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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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V. Geschichte des Japanischen Thees.
wo und wun oder gewöhnlich Kongo woo. Diese Götzenbilder nun waren (nach der noch
jezt üblichen Sitte) in den Vorhof des Haupttempels gestelt, und solten das Zeichen des be-
vorstehenden Untergangs geben.

Da der König Peiruun nun, seiner Offenbarung gemäß, die zu erwartenden
Strafen und den Untergang verkündigte; so verursachte er nur ein algemeines spöttisches
Lachen, und zog sich selbst, als einem abergläubischen Manne, die Verachtung seiner Un-
terthanen zu. Ein leichtsinniger Kopf unter denselben schlich sich einst in der Nacht, ohne
von Jemand bemerkt zu werden, an die Götzen, und bestrich ihre Gesichter mit rother Farbe.
Wie der König dieses sah, und keine menschliche Bosheit, sondern das geweissagte göttliche
Zeichen in der veränderten Farbe vermuthete, flüchtete er sich ängstlich mit seiner Familie
von der Jnsel nach der nächsten Provinz des südlichen Sina, Foktsju. Der Spötter
und seine Gesellen befürchteten hievon nichts Böses, und so wurde bald darauf diese ganze
Nation von Ungläubigen mit der Jnsel und einem ausnehmend reichen Vorrath der kostbar-
sten Porcellaingeräthe von den Wellen verschlungen. Die südlichen Sineser pflegen das
Andenken dieser Begebenheit jährlich durch ein feyerliches Fest zu erneuern, da sie in dem
Meerbusen Flüchtlingen gleich hin und her fahren, und den Namen des verlohrnen Regen-
tens Peiruun ausrufen. Sie haben auch nachher dieses Fest im westlichen Japan ein-
geführt.

Man holt jezt diese kostbarsten Porcellaingefäße bei der Ebbe aus dem Grunde
des Meers hervor, wo sie sich auf den Felsen festgesezt haben. Sie müssen aber von den-
selben mit vieler Vorsicht abgelöset werden, damit sie nicht zerbrechen. Durch die Conchy-
lien, welche sich fest angesezt haben, sind diese Gefäße meistens sehr verunstaltet. Man
läst zwar dieselben auch davon trennen, aber doch nicht ganz, sondern kleine Stücke daran,
welche die Aechtheit beweisen. Die Gefäße selbst sind ausnehmend fein, durchsichtig,
von etwas ins Grüne spielender weißer Farbe, und haben meistens die Gestalt eines Wein-
glases mit einem kurzen engen Halse, als wenn sie schon in jenen alten Zeiten zur Auf be-
wahrung des Thees wären bestimt gewesen. Die Kaufleute aus der Provinz Foktsju
bringen sie (aber sehr selten) nach Japan, und erhandeln sie von den Täuchern, die sie aus
dem Meergrunde geholt haben. Die allerschlechtesten Gefäße dieser Art werden etwa für
zwanzig, die von Mittelgüte für hundert, auch wohl zweihundert, und die recht großen,
welche gar keinen Fehler haben, für 3, 4 bis 5000 Tails verkauft. Aber Gefäße von
dieser Güte und Preise untersteht sich Niemand, als der Kaiser, zu kaufen. Man sagt,
daß derselbe von seinen Vorfahren solche Stücke geerbt habe, die mit keinem Golde zu be-
zahlen wären, und die daher auch den ersten Plaz in der Kaiserlichen Schazkammer einneh-
men. Sehr selten findet man indes diese Gefäße ohne Risse, oder ohne daß etwas davon
zerbrochen wäre. Die Arbeiter aber wissen diese Risse mit einer falschen Materie so aus-

neh-

V. Geſchichte des Japaniſchen Thees.
wo und wun oder gewoͤhnlich Kongo woo. Dieſe Goͤtzenbilder nun waren (nach der noch
jezt uͤblichen Sitte) in den Vorhof des Haupttempels geſtelt, und ſolten das Zeichen des be-
vorſtehenden Untergangs geben.

Da der Koͤnig Peiruun nun, ſeiner Offenbarung gemaͤß, die zu erwartenden
Strafen und den Untergang verkuͤndigte; ſo verurſachte er nur ein algemeines ſpoͤttiſches
Lachen, und zog ſich ſelbſt, als einem aberglaͤubiſchen Manne, die Verachtung ſeiner Un-
terthanen zu. Ein leichtſinniger Kopf unter denſelben ſchlich ſich einſt in der Nacht, ohne
von Jemand bemerkt zu werden, an die Goͤtzen, und beſtrich ihre Geſichter mit rother Farbe.
Wie der Koͤnig dieſes ſah, und keine menſchliche Bosheit, ſondern das geweiſſagte goͤttliche
Zeichen in der veraͤnderten Farbe vermuthete, fluͤchtete er ſich aͤngſtlich mit ſeiner Familie
von der Jnſel nach der naͤchſten Provinz des ſuͤdlichen Sina, Foktsju. Der Spoͤtter
und ſeine Geſellen befuͤrchteten hievon nichts Boͤſes, und ſo wurde bald darauf dieſe ganze
Nation von Unglaͤubigen mit der Jnſel und einem ausnehmend reichen Vorrath der koſtbar-
ſten Porcellaingeraͤthe von den Wellen verſchlungen. Die ſuͤdlichen Sineſer pflegen das
Andenken dieſer Begebenheit jaͤhrlich durch ein feyerliches Feſt zu erneuern, da ſie in dem
Meerbuſen Fluͤchtlingen gleich hin und her fahren, und den Namen des verlohrnen Regen-
tens Peiruun ausrufen. Sie haben auch nachher dieſes Feſt im weſtlichen Japan ein-
gefuͤhrt.

Man holt jezt dieſe koſtbarſten Porcellaingefaͤße bei der Ebbe aus dem Grunde
des Meers hervor, wo ſie ſich auf den Felſen feſtgeſezt haben. Sie muͤſſen aber von den-
ſelben mit vieler Vorſicht abgeloͤſet werden, damit ſie nicht zerbrechen. Durch die Conchy-
lien, welche ſich feſt angeſezt haben, ſind dieſe Gefaͤße meiſtens ſehr verunſtaltet. Man
laͤſt zwar dieſelben auch davon trennen, aber doch nicht ganz, ſondern kleine Stuͤcke daran,
welche die Aechtheit beweiſen. Die Gefaͤße ſelbſt ſind ausnehmend fein, durchſichtig,
von etwas ins Gruͤne ſpielender weißer Farbe, und haben meiſtens die Geſtalt eines Wein-
glaſes mit einem kurzen engen Halſe, als wenn ſie ſchon in jenen alten Zeiten zur Auf be-
wahrung des Thees waͤren beſtimt geweſen. Die Kaufleute aus der Provinz Foktſju
bringen ſie (aber ſehr ſelten) nach Japan, und erhandeln ſie von den Taͤuchern, die ſie aus
dem Meergrunde geholt haben. Die allerſchlechteſten Gefaͤße dieſer Art werden etwa fuͤr
zwanzig, die von Mittelguͤte fuͤr hundert, auch wohl zweihundert, und die recht großen,
welche gar keinen Fehler haben, fuͤr 3, 4 bis 5000 Tails verkauft. Aber Gefaͤße von
dieſer Guͤte und Preiſe unterſteht ſich Niemand, als der Kaiſer, zu kaufen. Man ſagt,
daß derſelbe von ſeinen Vorfahren ſolche Stuͤcke geerbt habe, die mit keinem Golde zu be-
zahlen waͤren, und die daher auch den erſten Plaz in der Kaiſerlichen Schazkammer einneh-
men. Sehr ſelten findet man indes dieſe Gefaͤße ohne Riſſe, oder ohne daß etwas davon
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neh-
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[454/0518] V. Geſchichte des Japaniſchen Thees. wo und wun oder gewoͤhnlich Kongo woo. Dieſe Goͤtzenbilder nun waren (nach der noch jezt uͤblichen Sitte) in den Vorhof des Haupttempels geſtelt, und ſolten das Zeichen des be- vorſtehenden Untergangs geben. Da der Koͤnig Peiruun nun, ſeiner Offenbarung gemaͤß, die zu erwartenden Strafen und den Untergang verkuͤndigte; ſo verurſachte er nur ein algemeines ſpoͤttiſches Lachen, und zog ſich ſelbſt, als einem aberglaͤubiſchen Manne, die Verachtung ſeiner Un- terthanen zu. Ein leichtſinniger Kopf unter denſelben ſchlich ſich einſt in der Nacht, ohne von Jemand bemerkt zu werden, an die Goͤtzen, und beſtrich ihre Geſichter mit rother Farbe. Wie der Koͤnig dieſes ſah, und keine menſchliche Bosheit, ſondern das geweiſſagte goͤttliche Zeichen in der veraͤnderten Farbe vermuthete, fluͤchtete er ſich aͤngſtlich mit ſeiner Familie von der Jnſel nach der naͤchſten Provinz des ſuͤdlichen Sina, Foktsju. Der Spoͤtter und ſeine Geſellen befuͤrchteten hievon nichts Boͤſes, und ſo wurde bald darauf dieſe ganze Nation von Unglaͤubigen mit der Jnſel und einem ausnehmend reichen Vorrath der koſtbar- ſten Porcellaingeraͤthe von den Wellen verſchlungen. Die ſuͤdlichen Sineſer pflegen das Andenken dieſer Begebenheit jaͤhrlich durch ein feyerliches Feſt zu erneuern, da ſie in dem Meerbuſen Fluͤchtlingen gleich hin und her fahren, und den Namen des verlohrnen Regen- tens Peiruun ausrufen. Sie haben auch nachher dieſes Feſt im weſtlichen Japan ein- gefuͤhrt. Man holt jezt dieſe koſtbarſten Porcellaingefaͤße bei der Ebbe aus dem Grunde des Meers hervor, wo ſie ſich auf den Felſen feſtgeſezt haben. Sie muͤſſen aber von den- ſelben mit vieler Vorſicht abgeloͤſet werden, damit ſie nicht zerbrechen. Durch die Conchy- lien, welche ſich feſt angeſezt haben, ſind dieſe Gefaͤße meiſtens ſehr verunſtaltet. Man laͤſt zwar dieſelben auch davon trennen, aber doch nicht ganz, ſondern kleine Stuͤcke daran, welche die Aechtheit beweiſen. Die Gefaͤße ſelbſt ſind ausnehmend fein, durchſichtig, von etwas ins Gruͤne ſpielender weißer Farbe, und haben meiſtens die Geſtalt eines Wein- glaſes mit einem kurzen engen Halſe, als wenn ſie ſchon in jenen alten Zeiten zur Auf be- wahrung des Thees waͤren beſtimt geweſen. Die Kaufleute aus der Provinz Foktſju bringen ſie (aber ſehr ſelten) nach Japan, und erhandeln ſie von den Taͤuchern, die ſie aus dem Meergrunde geholt haben. Die allerſchlechteſten Gefaͤße dieſer Art werden etwa fuͤr zwanzig, die von Mittelguͤte fuͤr hundert, auch wohl zweihundert, und die recht großen, welche gar keinen Fehler haben, fuͤr 3, 4 bis 5000 Tails verkauft. Aber Gefaͤße von dieſer Guͤte und Preiſe unterſteht ſich Niemand, als der Kaiſer, zu kaufen. Man ſagt, daß derſelbe von ſeinen Vorfahren ſolche Stuͤcke geerbt habe, die mit keinem Golde zu be- zahlen waͤren, und die daher auch den erſten Plaz in der Kaiſerlichen Schazkammer einneh- men. Sehr ſelten findet man indes dieſe Gefaͤße ohne Riſſe, oder ohne daß etwas davon zerbrochen waͤre. Die Arbeiter aber wiſſen dieſe Riſſe mit einer falſchen Materie ſo aus- neh-

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/518>, abgerufen am 24.11.2024.