Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.Staunen, daß seine Haupteinnahmsquelle das Porträtmalen sei. Er arbeite für das Gericht, sagte er. Für welches Gericht, fragte ich. Und nun erzählte er mir von dem Gericht. Sie werden sich wohl am besten vorstellen können, wie erstaunt ich über diese Erzählungen war. Seitdem höre ich bei jedem seiner Besuche irgendwelche Neuigkeiten vom Gericht und bekomme so allmählich einen großen Einblick in die Sache. Allerdings ist Titorelli geschwätzig und ich muß ihn oft abwehren, nicht nur weil er gewiß auch lügt, sondern vor allem, weil ein Geschäftsmann wie ich, der unter den eigenen Geschäftssorgen fast zusammenbricht, sich nicht noch viel um fremde Dinge kümmern kann. Aber das nur nebenbei. Vielleicht - so dachte ich jetzt - kann Ihnen Titorelli ein wenig behilflich sein, er kennt viele Richter und wenn er selbst auch keinen großen Einfluß haben sollte, so kann er Ihnen doch Ratschläge geben, wie man verschiedenen einflußreichen Leuten beikommen kann. Und wenn auch diese Ratschläge an und für sich nicht entscheidend sein sollten, so werden sie doch meiner Meinung nach in Ihrem Besitz von großer Bedeutung sein. Sie Staunen, daß seine Haupteinnahmsquelle das Porträtmalen sei. Er arbeite für das Gericht, sagte er. Für welches Gericht, fragte ich. Und nun erzählte er mir von dem Gericht. Sie werden sich wohl am besten vorstellen können, wie erstaunt ich über diese Erzählungen war. Seitdem höre ich bei jedem seiner Besuche irgendwelche Neuigkeiten vom Gericht und bekomme so allmählich einen großen Einblick in die Sache. Allerdings ist Titorelli geschwätzig und ich muß ihn oft abwehren, nicht nur weil er gewiß auch lügt, sondern vor allem, weil ein Geschäftsmann wie ich, der unter den eigenen Geschäftssorgen fast zusammenbricht, sich nicht noch viel um fremde Dinge kümmern kann. Aber das nur nebenbei. Vielleicht – so dachte ich jetzt – kann Ihnen Titorelli ein wenig behilflich sein, er kennt viele Richter und wenn er selbst auch keinen großen Einfluß haben sollte, so kann er Ihnen doch Ratschläge geben, wie man verschiedenen einflußreichen Leuten beikommen kann. Und wenn auch diese Ratschläge an und für sich nicht entscheidend sein sollten, so werden sie doch meiner Meinung nach in Ihrem Besitz von großer Bedeutung sein. Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0238" n="236"/> Staunen, daß seine Haupteinnahmsquelle das Porträtmalen sei. Er arbeite für das Gericht, sagte er. Für welches Gericht, fragte ich. Und nun erzählte er mir von dem Gericht. Sie werden sich wohl am besten vorstellen können, wie erstaunt ich über diese Erzählungen war. Seitdem höre ich bei jedem seiner Besuche irgendwelche Neuigkeiten vom Gericht und bekomme so allmählich einen großen Einblick in die Sache. Allerdings ist Titorelli geschwätzig und ich muß ihn oft abwehren, nicht nur weil er gewiß auch lügt, sondern vor allem, weil ein Geschäftsmann wie ich, der unter den eigenen Geschäftssorgen fast zusammenbricht, sich nicht noch viel um fremde Dinge kümmern kann. Aber das nur nebenbei. Vielleicht – so dachte ich jetzt – kann Ihnen Titorelli ein wenig behilflich sein, er kennt viele Richter und wenn er selbst auch keinen großen Einfluß haben sollte, so kann er Ihnen doch Ratschläge geben, wie man verschiedenen einflußreichen Leuten beikommen kann. Und wenn auch diese Ratschläge an und für sich nicht entscheidend sein sollten, so werden sie doch meiner Meinung nach in Ihrem Besitz von großer Bedeutung sein. Sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [236/0238]
Staunen, daß seine Haupteinnahmsquelle das Porträtmalen sei. Er arbeite für das Gericht, sagte er. Für welches Gericht, fragte ich. Und nun erzählte er mir von dem Gericht. Sie werden sich wohl am besten vorstellen können, wie erstaunt ich über diese Erzählungen war. Seitdem höre ich bei jedem seiner Besuche irgendwelche Neuigkeiten vom Gericht und bekomme so allmählich einen großen Einblick in die Sache. Allerdings ist Titorelli geschwätzig und ich muß ihn oft abwehren, nicht nur weil er gewiß auch lügt, sondern vor allem, weil ein Geschäftsmann wie ich, der unter den eigenen Geschäftssorgen fast zusammenbricht, sich nicht noch viel um fremde Dinge kümmern kann. Aber das nur nebenbei. Vielleicht – so dachte ich jetzt – kann Ihnen Titorelli ein wenig behilflich sein, er kennt viele Richter und wenn er selbst auch keinen großen Einfluß haben sollte, so kann er Ihnen doch Ratschläge geben, wie man verschiedenen einflußreichen Leuten beikommen kann. Und wenn auch diese Ratschläge an und für sich nicht entscheidend sein sollten, so werden sie doch meiner Meinung nach in Ihrem Besitz von großer Bedeutung sein. Sie
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