Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.wiederholt, immerhin konnte es selbst von einem Unbeteiligten als spöttisch aufgefaßt werden, der Onkel aber fuhr natürlich wie ein Gestochener auf. "Du Verdammte," sagte er im ersten Gurgeln der Aufregung noch ziemlich unverständlich, K. erschrak, trotzdem er etwas Ähnliches erwartet hatte, und lief auf den Onkel zu, mit der bestimmten Absicht, ihm mit beiden Händen den Mund zu schließen. Glücklicherweise erhob sich aber hinter dem Mädchen der Kranke, der Onkel machte ein finsteres Gesicht, als schlucke er etwas Abscheuliches hinunter, und sagte dann ruhiger: "Wir haben natürlich auch noch den Verstand nicht verloren; wäre das, was ich verlange, nicht möglich, würde ich es nicht verlangen. Bitte gehn Sie jetzt." Die Pflegerin stand aufgerichtet am Bett dem Onkel voll zugewendet, mit der einen Hand streichelte sie, wie K. zu bemerken glaubte, die Hand des Advokaten. "Du kannst vor Leni alles sagen," sagte der Kranke, zweifellos im Ton einer dringenden Bitte. "Es betrifft nicht mich," sagte der Onkel, "es ist nicht mein Geheimnis." Und er drehte sich um, als gedenke er in keine Verhandlungen mehr einzugehn, gebe aber noch wiederholt, immerhin konnte es selbst von einem Unbeteiligten als spöttisch aufgefaßt werden, der Onkel aber fuhr natürlich wie ein Gestochener auf. „Du Verdammte,“ sagte er im ersten Gurgeln der Aufregung noch ziemlich unverständlich, K. erschrak, trotzdem er etwas Ähnliches erwartet hatte, und lief auf den Onkel zu, mit der bestimmten Absicht, ihm mit beiden Händen den Mund zu schließen. Glücklicherweise erhob sich aber hinter dem Mädchen der Kranke, der Onkel machte ein finsteres Gesicht, als schlucke er etwas Abscheuliches hinunter, und sagte dann ruhiger: „Wir haben natürlich auch noch den Verstand nicht verloren; wäre das, was ich verlange, nicht möglich, würde ich es nicht verlangen. Bitte gehn Sie jetzt.“ Die Pflegerin stand aufgerichtet am Bett dem Onkel voll zugewendet, mit der einen Hand streichelte sie, wie K. zu bemerken glaubte, die Hand des Advokaten. „Du kannst vor Leni alles sagen,“ sagte der Kranke, zweifellos im Ton einer dringenden Bitte. „Es betrifft nicht mich,“ sagte der Onkel, „es ist nicht mein Geheimnis.“ Und er drehte sich um, als gedenke er in keine Verhandlungen mehr einzugehn, gebe aber noch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0177" n="175"/> wiederholt, immerhin konnte es selbst von einem Unbeteiligten als spöttisch aufgefaßt werden, der Onkel aber fuhr natürlich wie ein Gestochener auf. „Du Verdammte,“ sagte er im ersten Gurgeln der Aufregung noch ziemlich unverständlich, K. erschrak, trotzdem er etwas Ähnliches erwartet hatte, und lief auf den Onkel zu, mit der bestimmten Absicht, ihm mit beiden Händen den Mund zu schließen. Glücklicherweise erhob sich aber hinter dem Mädchen der Kranke, der Onkel machte ein finsteres Gesicht, als schlucke er etwas Abscheuliches hinunter, und sagte dann ruhiger: „Wir haben natürlich auch noch den Verstand nicht verloren; wäre das, was ich verlange, nicht möglich, würde ich es nicht verlangen. Bitte gehn Sie jetzt.“ Die Pflegerin stand aufgerichtet am Bett dem Onkel voll zugewendet, mit der einen Hand streichelte sie, wie K. zu bemerken glaubte, die Hand des Advokaten. „Du kannst vor Leni alles sagen,“ sagte der Kranke, zweifellos im Ton einer dringenden Bitte. „Es betrifft nicht mich,“ sagte der Onkel, „es ist nicht mein Geheimnis.“ Und er drehte sich um, als gedenke er in keine Verhandlungen mehr einzugehn, gebe aber noch </p> </div> </body> </text> </TEI> [175/0177]
wiederholt, immerhin konnte es selbst von einem Unbeteiligten als spöttisch aufgefaßt werden, der Onkel aber fuhr natürlich wie ein Gestochener auf. „Du Verdammte,“ sagte er im ersten Gurgeln der Aufregung noch ziemlich unverständlich, K. erschrak, trotzdem er etwas Ähnliches erwartet hatte, und lief auf den Onkel zu, mit der bestimmten Absicht, ihm mit beiden Händen den Mund zu schließen. Glücklicherweise erhob sich aber hinter dem Mädchen der Kranke, der Onkel machte ein finsteres Gesicht, als schlucke er etwas Abscheuliches hinunter, und sagte dann ruhiger: „Wir haben natürlich auch noch den Verstand nicht verloren; wäre das, was ich verlange, nicht möglich, würde ich es nicht verlangen. Bitte gehn Sie jetzt.“ Die Pflegerin stand aufgerichtet am Bett dem Onkel voll zugewendet, mit der einen Hand streichelte sie, wie K. zu bemerken glaubte, die Hand des Advokaten. „Du kannst vor Leni alles sagen,“ sagte der Kranke, zweifellos im Ton einer dringenden Bitte. „Es betrifft nicht mich,“ sagte der Onkel, „es ist nicht mein Geheimnis.“ Und er drehte sich um, als gedenke er in keine Verhandlungen mehr einzugehn, gebe aber noch
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