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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der übrigen Welt.
sol nicht das schäumende Meer aufhalten, nicht die Vestung, nicht die geharnischte Leib-
wache. Jene sind nur Nan Banj, wir aber das göttliche Geschlecht Nifon sin, d. i.
Japaner, oder nach der Bedeutung, Menschen auf der Welt unter der Sonne." Da
diese aufgebrachte Jünglinge nicht aufhörten, um die Erlaubnis, ihr Unternehmen auszu-
führen, dem Fürsten anzuliegen, so erhielten sie dieselbe endlich. Jhre kluge Kühnheit
hatte auch einen glüklichen Ausgang. Sie kamen in ihrem Schiffe glüklich auf die Jnsel,
wurden, um ihr Compliment abzulegen, zugelassen, zogen ihre Wurfspieße hervor, und
führten denn den holländischen Befehlshaber am hellen Tage, mitten durch seine Wachen
und in Gegenwart vieler Zuschauer, in ihren Kahn. Kein Soldat, kein Hausbedienter
unterstand sich, diesen Leuten entgegen zu treten, die so ganz unerwartet und so kühn ihren
Befehlshaber entführten, und die dem grauen Haupte desselben mit dem Schwerdte droh-
ten, wenn Jemand ihnen denselben zu entreißen wagen solte.

Man wird auch eine nie zu ermüdende Standhaftigkeit bei einer Nation nicht ver-
missen, welche Liebe, Has und Krieg bis auf die spätesten Nachkommen fortpflanzt,
und nur durch die gänzliche Vertilgung der andern Parthei befriedigt werden kan. Noch
trift Japan von dem Norden des vorigen Jahrhunderts, mit dem die beiden feindlichen
Familien Feki und Gendsi bis zu ihren spätesten Nachkommen gegen einander wütheten,
da die leztern, welche Sieger waren, nicht eher die Waffen niederlegten, bis der Name
der Feki ganz ausgerottet war. Denn izt sind aus diesem erlauchten Geschlecht nur noch
einige wenige übrig, die sich auf die unzugänglichen Gebürge in der Provinz Bongo ge-
flüchtet haben, wo sie, mehr Faunen als Menschen ähnlich, ihren Namen und alle mensch-
liche Sitten vergessen haben, und in Hölen leben, wie man noch neulich erfahren hat.

Von auswärtigen Feinden ist der kriegerische Muth der Japaner weniger beschäf-
tigt worden. Diese grosmüthige und unbesiegte Nation ist von ihnen selten angefallen, nie-
mals aber überwunden und fremde Gesetze anzunehmen gezwungen worden. Vor izt tau-
send Jahren unter der Regierung des Kaisers Kwan Muu schikte der Abgrund der Tar-
tarei (die Griechen haben dem Lande diesen Namen gegeben wegen seines weiten Umfangs
[fremdsprachliches Material - 3 Wörter fehlen] nicht vom Flusse) große Heere an das Japanische Ufer aus, ein Feind,
der ganz unerwartet sich eindrang, und nicht so leicht wieder vertrieben werden konte.
Denn so oft er auch durch wiederholte Niederlagen etwas geschwächt wurde, so wuste er
sich doch immer wieder durch neue herübergekommene Truppen zu verstärken; und so dauerte
bis in das funfzehnte Jahr (nach christlicher Zeitrechnung des J. 790) eine ununterbrochne
Folge vom Kriege und Schlachten fort, bis endlich in einer stürmischen Nacht (dies sind
die eignen Worte der Japanischen Annalen) der gröste der Götter Quan non oder Quan
wonj,
(der Briareus dieser Nation [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]) mit seinen zahlreichen Händen (seiner
großen Macht) die feindliche Flotte versenkte, und am folgenden Tage der durch diesen

göttlichen

II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt.
ſol nicht das ſchaͤumende Meer aufhalten, nicht die Veſtung, nicht die geharniſchte Leib-
wache. Jene ſind nur Nan Banj, wir aber das goͤttliche Geſchlecht Nifon ſin, d. i.
Japaner, oder nach der Bedeutung, Menſchen auf der Welt unter der Sonne.‟ Da
dieſe aufgebrachte Juͤnglinge nicht aufhoͤrten, um die Erlaubnis, ihr Unternehmen auszu-
fuͤhren, dem Fuͤrſten anzuliegen, ſo erhielten ſie dieſelbe endlich. Jhre kluge Kuͤhnheit
hatte auch einen gluͤklichen Ausgang. Sie kamen in ihrem Schiffe gluͤklich auf die Jnſel,
wurden, um ihr Compliment abzulegen, zugelaſſen, zogen ihre Wurfſpieße hervor, und
fuͤhrten denn den hollaͤndiſchen Befehlshaber am hellen Tage, mitten durch ſeine Wachen
und in Gegenwart vieler Zuſchauer, in ihren Kahn. Kein Soldat, kein Hausbedienter
unterſtand ſich, dieſen Leuten entgegen zu treten, die ſo ganz unerwartet und ſo kuͤhn ihren
Befehlshaber entfuͤhrten, und die dem grauen Haupte deſſelben mit dem Schwerdte droh-
ten, wenn Jemand ihnen denſelben zu entreißen wagen ſolte.

Man wird auch eine nie zu ermuͤdende Standhaftigkeit bei einer Nation nicht ver-
miſſen, welche Liebe, Has und Krieg bis auf die ſpaͤteſten Nachkommen fortpflanzt,
und nur durch die gaͤnzliche Vertilgung der andern Parthei befriedigt werden kan. Noch
trift Japan von dem Norden des vorigen Jahrhunderts, mit dem die beiden feindlichen
Familien Feki und Gendſi bis zu ihren ſpaͤteſten Nachkommen gegen einander wuͤtheten,
da die leztern, welche Sieger waren, nicht eher die Waffen niederlegten, bis der Name
der Feki ganz ausgerottet war. Denn izt ſind aus dieſem erlauchten Geſchlecht nur noch
einige wenige uͤbrig, die ſich auf die unzugaͤnglichen Gebuͤrge in der Provinz Bongo ge-
fluͤchtet haben, wo ſie, mehr Faunen als Menſchen aͤhnlich, ihren Namen und alle menſch-
liche Sitten vergeſſen haben, und in Hoͤlen leben, wie man noch neulich erfahren hat.

Von auswaͤrtigen Feinden iſt der kriegeriſche Muth der Japaner weniger beſchaͤf-
tigt worden. Dieſe grosmuͤthige und unbeſiegte Nation iſt von ihnen ſelten angefallen, nie-
mals aber uͤberwunden und fremde Geſetze anzunehmen gezwungen worden. Vor izt tau-
ſend Jahren unter der Regierung des Kaiſers Kwan Muu ſchikte der Abgrund der Tar-
tarei (die Griechen haben dem Lande dieſen Namen gegeben wegen ſeines weiten Umfangs
[fremdsprachliches Material – 3 Wörter fehlen] nicht vom Fluſſe) große Heere an das Japaniſche Ufer aus, ein Feind,
der ganz unerwartet ſich eindrang, und nicht ſo leicht wieder vertrieben werden konte.
Denn ſo oft er auch durch wiederholte Niederlagen etwas geſchwaͤcht wurde, ſo wuſte er
ſich doch immer wieder durch neue heruͤbergekommene Truppen zu verſtaͤrken; und ſo dauerte
bis in das funfzehnte Jahr (nach chriſtlicher Zeitrechnung des J. 790) eine ununterbrochne
Folge vom Kriege und Schlachten fort, bis endlich in einer ſtuͤrmiſchen Nacht (dies ſind
die eignen Worte der Japaniſchen Annalen) der groͤſte der Goͤtter Quan non oder Quan
wonj,
(der Briareus dieſer Nation [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]) mit ſeinen zahlreichen Haͤnden (ſeiner
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[399/0455] II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt. ſol nicht das ſchaͤumende Meer aufhalten, nicht die Veſtung, nicht die geharniſchte Leib- wache. Jene ſind nur Nan Banj, wir aber das goͤttliche Geſchlecht Nifon ſin, d. i. Japaner, oder nach der Bedeutung, Menſchen auf der Welt unter der Sonne.‟ Da dieſe aufgebrachte Juͤnglinge nicht aufhoͤrten, um die Erlaubnis, ihr Unternehmen auszu- fuͤhren, dem Fuͤrſten anzuliegen, ſo erhielten ſie dieſelbe endlich. Jhre kluge Kuͤhnheit hatte auch einen gluͤklichen Ausgang. Sie kamen in ihrem Schiffe gluͤklich auf die Jnſel, wurden, um ihr Compliment abzulegen, zugelaſſen, zogen ihre Wurfſpieße hervor, und fuͤhrten denn den hollaͤndiſchen Befehlshaber am hellen Tage, mitten durch ſeine Wachen und in Gegenwart vieler Zuſchauer, in ihren Kahn. Kein Soldat, kein Hausbedienter unterſtand ſich, dieſen Leuten entgegen zu treten, die ſo ganz unerwartet und ſo kuͤhn ihren Befehlshaber entfuͤhrten, und die dem grauen Haupte deſſelben mit dem Schwerdte droh- ten, wenn Jemand ihnen denſelben zu entreißen wagen ſolte. Man wird auch eine nie zu ermuͤdende Standhaftigkeit bei einer Nation nicht ver- miſſen, welche Liebe, Has und Krieg bis auf die ſpaͤteſten Nachkommen fortpflanzt, und nur durch die gaͤnzliche Vertilgung der andern Parthei befriedigt werden kan. Noch trift Japan von dem Norden des vorigen Jahrhunderts, mit dem die beiden feindlichen Familien Feki und Gendſi bis zu ihren ſpaͤteſten Nachkommen gegen einander wuͤtheten, da die leztern, welche Sieger waren, nicht eher die Waffen niederlegten, bis der Name der Feki ganz ausgerottet war. Denn izt ſind aus dieſem erlauchten Geſchlecht nur noch einige wenige uͤbrig, die ſich auf die unzugaͤnglichen Gebuͤrge in der Provinz Bongo ge- fluͤchtet haben, wo ſie, mehr Faunen als Menſchen aͤhnlich, ihren Namen und alle menſch- liche Sitten vergeſſen haben, und in Hoͤlen leben, wie man noch neulich erfahren hat. Von auswaͤrtigen Feinden iſt der kriegeriſche Muth der Japaner weniger beſchaͤf- tigt worden. Dieſe grosmuͤthige und unbeſiegte Nation iſt von ihnen ſelten angefallen, nie- mals aber uͤberwunden und fremde Geſetze anzunehmen gezwungen worden. Vor izt tau- ſend Jahren unter der Regierung des Kaiſers Kwan Muu ſchikte der Abgrund der Tar- tarei (die Griechen haben dem Lande dieſen Namen gegeben wegen ſeines weiten Umfangs ___ nicht vom Fluſſe) große Heere an das Japaniſche Ufer aus, ein Feind, der ganz unerwartet ſich eindrang, und nicht ſo leicht wieder vertrieben werden konte. Denn ſo oft er auch durch wiederholte Niederlagen etwas geſchwaͤcht wurde, ſo wuſte er ſich doch immer wieder durch neue heruͤbergekommene Truppen zu verſtaͤrken; und ſo dauerte bis in das funfzehnte Jahr (nach chriſtlicher Zeitrechnung des J. 790) eine ununterbrochne Folge vom Kriege und Schlachten fort, bis endlich in einer ſtuͤrmiſchen Nacht (dies ſind die eignen Worte der Japaniſchen Annalen) der groͤſte der Goͤtter Quan non oder Quan wonj, (der Briareus dieſer Nation _) mit ſeinen zahlreichen Haͤnden (ſeiner großen Macht) die feindliche Flotte verſenkte, und am folgenden Tage der durch dieſen goͤttlichen

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/455>, abgerufen am 23.11.2024.