Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

Bild:
<< vorherige Seite

dieser aber sagte: "Ich hätte, Herr Prokurist, noch eine kleine Mitteilung für Sie. Ich fürchte sehr, daß ich Sie gerade heute damit vielleicht belästige, aber ich war schon zweimal in der letzten Zeit bei Ihnen und habe es jedesmal vergessen. Schiebe ich es aber noch weiterhin auf, verliert es wahrscheinlich vollständig seinen Zweck. Das wäre aber schade, denn im Grunde ist meine Mitteilung vielleicht doch nicht wertlos." Ehe K. Zeit hatte zu antworten, trat der Fabrikant nahe an ihn heran, klopfte mit dem Fingerknöchel leicht an seine Brust und sagte leise: "Sie haben einen Prozeß, nicht wahr?" K. trat zurück und rief sofort: "Das hat Ihnen der Direktor-Stellvertreter gesagt." "Ach nein," sagte der Fabrikant, "woher sollte denn der Direktor-Stellvertreter es wissen?" "Durch Sie?" fragte K. schon viel gefaßter. "Ich erfahre hie und da etwas von dem Gericht," sagte der Fabrikant, "das betrifft eben die Mitteilung, die ich Ihnen machen wollte." "So viel Leute sind mit dem Gericht in Verbindung!" sagte K. mit gesenktem Kopf und führte den Fabrikanten zum Schreibtisch. Sie setzten sich wieder wie früher und der Fabrikant sagte: "Es ist leider nicht sehr

dieser aber sagte: „Ich hätte, Herr Prokurist, noch eine kleine Mitteilung für Sie. Ich fürchte sehr, daß ich Sie gerade heute damit vielleicht belästige, aber ich war schon zweimal in der letzten Zeit bei Ihnen und habe es jedesmal vergessen. Schiebe ich es aber noch weiterhin auf, verliert es wahrscheinlich vollständig seinen Zweck. Das wäre aber schade, denn im Grunde ist meine Mitteilung vielleicht doch nicht wertlos.“ Ehe K. Zeit hatte zu antworten, trat der Fabrikant nahe an ihn heran, klopfte mit dem Fingerknöchel leicht an seine Brust und sagte leise: „Sie haben einen Prozeß, nicht wahr?“ K. trat zurück und rief sofort: „Das hat Ihnen der Direktor-Stellvertreter gesagt.“ „Ach nein,“ sagte der Fabrikant, „woher sollte denn der Direktor-Stellvertreter es wissen?“ „Durch Sie?“ fragte K. schon viel gefaßter. „Ich erfahre hie und da etwas von dem Gericht,“ sagte der Fabrikant, „das betrifft eben die Mitteilung, die ich Ihnen machen wollte.“ „So viel Leute sind mit dem Gericht in Verbindung!“ sagte K. mit gesenktem Kopf und führte den Fabrikanten zum Schreibtisch. Sie setzten sich wieder wie früher und der Fabrikant sagte: „Es ist leider nicht sehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0236" n="234"/>
dieser aber sagte: &#x201E;Ich hätte, Herr Prokurist, noch eine kleine Mitteilung für Sie. Ich fürchte sehr, daß ich Sie gerade heute damit vielleicht belästige, aber ich war schon zweimal in der letzten Zeit bei Ihnen und habe es jedesmal vergessen. Schiebe ich es aber noch weiterhin auf, verliert es wahrscheinlich vollständig seinen Zweck. Das wäre aber schade, denn im Grunde ist meine Mitteilung vielleicht doch nicht wertlos.&#x201C; Ehe K. Zeit hatte zu antworten, trat der Fabrikant nahe an ihn heran, klopfte mit dem Fingerknöchel leicht an seine Brust und sagte leise: &#x201E;Sie haben einen Prozeß, nicht wahr?&#x201C; K. trat zurück und rief sofort: &#x201E;Das hat Ihnen der Direktor-Stellvertreter gesagt.&#x201C; &#x201E;Ach nein,&#x201C; sagte der Fabrikant, &#x201E;woher sollte denn der Direktor-Stellvertreter es wissen?&#x201C; &#x201E;Durch Sie?&#x201C; fragte K. schon viel gefaßter. &#x201E;Ich erfahre hie und da etwas von dem Gericht,&#x201C; sagte der Fabrikant, &#x201E;das betrifft eben die Mitteilung, die ich Ihnen machen wollte.&#x201C; &#x201E;So viel Leute sind mit dem Gericht in Verbindung!&#x201C; sagte K. mit gesenktem Kopf und führte den Fabrikanten zum Schreibtisch. Sie setzten sich wieder wie früher und der Fabrikant sagte: &#x201E;Es ist leider nicht sehr
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0236] dieser aber sagte: „Ich hätte, Herr Prokurist, noch eine kleine Mitteilung für Sie. Ich fürchte sehr, daß ich Sie gerade heute damit vielleicht belästige, aber ich war schon zweimal in der letzten Zeit bei Ihnen und habe es jedesmal vergessen. Schiebe ich es aber noch weiterhin auf, verliert es wahrscheinlich vollständig seinen Zweck. Das wäre aber schade, denn im Grunde ist meine Mitteilung vielleicht doch nicht wertlos.“ Ehe K. Zeit hatte zu antworten, trat der Fabrikant nahe an ihn heran, klopfte mit dem Fingerknöchel leicht an seine Brust und sagte leise: „Sie haben einen Prozeß, nicht wahr?“ K. trat zurück und rief sofort: „Das hat Ihnen der Direktor-Stellvertreter gesagt.“ „Ach nein,“ sagte der Fabrikant, „woher sollte denn der Direktor-Stellvertreter es wissen?“ „Durch Sie?“ fragte K. schon viel gefaßter. „Ich erfahre hie und da etwas von dem Gericht,“ sagte der Fabrikant, „das betrifft eben die Mitteilung, die ich Ihnen machen wollte.“ „So viel Leute sind mit dem Gericht in Verbindung!“ sagte K. mit gesenktem Kopf und führte den Fabrikanten zum Schreibtisch. Sie setzten sich wieder wie früher und der Fabrikant sagte: „Es ist leider nicht sehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-28T19:24:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-28T19:24:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat (2012-11-28T19:24:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Trennungen am Zeilen- und am Seitenende werden aufgelöst, der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/236
Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/236>, abgerufen am 21.11.2024.