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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Viertes Buch.
er die vorgeschriebne Artikel nicht halten solte, welche alsdann nach dem algemeinen Formu-
lar genau specisicirt folgen, und der Beeidigte mus alsdenn sein Petschaft in schwarzer Oel-
farbe darunter drücken und einen Tropfen Blut drüber wegstreichen, den er sich selbst unter
dem Nagel des Fingers löset. So fürchterlich auch dieser Eid scheint, so wird er doch von
diesen heillosen Menschen nur wenig geachtet, sondern nur aus Furcht der unvermeidlichen
Strafe der weltlichen Obrigkeit beobachtet, da die Uebertretung desselben nur mit eben dem
Blute, mit dem er bekräftigt worden, kan ausgesöhnt werden.

Die zu beschwörenden Artikel selbst sind nun nach Unterschied der Personen, ihrer
Aemter und ihres Vermögens, wichtiger oder geringer, mehr oder weniger streng abge-
fast. Sie können etwa in drei Klassen eingetheilt werden.

Die wichtigsten und strengsten Artikel werden von dem Ottona, den Ober- und
Unterdolmetschern, wie auch deren Lehrlingen, beschworen, und zwar nur, wenn ein neuer
Stathalter ankömt, der diesen Personen den Eid in seinem Pallast persönlich abnimt, nicht
durch Nachsprechen oder Fingerauflegen, sondern, nach dem Gebrauch dieses Landes, mit
Unterdrückung des mit ihrem Blut gemischten Siegels.

Die zweite Klasse der Artikel wird beschworen von dem ganzen Haufen der beson-
dern Dolmetscher, den Köchen, Geldkammerbedienten, Schreibern, den Aufsehern über
die Tagelöhner, und den Besorgern unsrer Lebensmittel. Dieser Eid wird vom Ottona
und Oberdolmetscher abgenommen, in dem Tempel der gewöhnlichen Zusammenkunft, An-
sensi
genant, der Sekte Tendai.

Den gelindesten und geringsten Eid schwören die ordentlichen japanischen Bedienten
und Aufwartungsknaben der Holländer, wie auch die Handwerker und Arbeiter unsrer Gas-
sen. Sie schwören bei dem Ottona von Desima, der sich aber mit diesem Eide von ge-
ringen oder jungen Leuten nicht begnügt, sondern jeder derselben mus einen glaubwürdigen
Bürger stellen, der sich für ihn verbürgt, und die Beobachtung dieser Artikel mit einem
gleichen Eide verspricht. Eben so müssen auch die Besorger der Lebensmittel für sich und
für ihre Leute schwören, welcher Eid aber nur mit ihrem Siegel ohne Blut bekräftigt wird,
weil sonst die Herrn auch für die Missethat ihrer Bedienten zu leiden hätten.

Die mistrauische Obrigkeit ist indes bei den leztern beiden Klassen mit einem ein-
maligen Eide nicht zufrieden, sondern sie läst ihn zu mehrerer Bekräftigung jährlich zweimal
ablegen. Zuerst am neuen Jahrstage, da sie ein Bild von Christus am Kreuz nebst
andern heiligen Figuren mit Füßen treten; da ihnen dann, um desto stärkern Eindruk zu
machen, unmittelbar nach dieser Handlung die Abschwörung der Christen-Nation ab-
genommen wird. Das zweitemal wird dieser Eid abgenommen, sobald als unsre Schiffe
im Hafen erscheinen, damit ihre vielleicht schon vergeßne Pflicht und der Haß gegen uns neue
Stärke bekomme. Endlich müssen die Personen, welche mit uns die Hofreise machen, noch

zum

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
er die vorgeſchriebne Artikel nicht halten ſolte, welche alsdann nach dem algemeinen Formu-
lar genau ſpeciſicirt folgen, und der Beeidigte mus alsdenn ſein Petſchaft in ſchwarzer Oel-
farbe darunter druͤcken und einen Tropfen Blut druͤber wegſtreichen, den er ſich ſelbſt unter
dem Nagel des Fingers loͤſet. So fuͤrchterlich auch dieſer Eid ſcheint, ſo wird er doch von
dieſen heilloſen Menſchen nur wenig geachtet, ſondern nur aus Furcht der unvermeidlichen
Strafe der weltlichen Obrigkeit beobachtet, da die Uebertretung deſſelben nur mit eben dem
Blute, mit dem er bekraͤftigt worden, kan ausgeſoͤhnt werden.

Die zu beſchwoͤrenden Artikel ſelbſt ſind nun nach Unterſchied der Perſonen, ihrer
Aemter und ihres Vermoͤgens, wichtiger oder geringer, mehr oder weniger ſtreng abge-
faſt. Sie koͤnnen etwa in drei Klaſſen eingetheilt werden.

Die wichtigſten und ſtrengſten Artikel werden von dem Ottona, den Ober- und
Unterdolmetſchern, wie auch deren Lehrlingen, beſchworen, und zwar nur, wenn ein neuer
Stathalter ankoͤmt, der dieſen Perſonen den Eid in ſeinem Pallaſt perſoͤnlich abnimt, nicht
durch Nachſprechen oder Fingerauflegen, ſondern, nach dem Gebrauch dieſes Landes, mit
Unterdruͤckung des mit ihrem Blut gemiſchten Siegels.

Die zweite Klaſſe der Artikel wird beſchworen von dem ganzen Haufen der beſon-
dern Dolmetſcher, den Koͤchen, Geldkammerbedienten, Schreibern, den Aufſehern uͤber
die Tageloͤhner, und den Beſorgern unſrer Lebensmittel. Dieſer Eid wird vom Ottona
und Oberdolmetſcher abgenommen, in dem Tempel der gewoͤhnlichen Zuſammenkunft, An-
ſenſi
genant, der Sekte Tendai.

Den gelindeſten und geringſten Eid ſchwoͤren die ordentlichen japaniſchen Bedienten
und Aufwartungsknaben der Hollaͤnder, wie auch die Handwerker und Arbeiter unſrer Gaſ-
ſen. Sie ſchwoͤren bei dem Ottona von Deſima, der ſich aber mit dieſem Eide von ge-
ringen oder jungen Leuten nicht begnuͤgt, ſondern jeder derſelben mus einen glaubwuͤrdigen
Buͤrger ſtellen, der ſich fuͤr ihn verbuͤrgt, und die Beobachtung dieſer Artikel mit einem
gleichen Eide verſpricht. Eben ſo muͤſſen auch die Beſorger der Lebensmittel fuͤr ſich und
fuͤr ihre Leute ſchwoͤren, welcher Eid aber nur mit ihrem Siegel ohne Blut bekraͤftigt wird,
weil ſonſt die Herrn auch fuͤr die Miſſethat ihrer Bedienten zu leiden haͤtten.

Die mistrauiſche Obrigkeit iſt indes bei den leztern beiden Klaſſen mit einem ein-
maligen Eide nicht zufrieden, ſondern ſie laͤſt ihn zu mehrerer Bekraͤftigung jaͤhrlich zweimal
ablegen. Zuerſt am neuen Jahrstage, da ſie ein Bild von Chriſtus am Kreuz nebſt
andern heiligen Figuren mit Fuͤßen treten; da ihnen dann, um deſto ſtaͤrkern Eindruk zu
machen, unmittelbar nach dieſer Handlung die Abſchwoͤrung der Chriſten-Nation ab-
genommen wird. Das zweitemal wird dieſer Eid abgenommen, ſobald als unſre Schiffe
im Hafen erſcheinen, damit ihre vielleicht ſchon vergeßne Pflicht und der Haß gegen uns neue
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zum
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[82/0096] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch. er die vorgeſchriebne Artikel nicht halten ſolte, welche alsdann nach dem algemeinen Formu- lar genau ſpeciſicirt folgen, und der Beeidigte mus alsdenn ſein Petſchaft in ſchwarzer Oel- farbe darunter druͤcken und einen Tropfen Blut druͤber wegſtreichen, den er ſich ſelbſt unter dem Nagel des Fingers loͤſet. So fuͤrchterlich auch dieſer Eid ſcheint, ſo wird er doch von dieſen heilloſen Menſchen nur wenig geachtet, ſondern nur aus Furcht der unvermeidlichen Strafe der weltlichen Obrigkeit beobachtet, da die Uebertretung deſſelben nur mit eben dem Blute, mit dem er bekraͤftigt worden, kan ausgeſoͤhnt werden. Die zu beſchwoͤrenden Artikel ſelbſt ſind nun nach Unterſchied der Perſonen, ihrer Aemter und ihres Vermoͤgens, wichtiger oder geringer, mehr oder weniger ſtreng abge- faſt. Sie koͤnnen etwa in drei Klaſſen eingetheilt werden. Die wichtigſten und ſtrengſten Artikel werden von dem Ottona, den Ober- und Unterdolmetſchern, wie auch deren Lehrlingen, beſchworen, und zwar nur, wenn ein neuer Stathalter ankoͤmt, der dieſen Perſonen den Eid in ſeinem Pallaſt perſoͤnlich abnimt, nicht durch Nachſprechen oder Fingerauflegen, ſondern, nach dem Gebrauch dieſes Landes, mit Unterdruͤckung des mit ihrem Blut gemiſchten Siegels. Die zweite Klaſſe der Artikel wird beſchworen von dem ganzen Haufen der beſon- dern Dolmetſcher, den Koͤchen, Geldkammerbedienten, Schreibern, den Aufſehern uͤber die Tageloͤhner, und den Beſorgern unſrer Lebensmittel. Dieſer Eid wird vom Ottona und Oberdolmetſcher abgenommen, in dem Tempel der gewoͤhnlichen Zuſammenkunft, An- ſenſi genant, der Sekte Tendai. Den gelindeſten und geringſten Eid ſchwoͤren die ordentlichen japaniſchen Bedienten und Aufwartungsknaben der Hollaͤnder, wie auch die Handwerker und Arbeiter unſrer Gaſ- ſen. Sie ſchwoͤren bei dem Ottona von Deſima, der ſich aber mit dieſem Eide von ge- ringen oder jungen Leuten nicht begnuͤgt, ſondern jeder derſelben mus einen glaubwuͤrdigen Buͤrger ſtellen, der ſich fuͤr ihn verbuͤrgt, und die Beobachtung dieſer Artikel mit einem gleichen Eide verſpricht. Eben ſo muͤſſen auch die Beſorger der Lebensmittel fuͤr ſich und fuͤr ihre Leute ſchwoͤren, welcher Eid aber nur mit ihrem Siegel ohne Blut bekraͤftigt wird, weil ſonſt die Herrn auch fuͤr die Miſſethat ihrer Bedienten zu leiden haͤtten. Die mistrauiſche Obrigkeit iſt indes bei den leztern beiden Klaſſen mit einem ein- maligen Eide nicht zufrieden, ſondern ſie laͤſt ihn zu mehrerer Bekraͤftigung jaͤhrlich zweimal ablegen. Zuerſt am neuen Jahrstage, da ſie ein Bild von Chriſtus am Kreuz nebſt andern heiligen Figuren mit Fuͤßen treten; da ihnen dann, um deſto ſtaͤrkern Eindruk zu machen, unmittelbar nach dieſer Handlung die Abſchwoͤrung der Chriſten-Nation ab- genommen wird. Das zweitemal wird dieſer Eid abgenommen, ſobald als unſre Schiffe im Hafen erſcheinen, damit ihre vielleicht ſchon vergeßne Pflicht und der Haß gegen uns neue Staͤrke bekomme. Endlich muͤſſen die Perſonen, welche mit uns die Hofreiſe machen, noch zum

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/96>, abgerufen am 27.11.2024.