem geraumigen, wohl bedekten Keſſel, wo ſie ſehr eng
mit einander verbunden und alle aufgerichtet ſtehn muͤſſen, und zwar ſo lange, bis die
Rinde ſich etwas zuſammenzieht, und eben das bloße Holz etwa in der Laͤnge eines halben
Zols zum Vorſchein koͤmt. Alsdann nimt man die kleinen Staͤbe aus dem Keſſel, laͤßt ſie
wieder abkuͤhlen, macht der Laͤnge nach einen Einſchnit, zieht die Rinde ab, wirſt das
Holz weg, duͤrt jene als die Materie des Papiers aus, und nimt die fernere Bereitung
mit ihr vor, die in der Reinigung und Ausſortirung beſteht.

Um die Rinde zu reinigen, wird ſie auf zwei bis drei Stunden in das Waſſer ge-
legt, damit ſie erweiche und man alsdann die ſchwarze Oberhaut (cuticula) wie auch die
gruͤnende Oberflaͤche des Splints (liberi) mit einem Meſſer abnehmen kan, welches
Kaadſi Kuſaggi, d. i. das Scheermeſſer Kuſaggi, genant wird. Zu gleicher Zeit
wird die jaͤhlige und ſtaͤrkere Rinde von der duͤnnern abgeſondert, die etwa die juͤngern Zweige
bedekt hat. Jene lieſert das weißeſte und beſte Papier, dieſe ein ſehr dunkles und ſchwa-
ches. Eine Rinde, die ſchon mehrere Jahre alt iſt, wird gleichfals nur zum Papier von
der dikſten und ſchlechteſten Gattung gebraucht; zu eben derſelben werden auch alle knotichte
oder ſonſt mit irgend einem Fehler behaftete Theile der Rinde zuruͤkgelegt.

Wenn nun die Rinde gereinigt und nach den verſchiednen Graden von Guͤte aus-
ſortirt iſt, ſo wird ſie in einer durchgeſiebten und hellen Lauge abgekocht, die, ſobald ſie
anfaͤngt zu ſchaͤumen, beſtaͤndig mit einem ſtarken Rohr durchgeruͤhrt werden mus. Auch
gießt man immer neue Lauge hinzu, um das zu erſetzen, was durch die Ausduͤnſtung verlo-
ren geht. Dieſes Kochen waͤhrt ſo lange, bis man die Materie ſehr leicht mit dem Finger
in den Filz und die Fibern abſondern kan. Die Lauge kan aus jeder Art von Aſche auf fol-
gende Art gemacht werden: Man legt uͤber eine Tonne einige Stuͤcken Holz in ein doppel-
tes Kreuz uͤber einander. Dieſes belegt man mit Stroh, und dieſes wieder mit naſſer
Aſche. Alsdenn wird wohl gekochtes ſiedendes Waſſer in die Tonne gegoſſen, welches
dann die Salztheile der Aſche annimt, und in ein untergeſeztes anderes Fas durchlaͤuft, und
ſo eine Lauge giebt.

Auf das Kochen folgt nun das Waſchen, welches bei Verfertigung des Papiers
beſonders von Wichtigkeit iſt. Denn wenn das Waſchen nicht lange genug gedauert hat,
ſo wird das Papier zwar ſtark, aber zu grau und ſchlecht; hat man aber mit dem Waſchen
zu lang angehalten, ſo wird das Papier zwar ſehr weis, aber zu fet, ſchlaf und weniger
brauchbar zum Schreiben. Man mus alſo zwiſchen dem zu lange und dem zu kurz ein
gewiſſes Mittel treffen, und bei dieſem Waſchen ſehr vorſichtig verfahren. Es geſchieht
auf folgende Art: Man legt die Rinde in eine Wanne, die das Waſſer durchlaͤßt, und

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[387/0437] I. Ueber die Verfertigung des Papiers in Japan. dieſes Kochen aufgehoben, ſo werden die Zweige ſo trocken, daß man ſie den Tag vorher, ehe man ſie kocht, in gemeines Waſſer auf 24 Stunden legen, und dadurch erweichen mus. Man kocht dann dieſe Buͤndel in einem geraumigen, wohl bedekten Keſſel, wo ſie ſehr eng mit einander verbunden und alle aufgerichtet ſtehn muͤſſen, und zwar ſo lange, bis die Rinde ſich etwas zuſammenzieht, und eben das bloße Holz etwa in der Laͤnge eines halben Zols zum Vorſchein koͤmt. Alsdann nimt man die kleinen Staͤbe aus dem Keſſel, laͤßt ſie wieder abkuͤhlen, macht der Laͤnge nach einen Einſchnit, zieht die Rinde ab, wirſt das Holz weg, duͤrt jene als die Materie des Papiers aus, und nimt die fernere Bereitung mit ihr vor, die in der Reinigung und Ausſortirung beſteht. Um die Rinde zu reinigen, wird ſie auf zwei bis drei Stunden in das Waſſer ge- legt, damit ſie erweiche und man alsdann die ſchwarze Oberhaut (cuticula) wie auch die gruͤnende Oberflaͤche des Splints (liberi) mit einem Meſſer abnehmen kan, welches Kaadſi Kuſaggi, d. i. das Scheermeſſer Kuſaggi, genant wird. Zu gleicher Zeit wird die jaͤhlige und ſtaͤrkere Rinde von der duͤnnern abgeſondert, die etwa die juͤngern Zweige bedekt hat. Jene lieſert das weißeſte und beſte Papier, dieſe ein ſehr dunkles und ſchwa- ches. Eine Rinde, die ſchon mehrere Jahre alt iſt, wird gleichfals nur zum Papier von der dikſten und ſchlechteſten Gattung gebraucht; zu eben derſelben werden auch alle knotichte oder ſonſt mit irgend einem Fehler behaftete Theile der Rinde zuruͤkgelegt. Wenn nun die Rinde gereinigt und nach den verſchiednen Graden von Guͤte aus- ſortirt iſt, ſo wird ſie in einer durchgeſiebten und hellen Lauge abgekocht, die, ſobald ſie anfaͤngt zu ſchaͤumen, beſtaͤndig mit einem ſtarken Rohr durchgeruͤhrt werden mus. Auch gießt man immer neue Lauge hinzu, um das zu erſetzen, was durch die Ausduͤnſtung verlo- ren geht. Dieſes Kochen waͤhrt ſo lange, bis man die Materie ſehr leicht mit dem Finger in den Filz und die Fibern abſondern kan. Die Lauge kan aus jeder Art von Aſche auf fol- gende Art gemacht werden: Man legt uͤber eine Tonne einige Stuͤcken Holz in ein doppel- tes Kreuz uͤber einander. Dieſes belegt man mit Stroh, und dieſes wieder mit naſſer Aſche. Alsdenn wird wohl gekochtes ſiedendes Waſſer in die Tonne gegoſſen, welches dann die Salztheile der Aſche annimt, und in ein untergeſeztes anderes Fas durchlaͤuft, und ſo eine Lauge giebt. Auf das Kochen folgt nun das Waſchen, welches bei Verfertigung des Papiers beſonders von Wichtigkeit iſt. Denn wenn das Waſchen nicht lange genug gedauert hat, ſo wird das Papier zwar ſtark, aber zu grau und ſchlecht; hat man aber mit dem Waſchen zu lang angehalten, ſo wird das Papier zwar ſehr weis, aber zu fet, ſchlaf und weniger brauchbar zum Schreiben. Man mus alſo zwiſchen dem zu lange und dem zu kurz ein gewiſſes Mittel treffen, und bei dieſem Waſchen ſehr vorſichtig verfahren. Es geſchieht auf folgende Art: Man legt die Rinde in eine Wanne, die das Waſſer durchlaͤßt, und ſezt C c c 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/437>, abgerufen am 22.11.2024.