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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Viertes Buch.
Vorbitte bei einer gewissen Gelegenheit von dem Kaiser Taiko frei gesprochen und bis hierher
bei der Freiheit erhalten worden.

Nächstdem haben die angesessenen Bürger noch einige geringere Abgaben aus ihren
Mitteln zu leisten. Die namhaftesten derselben sind:

1) die, so zu Ehren des Landesgötzen Suwa, als des Patrons von Nagasacki,
oder welches einerlei ist, zum Unterhalt seiner Tempelbedienten, der 800 Sju mome beträgt,
geschehen müssen;
2) für die Schauspiele, die zum Vergnügen dieses Götzen bei den Tempeln ange-
stelt werden;
3) für den Unterhalt des Tempelgebäudes, für den man eben jetzo um eine Col-
lecte bittet, selbst.
Für welches alles nichts aus der Kasse der Janagin, oder, ich mögte sagen, des
Blutgeldes genommen wird, als vielmehr ein jeder ächter Bürger nach seinem Vermögen
bei einer algemeinen Collecte das seinige dazu beizutragen gehalten ist. Einen noch ziemlich
starken Artikel von Abgaben verursacht
4) Die Tempelfeier des Suwagötzen, indem selbige durch kostbare Aufzüge, Thea-
tralische Vorstellungen, Tänze u. d. g. gehalten wird; da dieses jedoch alle Jahr nur 10
oder 12 Gassen betrift, so ertragen die Bürger nur alle 7 oder 8 Jahr einmal den dazu er-
forderlichen Aufwand; die Hurengassen aber müssen in jedem Jahr ohne Ausnahme an den
Tanz, und kan es einer jeden Gasse auf 3 bis 400 Sjumome zu stehen kommen, weil die
Feierlichkeit des Festes jedesmal neue Aufzüge, Lieder, Tänze und Vorstellungen, also auch
neue Kleidungen erfordert und ohne dem zu der Zeit alle Sachen übermäßig und unbedungen
bezahlt werden.

Gleichwie nun eines Theils die Lage der volkreichen Stadt Nagasacki, (zwischen
Meer und Gebürgen an der Spitze der Provinz Fisen,) so beschaffen ist, daß die Bürger keine
ländliche Nahrung, wie andere Städte, treiben und davon ihre Abgaben bestreiten können; so wür-
de ihnen anderen Theils der Vorzug, daß sie den vortheilhaftesten Stapel für den ausländischen
Handel haben, allerdings das alles ersetzen, wenn ihnen nur nicht eben daher so neue Sor-
gen und Lasten zufielen und sie so öfters ihr Vermögen ja selbst ihr Leben aufs Spiel zu setzen
hätten. Jnzwischen aber nicht Justinian, sondern die Vernunft hat ihnen gelehrt, was
Jener sagt: secundum naturam esse, commoda cujuscunque rei eum sequi,
quem sequuntur incommoda.
Jn diesem Ausspruche liegen die Früchte, die sie zu ihrer
Entschädigung einsamlen, denn seit die Oberaufsicht über den auswärtigen Handel an die
Stathalter gekommen, haben diese, zufolge jener als billig vorgestellten Maxime, Mittel
gefunden, aus dem Gewinn der Ausländer den hiesigen Bürgern einen Ersaz zu ihrer Er-
leichterung und Beihülfe zu bereiten, welchen Erwerb man aber billiger einen Adlersraub

nennen

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
Vorbitte bei einer gewiſſen Gelegenheit von dem Kaiſer Taiko frei geſprochen und bis hierher
bei der Freiheit erhalten worden.

Naͤchſtdem haben die angeſeſſenen Buͤrger noch einige geringere Abgaben aus ihren
Mitteln zu leiſten. Die namhafteſten derſelben ſind:

1) die, ſo zu Ehren des Landesgoͤtzen Suwa, als des Patrons von Nagaſacki,
oder welches einerlei iſt, zum Unterhalt ſeiner Tempelbedienten, der 800 Sju mome betraͤgt,
geſchehen muͤſſen;
2) fuͤr die Schauſpiele, die zum Vergnuͤgen dieſes Goͤtzen bei den Tempeln ange-
ſtelt werden;
3) fuͤr den Unterhalt des Tempelgebaͤudes, fuͤr den man eben jetzo um eine Col-
lecte bittet, ſelbſt.
Fuͤr welches alles nichts aus der Kaſſe der Janagin, oder, ich moͤgte ſagen, des
Blutgeldes genommen wird, als vielmehr ein jeder aͤchter Buͤrger nach ſeinem Vermoͤgen
bei einer algemeinen Collecte das ſeinige dazu beizutragen gehalten iſt. Einen noch ziemlich
ſtarken Artikel von Abgaben verurſacht
4) Die Tempelfeier des Suwagoͤtzen, indem ſelbige durch koſtbare Aufzuͤge, Thea-
traliſche Vorſtellungen, Taͤnze u. d. g. gehalten wird; da dieſes jedoch alle Jahr nur 10
oder 12 Gaſſen betrift, ſo ertragen die Buͤrger nur alle 7 oder 8 Jahr einmal den dazu er-
forderlichen Aufwand; die Hurengaſſen aber muͤſſen in jedem Jahr ohne Ausnahme an den
Tanz, und kan es einer jeden Gaſſe auf 3 bis 400 Sjumome zu ſtehen kommen, weil die
Feierlichkeit des Feſtes jedesmal neue Aufzuͤge, Lieder, Taͤnze und Vorſtellungen, alſo auch
neue Kleidungen erfordert und ohne dem zu der Zeit alle Sachen uͤbermaͤßig und unbedungen
bezahlt werden.

Gleichwie nun eines Theils die Lage der volkreichen Stadt Nagaſacki, (zwiſchen
Meer und Gebuͤrgen an der Spitze der Provinz Fiſen,) ſo beſchaffen iſt, daß die Buͤrger keine
laͤndliche Nahrung, wie andere Staͤdte, treiben und davon ihre Abgaben beſtreiten koͤnnen; ſo wuͤr-
de ihnen anderen Theils der Vorzug, daß ſie den vortheilhafteſten Stapel fuͤr den auslaͤndiſchen
Handel haben, allerdings das alles erſetzen, wenn ihnen nur nicht eben daher ſo neue Sor-
gen und Laſten zufielen und ſie ſo oͤfters ihr Vermoͤgen ja ſelbſt ihr Leben aufs Spiel zu ſetzen
haͤtten. Jnzwiſchen aber nicht Juſtinian, ſondern die Vernunft hat ihnen gelehrt, was
Jener ſagt: ſecundum naturam eſſe, commoda cujuscunque rei eum ſequi,
quem ſequuntur incommoda.
Jn dieſem Ausſpruche liegen die Fruͤchte, die ſie zu ihrer
Entſchaͤdigung einſamlen, denn ſeit die Oberaufſicht uͤber den auswaͤrtigen Handel an die
Stathalter gekommen, haben dieſe, zufolge jener als billig vorgeſtellten Maxime, Mittel
gefunden, aus dem Gewinn der Auslaͤnder den hieſigen Buͤrgern einen Erſaz zu ihrer Er-
leichterung und Beihuͤlfe zu bereiten, welchen Erwerb man aber billiger einen Adlersraub

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[38/0052] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch. Vorbitte bei einer gewiſſen Gelegenheit von dem Kaiſer Taiko frei geſprochen und bis hierher bei der Freiheit erhalten worden. Naͤchſtdem haben die angeſeſſenen Buͤrger noch einige geringere Abgaben aus ihren Mitteln zu leiſten. Die namhafteſten derſelben ſind: 1) die, ſo zu Ehren des Landesgoͤtzen Suwa, als des Patrons von Nagaſacki, oder welches einerlei iſt, zum Unterhalt ſeiner Tempelbedienten, der 800 Sju mome betraͤgt, geſchehen muͤſſen; 2) fuͤr die Schauſpiele, die zum Vergnuͤgen dieſes Goͤtzen bei den Tempeln ange- ſtelt werden; 3) fuͤr den Unterhalt des Tempelgebaͤudes, fuͤr den man eben jetzo um eine Col- lecte bittet, ſelbſt. Fuͤr welches alles nichts aus der Kaſſe der Janagin, oder, ich moͤgte ſagen, des Blutgeldes genommen wird, als vielmehr ein jeder aͤchter Buͤrger nach ſeinem Vermoͤgen bei einer algemeinen Collecte das ſeinige dazu beizutragen gehalten iſt. Einen noch ziemlich ſtarken Artikel von Abgaben verurſacht 4) Die Tempelfeier des Suwagoͤtzen, indem ſelbige durch koſtbare Aufzuͤge, Thea- traliſche Vorſtellungen, Taͤnze u. d. g. gehalten wird; da dieſes jedoch alle Jahr nur 10 oder 12 Gaſſen betrift, ſo ertragen die Buͤrger nur alle 7 oder 8 Jahr einmal den dazu er- forderlichen Aufwand; die Hurengaſſen aber muͤſſen in jedem Jahr ohne Ausnahme an den Tanz, und kan es einer jeden Gaſſe auf 3 bis 400 Sjumome zu ſtehen kommen, weil die Feierlichkeit des Feſtes jedesmal neue Aufzuͤge, Lieder, Taͤnze und Vorſtellungen, alſo auch neue Kleidungen erfordert und ohne dem zu der Zeit alle Sachen uͤbermaͤßig und unbedungen bezahlt werden. Gleichwie nun eines Theils die Lage der volkreichen Stadt Nagaſacki, (zwiſchen Meer und Gebuͤrgen an der Spitze der Provinz Fiſen,) ſo beſchaffen iſt, daß die Buͤrger keine laͤndliche Nahrung, wie andere Staͤdte, treiben und davon ihre Abgaben beſtreiten koͤnnen; ſo wuͤr- de ihnen anderen Theils der Vorzug, daß ſie den vortheilhafteſten Stapel fuͤr den auslaͤndiſchen Handel haben, allerdings das alles erſetzen, wenn ihnen nur nicht eben daher ſo neue Sor- gen und Laſten zufielen und ſie ſo oͤfters ihr Vermoͤgen ja ſelbſt ihr Leben aufs Spiel zu ſetzen haͤtten. Jnzwiſchen aber nicht Juſtinian, ſondern die Vernunft hat ihnen gelehrt, was Jener ſagt: ſecundum naturam eſſe, commoda cujuscunque rei eum ſequi, quem ſequuntur incommoda. Jn dieſem Ausſpruche liegen die Fruͤchte, die ſie zu ihrer Entſchaͤdigung einſamlen, denn ſeit die Oberaufſicht uͤber den auswaͤrtigen Handel an die Stathalter gekommen, haben dieſe, zufolge jener als billig vorgeſtellten Maxime, Mittel gefunden, aus dem Gewinn der Auslaͤnder den hieſigen Buͤrgern einen Erſaz zu ihrer Er- leichterung und Beihuͤlfe zu bereiten, welchen Erwerb man aber billiger einen Adlersraub nennen

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/52>, abgerufen am 04.12.2024.